«Ich sehe das auch als Prüfung für mich»

Zum zweiten Mal nach 2019 scheitert Adrian Schoop bei der Parlamentswahl – diesmal machten nur 90 Stimmen den Unterschied. Ein Frust?
Adrian Schoop mit einem Teil des Teams Schoop Mitte Oktober in Baden. (Bild: zVg)

Adrian Schoop, der Wahlsonntag war für Sie ein Auf und Ab im Duell mit Ihrem Parteikollegen Matthias Jauslin – der schliesslich mit 90 Stimmen mehr gewählt wurde. Wie haben Sie das erlebt?
Bis halb vier Uhr haben mir ganz viele bereits gratuliert, ich hatte lang etwa 1000 Stimmen Vorsprung. Der Bezirk Wohlen war spät ausgezählt, und er hat wohl den Unterschied ausgemacht. 90 Stimmen, das sind drei Tausendstel – das ist schon heftig, und es zeigt einmal mehr, wie wertvoll jede einzelne Stimme ist!

Immerhin: 32 053 haben Sie gewählt.
Das zeigt mir: Meine Politik kommt an. Wäre ich parteiintern an vierter Stelle gewesen oder hätte 10 000 Stimmen weniger als Matthias Jauslin erhalten, würde ich mich schon fragen, ob meine Politik ankommt. Ich politisiere mit «Klartext» sehr am rechten Flügel der FDP, spreche Themen wie Sozialhilfemissbrauch an. Damit ist es mir fast gelungen, einen Bisherigen zu überholen. Das wäre eine Sensation gewesen. Aber ich wollte nicht parteiintern angreifen. Ich hatte auf einen dritten Sitz für die FDP in der grossen Kammer gehofft.

Wurde Ihnen zum Verhängnis, dass Ihr Wahlkampfbudget von 175 000 Franken – das höchste aller Kandidierenden – publik wurde?
Gemäss dem neuen Gesetz musste man sein Budget offenlegen. Es war sicher nicht zu meinem Vorteil, dass das immer wieder betont wurde. Die Wählerinnen und Wähler sind jedoch mündig und wissen das einzuschätzen. Selbst mit einer Million kann man sich Stimmen nicht erkaufen, ohne Leistung hat man keine Chance. Ich habe viel politische Arbeit geleistet, mir ein starkes Unternehmernetzwerk aufgebaut, das spendete. Logisch, dass ich das investiert habe.

Sie haben zum zweiten Mal sehr viel Zeit und Geld investiert, um nach Bern zu kommen, und es wieder nicht geschafft. Kein Frust?
Es bringt nichts, das zu sehr zu hinterfragen, wo wir etwas anders hätten machen können. Gerade in der FDP mit nur noch zwei Sitzen ist es für Neue sehr schwierig, den Sprung nach Bern zu schaffen. Kontinuität, Nähe zu den Menschen und das klare Ansprechen und Lösen von Problemen habe ich immer in den Fokus meiner politischen Arbeit gestellt. Das habe ich im Wahlkampf verkauft und werde es auch weiterhin tun.

Auf Ihren Social-Media-Kanälen erklärten Sie, dass Sie sich freuten, bald wieder mehr Freizeit zu haben.
So sehe ich das tatsächlich. Diesen Luxus hatte ich in den letzten Jahren nicht mehr. Ich war zwölf Jahre im Gemeinderat Turgi, die letzten sieben als Ammann. Ich habe wahnsinnig viel gearbeitet, die ganze BNO-Revision präsidiert, dazu kam die Vorbereitung der Fusion mit Baden – alles in allem bewegte sich die Anzahl Sitzungen im vierstelligen Bereich. Das war Knochenarbeit, und ich musste gut planen, um mal einen freien Abend oder Ferien zu haben. Ab Januar fällt das alles weg. Ich habe den Luxus, mir zum Beispiel einfach mal einen Monat Auszeit zu gönnen.

