Die Badener Klus ist ein Nadelöhr im Verkehr und der Schlüssel für die Mobilität im Ostaargau. Sämtlichen Verkehrsteilnehmenden ein flüssiges Durchkommen zu gewährleisten, ist keine leichte Aufgabe. Das ist den Behörden und den beteiligten Interessengemeinschaften wohl bewusst. Mit dem Projekt Oase scheiterte ein erster Anlauf, um die Verkehrsflüsse in Baden und Umgebung neu zu ordnen, am Widerstand aus der Bevölkerung. Besonders die Bevölkerung der Gemeinde Obersiggenthal befürchtete eine erhebliche Zunahme des Durchgangsverkehrs und wehrte sich vehement und erfolgreich gegen die Pläne. Als Reaktion auf das Scheitern des Projekts Oase beschlossen die kantonalen Behörden, den Prozess unter stärkerem Einbezug aller Interessengruppen in Form einer 150-köpfigen Mobilitätskonferenz neu aufzugleisen.
«Wir erhalten wenig Gehör»
Die Nachricht vom neuen partizipativen Prozess wurde in der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen. Es bestand die Hoffnung, dass die Verkehrsplanerinnen und Verkehrsplaner des Kantons neue Impulse und Denkansätze aus der Zivilgesellschaft aufgreifen und in die Planung einfliessen lassen. Diese Hoffnung teilte die IG Limmat Mobil, die sich von Beginn an am Prozess beteiligte.
Inzwischen haben bereits etliche Treffen im Rahmen der neuen Verkehrsplanung stattgefunden. Trotzdem und obwohl sie sich in den gesamten Prozess einbrachte, stellt die IG Limmat Mobil fest, dass sie von den verantwortlichen Stellen beim Kanton mit ihren Ideen und Bedürfnissen wenig Gehör erhält. «Wir sind ein Zusammenschluss von Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen», beschreibt Vorstandsmitglied Kurt Wiederkehr den Verein IG Limmat Mobil. «Und deshalb haben wir verschiedene Ideen und Anregungen, die wir in den Planungsprozess einbringen wollten.»
Über ein Jahr nach Beginn der neuerlichen Planungsrunde zeigt sich der Bauingenieur und ehemalige Badener Stadtrat allerdings ernüchtert und besorgt: «Wir waren auch in verschiedenen Gremien beteiligt. Es entstand aber nie wirklich ein Dialog mit den Planerinnen und Planern. Der Prozess war sehr stark moderiert.» Bei den Vertretern der IG Limmat Mobil entstand mit Fortgang des Prozesses zunehmend der Eindruck, dass der anfangs angekündigte ergebnisoffene und partizipative Charakter der Konferenzen nicht wirklich zum Tragen kam. «Uns fehlte im bisherigen Verlauf eine Phase, in der sämtliche Ideen auf den Tisch kommen und gemeinsam beraten werden», findet auch der Würenloser Christoph Meier, der sich als Präsident der IG Limmat Mobil engagiert.
Es sei klar, meint Kurt Wiederkehr, dass man zu Beginn alle Interessierten auf den gleichen Stand habe bringen müssen. Seither sei aber mehr als ein Jahr ins Land gegangen, aber ein echtes Brainstorming für die Suche nach neuen Ideen und Ansätzen habe trotz mehrfachen Treffen und Veranstaltungen nicht stattgefunden. Im Anschluss an die Mobilitätskonferenz letzten September wurde dagegen mitgeteilt, dass die Planungsphase zu den Spielräumen und Lösungsansätzen abgeschlossen sei.
Zusammengefasst bedeutet das, dass sich die Vertretenden der IG Limmat Mobil vom partizipativen Prozess im Rahmen des Gesamtverkehrskonzepts Baden und Umgebung mehr Möglichkeiten zur Mitsprache und Gehör versprochen hatten. «Wir haben die Befürchtung, dass es den Verantwortlichen nicht darum geht, das Verkehrsproblem Badens bestmöglich zu lösen, sondern darum, möglichst schnell einen Richtplaneintrag zu erwirken», bestätigt Christoph Meier.
Konkret bemängelt die IG Limmat Mobil, dass im Rahmen der Mobilitätskonferenzen vonseiten der Planenden von Beginn an ein starker Fokus auf die Strecke zwischen Baden und Zürich sowie eine mögliche Verlängerung der Limmattalbahn gelegt worden sei. Kurt Wiederkehr und Christoph Meier sind sich einig, dass diese Strecke für die Lösung von Badens Verkehrssituation bedeutend ist, ihrer Meinung nach ist die Arbeit damit aber mitnichten getan. Beide wünschen sich einen umfassenden Plan, wie die Verkehrsprobleme in Baden und Umgebung künftig angegangen und gelöst werden sollen. Ihnen sei klar, dass die Umsetzung eines geeigneten Massnahmenkatalogs nicht von heute auf morgen stattfinden könne. «Man kann die Realisierung durchaus staffeln», findet Kurt Wiederkehr. «Es geht uns vor allem darum zu verhindern, künftigen Generationen den Handlungsspielraum wegzunehmen.»
Kanton weist Kritik zurück
Die Verkehrsplanung wird wieder in kleine Fachgremien zu einzelnen Teilprojekten aufteilt. In diesen Gremien hat es nur Platz für Planer und Gemeindevertreter. Selbst wenn die Partizipationsgremien solche Entwürfe danach noch kommentieren dürfen, ist man bei der IG Limmat Mobil besorgt. «Wir befürchten, dass uns die Behörden vor mehr oder weniger vollendete Tatsachen stellen und die Zivilgesellschaft so in die Beobachterrolle gedrängt wird», sind sich Meier und Wiederkehr einig.
Der Leiter der Abteilung Verkehr des Kantons Aargau, Carlo Degelo, relativiert die vorgebrachte Problematik auf Anfrage. Mit dem Abschluss der letzten Projektphase sei der Prozess noch nicht abgeschlossen. Bis anhin habe man lediglich Vorarbeit geleistet und die Prozessstufe, bei der alle Massnahmen diskutiert würden, folge erst noch.
Für die IG Limmat Mobil besteht also noch Hoffnung, dass der Verkehr durch und um Baden künftig effizient und flüssig organisiert werden kann – und dass das Projekt wegen des öffentlichen Drucks nicht das gleiche Schicksal wie das Projekt Oase erleidet. Nichts anderes will zumindest die IG Limmat Mobil. «Die Lösung für die Verkehrsproblematik rund um Baden wird nicht von uns allein kommen können. Sie wird aber auch nicht nur in Aarau am Reissbrett entworfen», ist Christoph Meier überzeugt.