Filme, die Erinnerungen wecken

Die Filmreihe «SeniOrient» ist im Wettinger Programmkino Orient längst ein Evergreen. Was zufällig entstanden ist, feiert dieses Jahr sein 15-jähriges Bestehen.
Das fast komplette SeniOrient-Team: Gertrud Burkhard und Gertraud Müllauer zusammen mit Operateur Jörg Salvadè (es fehlt Max Pauli). (Bild: cf)

Vor Jahren machte Andreas Courvoisier zusammen mit seiner Frau Catherine einen Tagesausflug nach Heiden. Beim Spazieren erblickte das Paar einen Aushang, der auf eine Filmreihe speziell für Seniorinnen und Senioren hinwies. «Wenn so etwas im Appenzell möglich ist, wird es auch in unserer Region funktionieren», dachte sich Andreas Courvoisier. «Und wenn ich mir etwas in den ‹Grind› gesetzt habe, bringe ich es durch», erinnert er sich lachend. Ganz so geschmeidig wie gedacht gestaltete sich die Umsetzung der Idee aber nicht. Doch dank der Beharrlichkeit der Courvoisiers und von Gleichgesinnten aus den Reihen des Seniorenrats Region Baden (SRRB) sowie der Offenheit von Walter Ruggle, dem Programmmacher des Kinos Orient, kam die Veranstaltungsreihe «SeniOrient» zustande.

Kino verbindet
Seit nunmehr 15 Jahren werden an jedem zweiten Donnerstag im Monat um 15 Uhr im Kino Orient in Wettingen Filme gezeigt, die Erinnerungen wecken. Es sind Perlen, speziell ausgesucht vom SeniOrient-Team, von einer Untergruppe des SRRB und Walter Ruggle von Trigon-film. «Unsere Filmliste ist riesig», verrät Gertraud Müllauer vom SeniOrient-Team. Kein Wunder, denn die Gäste der Filmreihe dürfen ebenfalls ihre Wünsche einbringen, was sie auch an diesem Nachmittag tun. Es ist Donnerstag, der 12. Oktober. Gezeigt wird der tschechoslowakische Film «Liebe einer Blondine». An der Kasse wird Max Pauli heute von Catherine Courvoisier vertreten. Pünktlich begrüsst die Dritte im SeniOrient-Team, Gertrud Burkhard, das Publikum. In der Pause wird hörbar, dass sich verschiedene Gäste im Publikum befinden, die in Tschechien oder der Slowakei aufgewachsen sind. Jemand hat sogar Besuch aus der «alten Heimat» mitgenommen und verrät: «Meine Freundin arbeitete früher als Maskenbildnerin beim Film.»

Tops und Flops
Weil das SeniOrient-Team während der Pause für den Kioskbetrieb zuständig ist, ergibt sich ein Gespräch erst nach Filmende. Jörg Salvadè stösst zur Runde und wird als «unser guter Geist» vorgestellt. Der 54-Jährige war 14 Jahre lang vollamtlicher Operateur in den Sterk-Kinos. Mittlerweile arbeitet er im technischen Dienst des Alterszentrums RAS in Ehrendingen und unterstützt SeniOrient freiwillig mit seiner Fachkenntnis. «Mich fasziniert die Reaktion der Kinobesucherinnen und -besucher. Sie bedanken sich nach jeder Vorführung und freuen sich bereits auf das nächste Mal.» Die breit gefächerte Filmauswahl macht für ihn einen weiteren Reiz dieses Hobbys aus. Angesprochen auf die Tops und Flops, antwortet Gertraud Müllauer, die sich um Administratives kümmert, einen Tag nach dem Interview per E-Mail mit der entsprechenden Liste. Spitzenreiter waren «Vitus», «Anna Karenina» sowie «Ginger und Fred». «‹Anna Karenina› war wirklich ein alter Film», so Gertraud Müllauer, «Trigon-Film konnte ihn aber restauriert besorgen.» Der Blick auf die Flopliste erstaunt: «Ja, dass ‹Die Herbstzeitlosen› und ‹Tootsie› nicht angekommen sind, konnten wir uns nicht erklären.»

Noch viel vor
Im Austausch mit dem SeniOrient-Team wird schnell spürbar, wie viel Spass dieses Engagement allen macht. «Wir haben zahlreiche Stammgäste», sagt Gertraud Müllauer erfreut, während sich Gertrud Burkhard gerührt an den Strauss mit den 20 Rosen erinnert, den ihnen ein Gast als Dankeschön für ihren Einsatz schenkte. «Und wir vermissen den Mann aus Auenstein», stellen sie fest. «Seinen Namen kennen wir leider nicht.» Oder es kommt ihnen die Frau in den Sinn, die ihren ganzen Hausrat ins Kino mitbrachte. Einig sind sich die beiden plus/minus 80-jährigen Frauen, dass 15 Jahre noch nicht genug sind. «Wir machen gern weiter.» Andreas Courvoisier meint rückblickend auf diese cineastische Erfolgsgeschichte: «Ich bin nach wie vor ziemlich stolz auf diese Idee – auch wenn sie lediglich gut geklaut war.»