«Mein Inneres ist farbig und explosiv»

Nik Përgjokaj sprayt Graffitis, malt Porträts und erweitert seine Bilder mit Animationen. Nun stellt der Multikünstler in der Galerie Immaginazione aus.
Er ist und arbeitet gern draussen in der Natur: Der Brugger Künstler Nik Përgjokaj. (Bild: aru)

Nik Përgjokaj – sein Name wird «Pertschokai» ausgesprochen – sprüht vor Vorfreude. Heute Abend feiert er im Rahmen einer Gruppenausstellung in Liestal Vernissage, und bald eröffnet er seine Einzelausstellung in der Brugger Galerie Immaginazione. «Es läuft gerade sehr gut», sagt er lachend und nimmt einen Schluck vom dampfenden Cappuccino. Wir sitzen im «Livi’s», einem seiner Lieblingscafés in Brugg, wo in einer Dauerausstellung seine Werke hängen. Përgjokaj nickt einem alten Bekannten zu, ruft gut gelaunt ein «Hallo, wie gehts?» durch den Raum, um kurz darauf weiterzuerzählen. So richtig klick gemacht habe es bei ihm irgendwann in der Pubertät, sagt der Brugger, der mit zwölf Jahren aus dem Kosovo in die Schweiz kam. Als er mit der Schule im Gebiet über der Badi Windisch unterwegs gewesen sei, um eine Naturstudie von einer Linde zu malen, habe er sich selbst überrascht. «Als ich sah, dass mir das Werk einigermassen gelungen ist, dachte ich: Wow! Das funktioniert ja!»

Lieblingsgattung Porträt
Von diesem Moment an hat er den Pinsel nie mehr zur Seite gelegt. Nach der obligaten Schulzeit besuchte der Brugger, der zuvor in Hausen und Villigen gewohnt hat, den gestalterischen Vorkurs in Aarau. Dort bot sich ihm genau das, was er heute noch liebt: der Mix aus verschiedenen Stilen. Er konnte zeichnen, malen, mit Gips und Ton modellieren, drucken und fotografieren. «Das alles auszuprobieren, war genial», erzählt er. «Es hat mich extrem begeistert.»

Während seiner Ausbildung zum Grafiker entwickelte er in der Freizeit seine künstlerischen Projekte weiter. Besonders Porträts hatten es ihm angetan. Das Genre pflegt er seit nunmehr 30 Jahren, und noch immer ist es eines seiner liebsten geblieben. «Ich mag es, den Charakter, die Ausstrahlung eines Menschen einzufangen, dessen Energie in einem Bild zum Fliessen zu bringen, zieht mich magisch an», erklärt er – und zeigt Beispiele von Auftragswerken und von seinen Söhnen, denen er immer wieder Porträts widmet. «Wenn sie sich in den Bildern freudig wiedererkennen, berührt mich das», sagt Nik Përgjokaj.

Porträt seines Sohnes. (Bild: zVg)

Ausstellung mit der App erkunden
Seine Freude am Malen weiterzugeben, würde er in Zukunft gern vermehrt tun. In seinem Atelier in Villigen hätte es genug Platz für Kurse. «Aber eins nach dem anderen», sagt der dreifache Vater, der mit seiner Familie im Brugger Westquartier wohnt. Da er zu 80 Prozent als Grafiker und Illustrator bei der Stadt Zürich angestellt ist, bleibt ihm nicht genug Zeit für alle Projekte, die er «im Kopf hat». Der künstlerischen Arbeit widmet Përgjokaj im Durchschnitt mindestens zwei Tage pro Woche.

Kunst zu machen, ist für Nik Përgjokaj ein Lebenselixier. Hier kann er allem Raum geben, ein- und abtauchen, sich einlassen und in diesen besonderen meditativen Zustand kommen, den er Flow nennt. «Wenn ich male, fühle ich mich frei», sagt er. Die Gedanken schweifen und sich treiben zu lassen, sei für ihn existenziell. Angetrieben werde er dabei von der Neugier: Was bringt der Moment? Was entsteht? Und wie verändert es sich? Er möge es, sich im Leben immer wieder selbst überraschen zu lassen. Gleichzeitig inspiriert den Multikünstler sein Publikum stets von Neuem. Für die kommende Ausstellung in der Galerie Immaginazione hat der Initiator der «Artist» in Windisch, die er gemeinsam mit Michael Roggli und Jana Schafroth organisiert, eine spezielle Anwendung entwickelt. Mit einer App kann man mit dem Handy ein Bild anvisieren, danach startet ein Video, in dem das Bild mittels Ton und visueller Effekte lebendig wird. Die Animationen bewirken, dass die Betrachtenden noch tiefer ins Bild eintauchen können. Diese Technik will Përgjokaj in Zukunnft weiterentwickeln. «Ich möchte ein anderes Niveau erreichen», sagt er. «Damit der Unterhaltungsanteil weniger und der künstlerische Aspekt mehr wird.»

Verschiedene Welten verbinden
So konsequent, wie Nik Përgjokaj dem Pinsel verhaftet bleibt, öffnet er sich neuen Kunstwelten – aktuell im digitalen Raum. Als ausgebildeter 3-D-Artist für Visualisierung und Animation fasziniert ihn das Spiel mit weiteren Dimensionen. «Oft kommt ein Bild so noch mehr zum Strahlen», erklärt er den spannenden Mix, der sich aus der Verbindung von digitaler und analoger Welt ergibt. Keine Frage: Die Ideen gehen Nik Përgjokaj nicht so schnell aus. «Mein Inneres ist farbig und explosiv», sagt er. «Alles hat seine eigene Dynamik, und aus dem einen geht wieder das Nächste hervor.»

Während der Ausstellung bietet die Galerie Immaginazione ein reiches Begleitprogramm an. Nach der Vernissage am 26. Oktober lädt Nik Përgjokaj am 28. Oktober von 11 bis 14 Uhr zum Live-Painting ein. Am 2. und 9. November gibts ab 16.45 Uhr während der Ausstellung einen Barbetrieb mit kleinen Speisen.

Vernissage
Donnerstag, 26. Oktober, 18.30 Uhr
Galerie Immaginazione, Brugg
nik-art.ch