Wie finanziert sich eine Gemeinde?

Der Gemeinderat möchte den Steuerfuss senken. Finanzvorsteher Patrick Senn erklärte am Inforum, wie die Gemeindefinanzen funktionieren.
Teuerste Investition der letzten Jahre: Das Schulhaus Brühl 3 (hinten) kostete rund 20 Millionen Franken. (Bild: is)

Die Steuerzahlenden von Gebenstorf können sich freuen: An der Einwohnergemeindeversammlung vom 30. November wird der Gemeinderat den Stimmberechtigten die Senkung des Steuerfusses von derzeit 108 auf 105 Prozent vorschlagen. Wie Gemeinderat und Finanzvorsteher Patrick Senn den rund 80 Anwesenden am Inforum vom 17. Oktober erklärte, erlauben die Gemeindefinanzen diese moderate Senkung: «Wir wollen damit die Bevölkerung entlasten, für die viele Ausgaben gestiegen sind – Krankenkasse, Energie oder Hypozinsen.»

Den Anstoss hatte ein Votum der FDP Gebenstorf an der letzten Gemeindeversammlung gegeben. Sie hatte anregt, der Gemeinderat solle über eine allfällige Steuerfusssenkung diskutieren, nachdem der Rechnungsabschluss in den letzten Jahren konstant besser als budgetiert gewesen sei. «Dieser Vorschlag hat uns auf die Idee gebracht, die Gemeindefinanzen zum Fokusthema am Inforum zu machen. Wir wollten der Bevölkerung dadurch verständlich machen, wie die Finanzierung einer Gemeinde überhaupt funktioniert», so Senn.

In seiner Präsentation in der Aula des Mehrzweckgebäudes Brühl zeigte er auf, wie der Geldfluss geregelt ist, wie sich Investitionen finanzieren und welche Auswirkungen Anpassungen des Steuerfusses haben. Grundsätzlich werde eine Gemeinde durch mehrere Faktoren finanziert: Steuereinnahmen, Kredite für die Finanzierung von Projekten, Zuschüsse von staat­lichen oder privaten Organisationen, Verkauf von Vermögenswerten wie Liegenschaften oder Grundstücken sowie Gebühren für Dienstleistungen, wie die Müllabfuhr oder die Wasserversorgung.

Die Aufgaben des Gemeinderats
Der Gemeinderat hat den Auftrag, einen mittel- und langfristigen Finanzplan aufzustellen. Darin müssen der Finanzierungsbedarf, die Vermögenssituation, die Verschuldung sowie eine Investitionsplanung über fünf Jahre ermittelt werden. Jahresrechnung und Budget müssen von der Gemeindeversammlung bewilligt werden.

Die Gemeinde Gebenstorf stehe finanziell im Vergleich zum Durchschnitt im Bezirk Baden und im Kanton Aargau sehr gut da, wie Gemeindeammann Fabian Keller bereits bei der Begrüssung feststellte: «Seit 2019 liegen die jährlichen Ertragsüberschüsse bei zwei Millionen Franken und höher.» Auch beim Nettovermögen von 1111 Franken pro Einwohner steht Gebenstorf im Schnitt sehr gut da.

2022 konnte die Gemeinde sogar ein Rekordergebnis von über sieben Millionen Franken erzielen. Hauptgrund waren die Grundstückaufwertungen, die gemäss den gesetzlichen Vorgaben vorgenommen werden mussten. Unter anderem mussten zwei Parzellen aufgewertet werden, die im Rahmen der Revision der Bau- und Nutzungsplanung von der Zone für öffentliche Bauten in die Bauzone umgeteilt wurden. Trotz hoher Investitionen im Jahr 2020 – 13 Millionen Franken für das Schulhaus Brühl 3 – lagen die Investitionen in Gebenstorf mit 498 Franken pro Einwohner unter dem Durchschnitt des Bezirks (742 Franken) und des Kantons (550 Franken). Die Pro-Kopf-Verschuldung kann mittelfristig problemlos im grünen Bereich gehalten werden.

Für die Planungsjahre 2024 bis 2028 hat der Gemeinderat ein Investitionsvolumen von 28 Millionen Franken errechnet. Der grösste Batzen wird für den weiteren Ausbau der Schule ausgegeben: Der Gemeinderat möchte nächstes Jahr einen Projektierungskredit holen, um 2025 das Schulhaus Brühl 3 mit der von Anfang an geplanten zweiten Etappe zu erweitern. Zudem wird in Strassen und in die Infrastruktur investiert. Die Investitionen in den Werterhalt der Infrastrukturen der Gemeinde seien wichtig, so Gemeindeammann Fabian Keller.

Investitionen von 28 Millionen
Im Budget 2024 rechnet der Gemeinderat mit einem operativen Ergebnis von minus 588 480 Franken. Die Gründe dafür sind einmalige Ausgaben von rund 250 000 Franken – für das Gäbifäscht 2024 (777 Jahre Gebenstorf), anfallende Überbrückungsrenten sowie höhere Schulgelder für die Bezirksschule Turgi. Die unplanmässige Erhöhung gab zu diskutieren. Gegen 70 Jugendliche aus Gebenstorf besuchen zurzeit die Bez in der Nachbargemeinde: «Das Schulgeld für Gebenstorf wurde kurzerhand um 1500 Franken pro Schüler erhöht», erklärte Fabian Keller. Ab dem Schuljahr 2024/25 gelten – Fusion sei Dank – die Badener Tarife. Dann werde der Betrag wieder auf die bisherigen Werte sinken, kündigte Keller an. Mit der Entnahme von weiteren 767 600 Franken aus der Aufwertungsreserve konnte für 2024 dennoch ein Ertragsüberschuss von 179 120 Franken budgetiert werden. Der kontinuierliche Abbau der Aufwertungsreserve endet per 31.12. 2027.

Warum nicht auf 102 Prozent?
Patrick Senn zeigte schliesslich auf, wie sich eine Senkung des Steuerfusses auf die Gemeindefinanzen auswirken würde. Bei der Annahme, dass ein Steuerprozent 130 000 Franken entspricht, bedeutet eine Senkung von 108 auf 102 Prozent Mindereinnahmen von 780 000 Franken. Bei 105 Prozent mache es 390 000 Franken aus. Mit anderen Worten: «Mit einem Steuerfuss von 102 Prozent würde es Jahre dauern, bis wir eventuell wieder ein positives Ergebnis haben. Mit 105 Prozent schreiben wir schon ab 2027 wieder schwarze Zahlen», so Senn. Das Gleichgewicht im Finanzhaushalt könne über die ganze Planungs­periode eingehalten werden. Die Finanzkommission unterstützt den Antrag des Gemeinderats zur Senkung des Steuerfusses. Auch sämtliche Ortsparteien ausser der SP sind dafür.

Mit den geplanten Überbauungen im BAG-Areal Süd sowie im Wohnschwerpunkt Geelig wird Gebenstorf weiterwachsen. Dank der Steuerfusssenkung möchte die Gemeinde nicht zuletzt attraktive Steuerzahler an­locken – «auch wenn Multimillionäre trotzdem nicht nach Gebenstorf ziehen werden», ist sich Fabian Keller bewusst. «Aber es ist ein positives Signal in einer fordernden Zeit.»

Die Anwesenden schätzten die Darstellungen und Erklärungen zu den Gemeindefinanzen, brachten aber auch eigene Ideen für Investitionen ein – von der Sanierung von Spielplätzen über Beiträge an Ferienlager oder dem Ausbau des Glas­faserkabelnetzes bis hin zu einem Altersheim im Dorf. Beim Apéro wurde rege weiterdiskutiert.