Bundesasylzentrum im Fokus

SVP-Grossrat und Einwohnerrat Miro Barp unternimmt einen fünften politischen Vorstoss und macht Druck auf das Bundesasylzentrum in Brugg. Jetzt wird der Politiker selbst ins Visier genommen.
Das Bundesasylzentrum befindet sich in einer ehemaligen Halle für Militärfahrzeuge des Waffenplatzes. (Bild: cd)

Seit Mitte November hat der SVP-Grossrat und Einwohnerrat Miro Barp erfolgreich vier politische Vorstösse mit Fragen und Vorschlägen zur Sicherheit um das Bundesasylzentrum (BAZ) in Brugg lanciert, nämlich eine Motion und zwei Interpellationen im Grossen Rat sowie ein Postulat im Brugger Einwohnerrat. Nun bereitet er eine fünfte parlamentarische Intervention vor, eine Motion, in der er die Schliessung des BAZ fordert. Die SP-Einwohnerratsfraktion Brugg ist ob dieser Kadenz irritiert und fragt, ob es Barp um Medienpräsenz, Wahlkampf oder Stimmungsmache gehe. Wenig überraschend ist sie nicht mit dem Inhalt der Vorstösse einverstanden. 

Vorfälle im Umfeld des BAZ
Das BAZ wurde als Notfalllösung am 30. November 2020 mit vorerst 230 Plätzen in einer nicht mehr benötigten militärischen Fahrzeughalle des Waffenplatzes Brugg an der Ländistrasse für geplante drei Jahre eröffnet. Wegen der steigenden Anzahl von Asylgesuchen erhöhte das Staatssekretariat für Migration (SEM) die Kapazität ab dem 1. November 2022 auf 440 Plätze. Und weil sich die Unterbringungsnot nicht entschärfte, verlängerte der Bund den Betrieb im April 2023 um weitere drei Jahre bis Ende Juni 2026.

Im BAZ Brugg sind Männer untergebracht, die kaum Aussicht auf eine Asylgewährung haben und auf die Ausweisung warten – sobald ihre Rückführung möglich ist. Die Betreuung der Asylsuchenden und die Sicherheitsaufgaben besorgen die Firma ORS (Organization for Refugee Services) beziehungsweise die Securitas. Der Betrieb der Asylunterkunft mit Menschen unterschiedlichster Herkunft ist nicht einfach. So demonstrierte etwa letztes Jahr eine Kurdengruppe mit einem Sitzstreik gegen die angeblich rassistische Haltung des Lagerleiters. Aber eine Untersuchung entlastete ihn von den Vorwürfen; der Protest hatte andere Gründe, wie das SEM und die Polizei feststellten.

Auch in der Umgebung des Zentrums, im Raum Brugg-Windisch, kam und kommt es immer wieder zu Vorfällen wie Belästigungen, Ladendiebstählen, Drogenhandel – sogar zu einem Sexualdelikt und zur Enttarnung eines mutmasslichen Terroristen. In die Straftaten sind Bewohner des BAZ verwickelt, insbesondere Asylsuchende aus den nordafrikanischen Ländern Algerien, Marokko und Tunesien; sie fallen durch ihr aggressives und provokatives Verhalten gegenüber der Polizei auf. Anwohnende, die sich am Asylzentrum stören – aber nicht alle –, machten ihrem Ärger schon per Brief Luft.

Sicherheitsfürsprecher
Miro Barp wohnt keine 300 Meter vom BAZ entfernt. Der 43-jährige di­plomierte Psychiatriepfleger besitzt einen Masterabschluss in Forensic Sciences und ist mit der Thematik ­vertraut. Er leitet den internen ­Sicherheitsdienst der Psychiatrischen Dienste Aargau. Wer ihn kennt, weiss, dass er Anliegen engagiert und unbeirrt vertritt. Er ist ein Langstreckenläufer. Im Militär brachte er es zum Major. Er war Spieler, Trainer und Präsident des FC Brugg. Seit 2018 gehört er dem Brugger Einwohnerrat und seit 2022 dem Grossen Rat an. Er ist Co-Präsident der SVP-Stadtpartei. 2019 gründete er den Förderverein Events Brugg und gehörte den Komitees an, die zur Abwahl des früheren Schulleiters Geri Müller sowie zur Ablehnung von Tempo 30 aufriefen.

