«Wenn es wochenlang grau und trüb ist, male ich mir das schöne Wetter ganz einfach herbei, und mir geht es sofort besser», sagt Alethea Eriksson. Die gebürtige Südafrikanerin steht in der Badener Galerie Anixis vor einem ihrer 30 Bilder, die zusammen mit Glasobjekten der Bözberger Künstlerin Karola Dischinger ausgestellt sind. Das stark abstrahierte Werk lässt ein mystisches Wolkenmeer erahnen, aus dem eine in goldenes Sonnenlicht getauchte Bergspitze hervorblitzt. Erikssons farbintensive Kompositionen sind von der Natur inspiriert. Aber auch von ihren eigenen Stimmungen und Sehnsüchten, die sie mit Acryl- und Ölfarben auf die Leinwand transportiert. «Meine Malereien sollen für den Betrachter und die Betrachterin eine regenerierende Kraft haben. So wie ein Spaziergang an der frischen Luft», meint die 67-Jährige. Ihre Exponate sollen nicht provozieren oder aufwühlen, sondern eine Huldigung an die Schönheit des Lebens sein und Glücksmomente schaffen. Sie glaubt fest daran, dass Kunst eine heilende Wirkung hat.
Von der Lehrerin zur Künstlerin
Eriksson wurde 1956 in Johannesburg, Südafrika, geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, wollte Kuratorin werden, arbeitete aber schliesslich als Texterin in der Werbebranche. «Kindheit und Jugend waren schön. Doch später nahmen Chaos und Gewalt mehr und mehr zu, bis wir nur noch in permanenter Angst lebten», erzählt sie, und ihr kommen dabei fast die Tränen. Es schien eine glückliche Fügung des Schicksals zu sein, dass ihr Mann als Ingenieur bei der ABB eine Stelle bekam. 1986 kam das Paar nach Baden, wo es mittlerweile das Bürgerrecht hat. «Ich sehe mich heute als Badenerin und nicht mehr als Südafrikanerin», sagt Eriksson und lacht wieder. Sie integrierte sich rasch in ihrer neuen Heimat, gab Sprachkurse und leitete zwölf Jahre lang die ortsansässige Sprachschule TLC (The Language Company). Ende 50 fühlte sie sich derart erschöpft, dass sie sich frühpensionieren liess. «Ich geriet in eine tiefe Krise und fragte mich damals: Was fange ich jetzt mit meinem Leben noch an?» Auf ihrer Sinnsuche erinnerte sie sich, dass sowohl ihre Grossmutter als auch ihr Vater in der Malerei viel Befriedigung fanden. Also buchte sie einen Acrylmalkurs bei der Migros. «Schon die allererste Stunde war wie eine Offenbarung», erzählt sie begeistert, «ich war stets eine sehr kopflastige Person. Aber während des Malens hatte ich keinerlei Gedanken im Kopf und fühlte mich total frei.» Sie richtete sich zu Hause ein Atelier ein, fing an zu experimentieren und bildete sich in zahlreichen Onlinekursen autodidaktisch weiter. Als Künstlerin fühlte sie sich aber noch lang nicht. Erst als sie Workshops bei der berühmten amerikanischen Malerin Rebecca Crowell nahm, wuchs ihr Selbstbewusstsein. «Sie war diejenige, die mich immer wieder ermutigte, mein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen.» Ein Satz ihres grossen Vorbilds hat sich ihr besonders eingebrannt: «If you don’t take yourself seriously, nobody else will.» Zu Deutsch: Nimmst du dich selbst nicht ernst, wird es auch niemand anderes tun.
Ausstellung in London
Das Malen ist für Eriksson mittlerweile zum täglichen Ritual geworden. Sie nennt es ihre «seelische und geistige Hygiene». Ihre Bilder konnte sie schon landesweit, aber auch an der Biennale in London und in Deutschland einer grossen Öffentlichkeit zeigen. Letztes Jahr war sie im Rahmen einer Gruppenausstellung der Schweizerischen Gesellschaft Bildender Künstlerinnen in Rumänien zu Gast. Die Kunstschaffende ist zudem Mitglied von drei Lesegruppen. Eine davon leitet sie im Auftrag des Vereins Senio Region Baden selbst und trifft sich mit betagten Menschen jeden Monat, um über ein gemeinsam gelesenes Buch zu diskutieren. In ihrem Malstil ist Eriksson mit den Jahren freier, lebhafter und mutiger geworden. «Wichtig war mir dabei immer, authentisch zu bleiben und nicht irgendjemandem nachzueifern oder einem Zeitgeist zu entsprechen», betont sie. Heute ist sie mit ihrem Leben vollends zufrieden. Glück bedeutet für sie, gesund zu bleiben und in einem friedlichen Umfeld leben zu dürfen. «Und ich möchte weitermalen, bis ich umfalle», sagt sie und strahlt.
Botschaften in Glas
Karola Dischinger, die zusammen mit Alethea Eriksson in der Galerie Anixis ihre Exponate zeigt, hat sich mit ihren Glasobjekten international einen Namen gemacht. Die gebürtige Deutsche kam vor vielen Jahren berufshalber in die Schweiz und wohnt heute auf dem Bözberg. Die einstige HR-Managerin fing vor 25 Jahren mit Glaskunst an und erlernte ihre Fertigkeiten in den USA, in Schottland und in der Türkei. Den meisten ihrer durch das Material leicht und zerbrechlich wirkenden Werke liegen philosophische, sozialkritische Gedanken zugrunde, mit denen sie beispielsweise die moderne Arbeitswelt oder den Umgang mit der Natur hinterfragt.
Noch bis zum 10. März in der
Galerie Anixis, Baden, anixis.ch