«Gmeind» dauerte bis nach Mitternacht

Die Hauser Gemeindeversammlung war eine vollbesetzte demo­kratische Arena – und erwies sich für den Gemeinderat als ein Stahlbad.
Ein Tempo-30-Testbetrieb im Dorfzentrum Hausen soll die Wirkung auf die Verkehrssicherheit für die Schüler aufzeigen. (BILD: hpw)

Schon lange sah die Gemeindeversammlung in Hausen keinen solchen Aufmarsch mehr: 219 Personen, rund zehn Prozent der Stimmberechtigten, nahmen daran teil und diskutierten viereinhalb Stunden lag, bis nach Mitternacht, über neun Traktanden. «Pièce de Résistance» – das umstrittenste, wenn auch nicht gewichtigste Geschäft – war die versuchsweise Einführung von Tempo 30 auf der Hauptstrasse im Bereich Mitteldorf-Schulanlagen.

Diskussionslos und einstimmig wurde hingegen die neue Bau- und Nutzungsordnung (BNO), der bedeutendste Gemeindeerlass für die nächsten Jahre, verabschiedet. Anders, als es der Gemeinderat beantragte, beschloss die «Gmeind», bei der Sanierung des Lindhof-Schulhauses die Gasheizung nicht durch eine Holzpellet-Heizung zu ersetzen, sondern vorerst eine eventuelle Fernwärmeversorgung aus dem Reichhold-Areal abzuwarten und zudem eine Photovoltaik-Anlage auf dem Sanierungsobjekt in Betracht zu ziehen.

Ein Jahr Testprojekt: Tempo 30
Vor einem Jahr verlangte das Elternforum Hausen eine Verbesserung der Schulwegsicherheit. Der Gemeinderat kam dem Begehren nach und beantragte in Absprache mit einer breit abgestützten Projektkommission einen einjährigen Testbetrieb für Tempo 30 auf der Hauptstrasse sowie einen Kredit von 29 000 Franken für entsprechende Markierungen, Signalisationen, Verkehrs- und Tempomessungen, Bevölkerungsumfragen und Informationsveranstaltungen. Das Anliegen stand schon 2010 einmal zur Diskussion, allerdings mit grösseren baulichen Massnahmen, und wurde damals abgeschmettert.

Auch jetzt schieden sich die Geister wieder. Die einen fanden die Temporeduktion schlicht unnötig, die anderen wollten sie gleich definitiv, ohne Versuchsbetrieb, einführen. Anderthalb Stunden lang wogten die Meinungen hin und her. Im Laufe der Diskussion realisierte die Versammlung, dass der Gemeinderat gemäss Rechtsgrundlagen eigentlich befugt wäre, Tempo 30 selber zu verfügen. Prompt wurde – jedoch erfolglos – beantragt, ihm diese Kompetenz abzunehmen.  Darüber hinaus gab es zu dem Traktandum eine Vielzahl von Vorschlägen, bis zu einem generellen Motorfahrzeug-Durchfahrtsverbot durch Hausen. Das knifflige Abstimmungsprozedere mit Änderungs-, Rückweisungs- und Überweisungsanträgen ging nach kurzem Verhandlungsunterbruch schliesslich glatt über die Bühne. Der Gemeinderat drang durch: Er erprobt nun ein Jahr lang Tempo 30 und entscheidet dann, nach Konsultation der Bevölkerung, wie es weitergeht.

Beim Kreditbegehren von 1,750 Millionen Franken für die Sanierung des alten Lindhof-Schulhausteils schwenk-te die Gemeindeversammlung auf zwei Zukunftsperspektiven um, indem sie die Erneuerung der Gasheizung zurücksetzte – in der Hoffnung, dass in absehbarer Zeit ein Fernwärmenetz aus dem Reichhold-Areal zur Verfügung steht – und für eine Photovoltaik-Anlage optierte. Der Gemeinderat verschob sie aus finanziellen Erwägungen, die nun aber allenfalls durch die Heizungsein-sparung von 206 000 Franken finanziert werden kann.

Das Projekt Rechenzentrum
Im Zusammenhang mit der Heizungsfrage erfuhren die Stimmberechtigten Näheres zum geplanten Rechenzentrum-Projekt, mit einer grossen, nutzbaren Abwärmemenge im Reichhold-Areal, und sahen durch eine Bildanimation, dass im reaktivierten Industriegebiet schneller als erwartet grosse Vorhaben realisiert werden. Die Infrastruktur-Vorleistungen der Gemeinde fliessen demzufolge bald wieder zurück. Der Finanzhaushalt bleibt indessen vorerst angespannt. Zur Reduzierung der Schuldenlast wurde bei der Budgetbehandlung der Verkauf von nicht benötigten Landreserven angeregt.