Die Pandemie ist nicht allein schuldig

Fehlende Bereitschaft, sich für die Verbandsführung zu engagieren, führte nach nur vier Jahren zur Auflösung des Chorverbands Baden-Brugg.
Wurden mit Applaus verabschiedet: Richard Trachsel, Silvia Schneider und Pierre Galley. (Bild: zVg)

Rund 1400 weltliche Chöre bilden in der Schweiz einen mächtigen Klangkörper. Ein Klangkörper, der an unzähligen Konzerten, Festen und sonstigen Anlässen das gesellschaftliche Leben in der Schweiz mitprägt und gestaltet. Viele Sängerinnen und Sänger sind, mit unterschiedlichen Begründungen, nach der Pandemie nicht mehr in ihre Chöre zurückgekehrt. Im Herbst 2022 hat eine Umfrage ergeben, dass 18 Prozent ihr Engagement in der Laienkultur nicht mehr aufgenommen haben. Sowohl Frauen als auch Männer, vorab aus ländlichen Regionen, haben sich von ihrer Mitgliedschaft in Blasmusik­vereinen und Chören verabschiedet. Die Schweizerische Chorvereinigung (SCV), welche die weltlichen Chöre vertritt, gibt an, dass 9 Prozent aller Sängerinnen und Sänger während der Pandemie aus den Vereinen ausgetreten sind.

Dabei gilt es festzuhalten, dass die Schwierigkeiten, die Mitgliederzahl zu halten und neue, vor allem jüngere Mitglieder zu gewinnen, schon seit geraumer Zeit bestehen. Und gerade in ländlichen Regionen, deren kulturelles Leben nicht durch hoch subventionierte Konzerthäuser gestaltet wird, stellt die Zurückgewinnung des Publikums nach der Pandemie ein Problem dar.

Fehlender Nachwuchs
Aber nicht nur in den Chören sind die Nachwuchssorgen offenkundig. Im Chorverband Baden-Brugg, der vor vier Jahren durch den Zusammenschluss der Bezirksverbände Baden und Brugg hervorging, war die Besetzung des Vorstands ein Dauerthema. Verbandspräsident Pierre Galley hatte bei jeder sich bietenden Gelegenheit, leider ohne Erfolg, zur Mitwirkung aufgerufen. So bestand die Verbandsleitung noch aus drei Personen. Vor Jahren existierten in vielen Gemeinden beider Bezirke Frauen-, Männer- und gemischte Chöre. Aktuell waren im Verband noch 18 Erwachsenenchöre und 2 Jugendchöre mit rund 370 Sängerinnen und Sängern sowie 60 Jugendlichen vereint. Bereits an der Präsidiumsversammlung vom vergangenen September wurde beschlossen, die Verbandsauflösung anzugehen.

Auflösung als letzter Schritt
Das hat dazu geführt, dass sich 20 Delegierte und 4 Ehrenmitglieder am 3. November zu einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung im Gemeindesaal Thalheim einfanden. Präsident Pierre Galley durfte ausserdem Kantonalpräsident Heinz Lüscher und Beatrice Haller, Kassierin des Kantonalverbands, begrüssen. Die statutarischen Geschäfte konnten in Minne beraten werden. Nach intensivem Meinungsaustausch wurde mit nur einer Enthaltung beschlossen, das Jugendchorwesen des Kantonalverbands mit einem Beitrag von 5000 Franken zu unterstützen. Das noch verbleibende Vermögen soll gemäss den Statuten, nach Einhaltung aller Verpflichtungen, im kommenden Jahr entsprechend den aktuell gemeldeten Mitgliederzahlen den Chören überwiesen werden.

Einstimmig wurde in der Folge die Auflösung des Chorverbands Baden-Brugg per 31. Dezember 2023 beschlossen. Die nach wie vor aktiven Vereine sind künftig mit Rechten und Pflichten direkt dem Kantonalverband unterstellt. In einer Laudatio würdigte Beatrice Haller die Arbeit des Vorstands. Mit Applaus und Präsenten wurden Silvia Schneider, Pierre Galley und Richard Trachsel verabschiedet.