«Mond» sei eines der ersten Wörter gewesen, die sie als Kleinkind aussprechen konnte, verrät Susanne Wampfler beim Interviewtermin. «Meine Eltern sagen, dass ich schon als Kind immer von hellen Objekten am Himmel – und insbesondere vom Mond – fasziniert war. Vom Balkon meiner Eltern kann man den Mond immer sehr schön in Richtung Niederrohrdorf am Himmel sehen.» So erstaunt es nicht, dass die Fislisbacherin begann, sich beruflich mit Sternen, Planeten und dem Universum zu beschäftigen.
Heute ist Susanne Wampfler eine angesehene Schweizer Astrophysikerin und Professorin an der Universität Bern. Sie untersucht mit Radioteleskopen Gebiete im Weltall, in denen neue Sterne und Planeten entstehen. Dadurch will sie unter anderem herausfinden, welche Prozesse bei Atomen zu einer unterschiedlichen Isotopenzusammensetzung führen. Die 42-Jährige erhielt vom Schweizerischen Nationalfonds eine Förderprofessur, mit der hochqualifizierte junge Forschende unterstützt werden.
Ohne Computer geht nichts
Aber was tut eine Astrophysikerin denn überhaupt? «Zu meinen Aufgaben gehören neben Beobachtungen am Teleskop das Auswerten der Daten und das Verfassen von Publikationen über die Resultate, das Schreiben von neuen Anträgen für Messzeit am Teleskop und Forschungsgelder, Unterricht für Studierende, Administratives, Seminare und Sitzungen. Einen Grossteil meiner Zeit verbringe ich aber tatsächlich im Büro am Computer», verrät die Professorin.
Susanne Wampfler ist Radioastronomin, und ihr Fachgebiet sind die Entstehung der Sterne sowie Astrochemie. Die Astrochemie sei ein Teilgebiet an der Grenze zwischen Astrophysik und Chemie. Die Professorin untersucht, woraus die Materie besteht, aus der neue Sterne und Planeten entstehen. Unter anderem wird so versucht, die Eigenschaften unseres Sonnensystems besser zu verstehen, indem Systeme betrachtet werden, in denen momentan neue Sterne und Planeten entstehen. «Insbesondere studieren wir die Moleküle, aus denen das Gas zusammengesetzt ist. Dieses macht einen Grossteil der Materie aus, aus der neue Sterne und Planeten geformt werden. Wir versuchen zum Beispiel zu verstehen, wie sich immer komplexere Moleküle bilden, und ob es die Grundbausteine des Lebens auch um andere Sterne gibt. Radioteleskope sind besonders gut dafür geeignet, diese Moleküle zu studieren, die typischerweise Strahlung im Radio- und Mikrowellenbereich aussenden.»
Wampfler hat an der Kantonsschule Baden eine Matura in Altsprachen (Latein und Griechisch) erworben, anschliessend hat sie an der ETH in Zürich Physik studiert und dort auch doktoriert. Später war sie vier Jahre lang als wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoktorandin) an der Universität in Kopenhagen tätig. In ihrem Berufsfeld sei es sicher von Vorteil, ein Flair für Physik und Mathematik zu haben, präzise zu arbeiten, ein guter Teamplayer zu sein und je nach Funktionsstufe auch ein Flair für Didaktik, die Betreuung von Mitarbeitenden und das Sprechen vor vielen Leuten zu haben.
Welcher Teil ihrer Arbeit macht Susanne Wampfler am meisten Spass? «Beobachtungen am Teleskop sind immer ein Highlight – wenn neue Daten hereinkommen und man nicht im Voraus weiss, was man finden wird. Besonders imposant waren Beobachtungen am ‹Effelsberger 100-Meter-Teleskop›, das so gross ist wie ein Fussballfeld. Wenn man da das Kommando abschickt, dass sich die Antenne bewegen soll, setzt sich ein riesiges Gerät in Betrieb. Ziemlich eindrücklich!»
Kleines Berufsfeld
Träumt die Astrophysikerin allenfalls von einem Nobelpreis? Das sei schwierig zu sagen. Leider laufe ihr Vertrag an der Universität Bern Ende März 2024 aus, und aktuell befindet sich Wampfler auf Stellensuche. Da es wenige Stellen in ihrem Beruf gibt, werde sie vielleicht in Zukunft etwas ganz anderes machen. «Astrochemikerinnen wie ich möchten natürlich immer gerne neue Moleküle entdecken.» Ein wichtiges Molekül, das sie bisher noch nicht definitiv im Weltall finden konnte, ist Glyzin, die einfachste Aminosäure – die Bausteine, aus denen Proteine bestehen. «Vielleicht klappt das in Zukunft ja mit dem ‹Square Kilometer Array›, dem nächsten grossen Radioteleskop, das momentan in Südafrika gebaut wird. Die Schweiz ist dort seit Anfang 2022 Mitglied.»
Wie kommt es eigentlich, dass Sterne Namen tragen? Einige helle Sterne haben tatsächlich traditionelle Namen aus dem Altertum (etwa Aldebaran, das rote Auge im Sternbild Stier), weniger helle Sterne werden aber typischerweise nach Himmelskatalogen bezeichnet, in denen sie erfasst sind. Ein Grossteil des Namens machen dabei meist Koordinaten aus. Die Internationale Astronomische Union (IAU) hat Richtlinien für die Nomenklatur von Sternen erlassen. Der kommerzielle Erwerb von Sternnamen ist dagegen bedeutungslos. Die so verkauften Sternnamen sind frei von Unternehmen erfunden und haben für Astronominnen und Astronomen keinerlei Bedeutung.
Morgen Freitag hält Wampfler einen Vortrag mit dem Titel «Eine Reise durchs Universum» im Kulturzentrum Fislisbach. Worauf darf man sich freuen? «Viele Menschen wissen nicht, dass Sterne nicht ewig sind, sondern neu entstehen und vergehen. Darauf werde ich eingehen, und natürlich auch auf unsere aktuelle Forschung. Das heisst, ich werde etwas darüber erzählen, was wir denn nun schon darüber herausgefunden haben, ob die Zusammensetzung des Sonnensystems in seinen Anfängen einzigartig war oder ob es die Grundbausteine für Leben auch um andere Sterne gibt.»
Freitag, 24. November, 20 Uhr
Kulturzentrum Fislisbach