Erneut die Zukunft überdenken

Die Stimmberechtigten Birrhards können nochmals entscheiden, ob die Vor- und Nachteile eines Gemeindezusammenschlusses abzuklären sind.
Ein Referendum gibt in Birrhard Gelegenheit, nochmals über die Zukunftsperspektiven der Gemeinde nachzudenken. (Bild: hpw)

Die Gemeindeversammlung Birrhard lehnte am 24. November bei einer Beteiligung von 106 Personen vertiefte Abklärungen von Vor- und Nachteilen eines Zusammenschlusses der Gemeinden Birr, Lupfig und Birrhard mit 62 Nein zu 39 Ja ab. Gegen diesen Entscheid reichte ein zehnköpfiges Komitee 198 gültige Referendumsunterschriften ein – nötig wären 144 Unterschriften gewesen. Deshalb können die Stimmberechtigten am 3. März an der Urne nochmals zum Geschäft Stellung nehmen. Das Rückkommen auf den ersten Entscheid begrüssen deutlich mehr Stimmberechtigte, als an der Gemeindeversammlung teilnahmen. Wie sich das letztlich auf die Urnenabstimmung auswirkt, wird sich zeigen; die Initianten stimmt es jedenfalls zuversichtlich.

Entscheidungsgrundlagen schaffen
Das Referendumskomitee weist darauf hin, dass es noch nicht um den Beschluss zur Gemeindefusion geht, sondern erst um Abklärungen, welche Auswirkungen ein Zusammenschluss hätte. Die Initianten seien überzeugt, wie ihr Sprecher Roman Strässle betont, dass es solide Entscheidungsgrundlagen brauche, um Birrhards Zukunftschancen zu beurteilen. Zum Beispiel: Kann die Dorfschule weiterexistieren? Wie sehen die finanziellen Perspektiven aus? Hat Birrhard längerfristig genug personelle Ressourcen für die qualifizierte Besetzung von Behörden und Verwaltung? Lässt sich der öffentliche Verkehr verbessern? Was würde im Fall einer Fusion mit dem Kiesabbaugebiet Steibode passieren? Welche Synergien ergäben sich generell für Birrhard in einer vereinigten Birrfeld-Gemeinde?

Solche Fragen möchte das Referendumskomitee am 21. Februar um 19.30 Uhr an einem runden Tisch in der Turnhalle mit Birrhards Bevölkerung diskutieren. Laut Initianten geht es ausserdem darum, zu ergründen, worauf die Skepsis gegenüber einer sorgfältigen Abklärung der Vor- und Nachteile eines Zusammenschlusses basiert. Ist es Birrhards Kostenanteil von netto 40 000 Franken an den vorgesehenen Abklärungen? Oder sind es vorsorgliche Bedenken, Birrhard könnte in einer vereinten Birrfeld-Gemeinde nichts mehr zu sagen haben? Und wie ist zu erklären, dass die Bevölkerung Birrhards in einer repräsentativen Umfrage 2021 den Gemeindezusammenschluss mit 64 Prozent Ja gegen 36 Prozent Nein grundsätzlich begrüsste, nun aber an der Gemeindeversammlung im November die vertiefte Prüfung dieses Schritts mit 58 Prozent Nein zu 42 Prozent Ja ablehnte?

Hürdenreicher politischer Prozess
Die Option für einen Gemeindezusammenschluss auf dem Birrfeld umfasste ursprünglich fünf Gemeinden: Birr, Birrhard, Habsburg, Lupfig und Mülligen. Die Bevölkerung Habsburgs winkte rasch ab. Daraufhin setzten die Gemeinderäte der vier verbliebenen Ortschaften die Abklärungen fort. Sie wollten ihren Stimmberechtigten schon an den Sommer-Gemeindeversammlungen 2023 die Kredite für vertiefte Fusionsabklärungen unterbreiten. Doch im letzten Moment stieg die Gemeindebehörde von Mülligen aus dem Vorhaben aus, obschon die Dorfbevölkerung in der Umfrage 2021 den Gemeindezusammenschluss mit 75 Prozent Ja zu 25 Prozent Nein am deutlichsten befürwortet hatte.

Mülligen befand sich damals in einer schwierigen finanziellen und personellen Situation: Im Gemeinderat konnten Vakanzen über Monate nicht besetzt werden, weil sich keine Kandidierenden finden liessen, und wegen der Überschuldung drohte eine Steuerfusserhöhung. Die Situation hellte sich kurzzeitig auf, als eine neue und bessere Inkonvenienzentschädigung für den Kiesabbau im Gemeindegebiet erzielt wurde und sich die Lücken im Gemeinderat – zumindest vorläufig – wieder schliessen liessen. Wie stabil die Verhältnisse sind, wird sich weisen. Immerhin zeigt sich, wie schnell sich Verhältnisse – zum Guten oder zum Schlechten – in einer kleineren Gemeinde ändern können. So etwas, glauben die Initianten des Referendums, wäre auch in Birrhard nicht völlig ausgeschlossen.