Ein Abschied wie ein Feuerwerk

Mit der «Gala Surprise» wurde Brigitta Luisa Merki im Kurtheater offiziell als Leiterin von Tanz und Kunst Königsfelden verabschiedet.
Mit der «Gala Surprise» wurde Brigitta Luisa Merki im Kurtheater offiziell als Leiterin von Tanz und Kunst Königsfelden verabschiedet.

Anlässlich des Galaabends zum Abschied und zu Ehren von Brigitta Luisa Merki war das Kurtheater in Baden am Sonntag ausverkauft. Kein Wunder, schliesslich handelt es sich bei der Geehrten um eine der schillerndsten Persönlichkeiten des Aargauer Kulturbetriebs. Davon zeugten auch die Ehrengäste, die gekommen waren, um Brigitta Luisa Merkis Lebenswerk Revue passieren zu lassen; darunter Regierungsrat Dieter Egli, die Präsidentin des Tanzverbands Danse Suisse, Kathleen McNurney, sowie Vertretende verschiedener Gemeinden. Der Aargauer Kulturminister Alex Hürzeler, die Filmproduzentin und langjährige Freundin Merkis, Franziska Reck, sowie die Badener Stadträtin Steffi Kessler – Erstgenannter samt gekonnter Pirouette und Letztere trotz anfänglichem Verlust ihrer Rede – betonten wortreich Brigitta Luisa Merkis unermüdliches Engagement für den Tanz sowie ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit der Gewürdigten. Neben den Reden sorgten Auftritte der Kids-Company Hand und Fuss sowie Darbietungen von renommierten Flamencogrössen für das dem Abschied gebührende musikalische und tänzerische Feuerwerk auf der Bühne.

Etwa vier Jahrzehnte lang setzte sich Brigitta Luisa Merki unermüdlich dafür ein, der Kunstrichtung Tanz ihren gebührenden Platz im kulturellen Angebot und Bewusstsein des Kantons Aargau zu verschaffen. Erst mit Flamencos en route und später mit Tanz und Kunst Königsfelden erarbeitete sie zahllose aufwendige und neuartige Choreografien, die oft über die Kantons- und sogar die Landesgrenzen hinaus Beachtung fanden. Vor einem Jahr kündigte Brigitta Luisa Merki an, sich nach rund 40 Jahren des Kunstschaffens als Leiterin von Tanz und Kunst Königsfelden zu verabschieden und sich selbst eine kleine Verschnaufpause zu gönnen.

Kulturbetrieb mit Ausstrahlung
Aus der langjährigen Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen Brigitta Luisa Merki und ihrer Mentorin Susanne Looser, die unter ihrem Künstlernamen Susana bekannt war, entstand 1984 die Compagnie Flamencos en route. Schon bevor Merki 1991 die künstlerische Leitung der Compagnie übernahm, war Flamencos en route zu ihrer künstlerischen Heimat geworden. 36 Jahre lang erarbeitete die Compagnie immer wieder herausragende Produktionen, die im In- und Ausland regelmässig für Aufsehen sorgten. Weil wesentliche Teile der Subventionen wegfielen, sah sich die Compagnie gezwungen, den Betrieb 2020 einzustellen.

Mit der Gründung von Tanz und Kunst Königsfelden – einem in Baden produzierenden, als Verein organisierten Kulturbetrieb – hatte sich Merki bereits 2007 ein zweites Standbein geschaffen. Seit der Gründung wirkte sie als Choreografin und künstlerische Leiterin des Kulturbetriebs. Im Zweijahresrhythmus kreieren dort renommierte, internationale Kunstschaffende unterschiedlicher Stilrichtungen Produktionen. Alternierend entstehen jährlich grosse internationale Produktionen sowie – unter der Leitung des Tänzers Patrick Grigo – pädagogische Kunstprojekte mit Kindern und Jugendlichen aus dem Aargau. Seit 2012 zählt Tanz und Kunst Königsfelden zu den kulturellen Leuchttürmen des Kantons, zu denen nun neu auch das Kurtheater Baden gehört.

Doch damit nicht genug: Nach dem Aus von Flamencos en route war Brigitta Luisa Merki 2020 massgeblich an der Gründung des Residenzzen­trums Tanz+ beteiligt. Dieser eigenständige Betriebsbereich unter dem Dach des Vereins Tanz und Kunst Königsfelden betreibt im Oederlin-Areal in Baden eigene Studios und ein Gästehaus für Tanz, Choreografie, Musik und Performing Arts.

Im Laufe der Jahre wurde Merki immer wieder für ihr Schaffen ausgezeichnet, so beispielsweise 1999 mit dem Kulturpreis der AZ Medien sowie 2004 – als zweite Frau überhaupt – mit dem Hans-Reinhart-Ring, der höchsten Schweizer Auszeichnung für Bühnenkunst. «Heute bin ich da, wohin ich wollte», hält Brigitta Luisa Merki anlässlich ihres Abschieds fest. «Ich bin stolz, ein eigenes und eigenwilliges Stück Schweizer Tanzgeschichte mitgestaltet zu haben.»

Brigitta Luisa Merki (vorn rechts) tanzt zum Abschied mit dem spanischen Flamencostar David Coria auf der Bühne des Kurtheaters. (Bild: zVg | Alex Spichale)

Das Ende einer Ära
Seit Anfang Januar leitet nun ihr Nachfolger Filipe Portugal gemeinsam mit seiner Assistentin Salomé Martins die Geschicke des international ausstrahlenden Aargauer Kulturbetriebs Tanz und Kunst Könisgfelden. Der Choreograf war Principal Dancer und Solist am Ballett Zürich und bekleidet neu die Position als künstlerischer Leiter. Gleichzeitig mit Brigitta Luisa Merki verlässt ihr ­Lebens- und Geschäftspartner Pitt Hartmeier den Kulturbetrieb. Fast ­genauso lang wie Merki sorgte Pitt Hartmeier neben und hinter der Bühne für einen reibungslosen Betrieb. «Er hat das alles überhaupt erst möglich gemacht», betont Merki mit Blick auf ihr eigenes Schaffen. «Wer Pitt kennt, weiss, was er für das Unternehmen bedeutet.»

Und schliesslich wäre Brigitta Luisa Merki nicht sie selbst, wenn sie zum Schluss ihrer eigenen Würdigung nicht noch eine vorerst letzte Lanze für das Kunst- und Kulturgut Tanz und «Tanz und Kunst Königsfelden» bräche: «Tanzen Sie weiter mit uns, und bleiben Sie dem Tanz treu! Filipe und Salomé haben sehr viel vor.»