Wie meinen Sie das genau?
In meinem Leben ging immer alles schnell. Mein Studium in Rechtswissenschaften mit Wirtschaftswissenschaften habe ich in der Minimalzeit absolviert, das Doktorat im Schnelldurchgang gemacht. Ich war in der Politik überall der Jüngste – im Gemeinderat, als Gemeindeammann … Das war nie mein Ziel, es hat sich einfach so ergeben. Ich habe mit 35 das Unternehmen Schoop übernommen. Aber es muss nicht immer alles so schnell gehen und im ersten Anlauf gelingen. Ich sehe das Ganze auch als Prüfung für mich, Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind. Ich bin erst 37, andere kommen erst mit über 50 in den Nationalrat. Ich spüre, dass ich irgendwann im Nationalrat sein werde. Aber vielleicht war es ein Wink des Schicksals, mir zu zeigen: Hey, konzentrier dich jetzt mal auf etwas anderes, auf das Privatleben. Dennoch: Ich werde in vier Jahren definitiv wieder antreten.

Ab Januar sind Sie nur noch im Grossen Rat. Oder haben Sie doch politische Ambitionen in der Stadt Baden?
(Lacht.) Nein, definitiv nicht! Eine Kandidatur für den Badener Stadtrat schliesse ich aus. Der Grosse Rat ist ebenfalls etwas Schönes, und ich gehe davon aus, dass ich nächstes Jahr dort nochmal antreten werde. Ich mache das sehr gern. Eine Kandidatur für ein Amt auf kommunaler Ebene schliesse ich jedoch definitiv auf langfristige Sicht aus. Das habe ich nun zwölf Jahre lang in Turgi mit viel Herzblut gemacht, doch es ist mit der Fusion abgeschlossen.

Hand aufs Herz: Hatten Sie genug Zeit für Ihre Firma in den letzten Wochen?
In den letzten Wochen hatte ich tatsächlich wenig Zeit für sie und konzentrierte mich vor allem auf die Führung der Geschäftsleitung mit entsprechenden Sitzungen. Ich bin normalerweise sehr präsent bei meinen Mitarbeitenden, auf den Baustellen zum Beispiel oder bei gemeinsamen Mittagessen. Das lag nicht mehr drin. Ebenso haben die Kundenakquisition und die Jahresplanung 2024 gelitten. Aber glücklicherweise habe ich auf allen Ebenen hervorragende Mitarbeitende. Ein Statement eines Mitarbeiters bleibt mir besonders in Erinnerung: «Schau, wenn du nicht in den Nationalrat gewählt wirst, sei nicht traurig – du hast ja noch uns.» Das tat mir sehr gut.

Das Team Schoop werde weiterarbeiten, haben Sie verkündet. Was ist da zu erwarten?
Mein Unterstützungskomitee, das Team Schoop, bestand aus rund 700 Mitgliedern, und alle haben mit Tat und Rat zu meinem guten Ergebnis beigetragen. Ich bin allen, die mit mir unterwegs waren, sehr dankbar. Wir waren mit einer Delegation des Teams Schoop fast jeden Samstag in den letzten Wochen unterwegs, von Rheinfelden bis Lenzburg und Mutschellen. Es hat grossen Spass gemacht, und es sind neue Freundschaften entstanden. Auch der Weg ist das Ziel! Ich würde alles wieder gleich machen.

Turgi geht Ende Jahr nach Baden. Was steht bis dahin noch an?
Wir haben noch fünf Sitzungen im Gemeinderat. Zudem bin ich am 19. November als Präsident im Wahlbüro im Einsatz, wenn die Turgemer für den Badener Einwohnerrat gewählt werden. Erfreulich, wie viele Kandidierende sich dafür zur Wahl stellen! An der letzten Gemeinde­versammlung am 23. November werden wir noch gemeinsam die letzten 140 Jahre Eigenständigkeit feiern. Danach gilt es, alles ordentlich für eine saubere Übergabe der Geschäftsplanung an die Stadt Baden abzuschliessen. Anfang Dezember gibt es noch ein Abschlussfest für die Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung. Wir haben dort einfach ein tolles Team, viele bleiben bis zum Schluss.