Mit der ihm eigenen Leidenschaft verficht Barp jetzt die Verbesserung der Sicherheit im Umfeld des BAZ. Dazu reichte er im November gleichzeitig eine Motion und eine Interpellation ein. Einerseits fragte er den Regierungsrat, welche Mittel er sehe, um die Sicherheit an neuralgischen Punkten zu verbessern. Andererseits verlangte er konkret mehr Polizeipräsenz und sechs zusätzliche Stellen für die Kantonspolizei. Dazu bezog der Regierungsrat jetzt Stellung. Er anerkennt das Anliegen zur Erhöhung des Polizeibestands. Deshalb ist er bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen und im Rahmen der Vereinheitlichung von Kantonspolizei und Regionalpolizeien (Repol) zu erörtern. Die Regierung stellt aber ausserdem klar, dass die präventive Patrouillentätigkeit und die Kontrolle von verdächtigen Personen primär die Aufgaben der Gemeinden beziehungsweise der Repol seien.

Genau zu diesem Punkt reichte Miro Barp im Einwohnerrat ein dringliches Postulat ein mit der Forderung, die Repol solle Sofortmassnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit umsetzen. Darüber diskutierte der Einwohnerrat heftig (vgl. GA vom 1. Februar). Der Stadtrat bestritt die Dringlichkeit, verwies auf bereits umgesetzte Sicherheitsmassnahmen und warnte, wie in der Brugger Lokalpolitik üblich, vor den Kostenfolgen. Aber der Einwohnerrat überwies Barps Vorstoss knapp mit 25 gegen 28 Stimmen.

Fass zum Überlaufen gebracht
Miro Barp macht das, was gewiefte Boulevardjournalisten auch tun: Er «füttert» seine Geschichte peu à peu mit neuen Folgen. Am 16. Januar reichte er im Grossen Rat eine weitere Interpellation ein, in der er sich erkundigt, warum Asylbewerber aus Maghreb-Staaten, die praktisch nie als Schutzsuchende anerkannt würden, nicht schneller ausgeschafft würden. Und er will wissen, ob der Regierungsrat den im BAZ aufgeflogenen mutmasslichen algerischen Terroristen als Einzelfall einschätzt oder nicht. Die Antwort steht noch aus. Hingegen bestätigte die Regierung auf eine frühere Frage Barps, dass ein anderer Algerier, der sich am 21. Oktober 2023 mutmasslich in Windisch an einer Frau verging, in Untersuchungshaft steckt.

Mit einer weiteren Motion, die er auf die nächste Grossratssitzung am 5. März ankündigte, will Barp den Regierungsrat beauftragen, sich dafür einzusetzen, dass das BAZ in Brugg geschlossen wird. Die Verträge seien wenn möglich zu kündigen. Andernfalls sollten sie nach dem Ende der Laufzeit 2026 nicht verlängert werden. Mit diesem fünften Vorstoss bringt Miro Barp bei der SP Brugg das Fass zum Überlaufen. Was er damit bezwecke: Wahlkampf? Stimmungsmache? So fragt die Partei in einer Medienmitteilung.

Die Herausforderungen im Asylwesen wie unzulängliche Unterkünfte, überfüllte Zentren, Arbeitsverbot für Asylsuchende, lange Verfahrensdauer seien bekannt, schreibt die SP Brugg. Die Probleme könne aber weder die Stadt noch der Kanton bewältigen. Dafür müsse es nationale Lösungen geben, die nachhaltig, human und zukunftsorientiert seien und nicht aus einem emotional aufgeladenen Diskurs entstünden. Auch die SP-Fraktion nehme die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst. Deshalb habe sie den Stadtrat gebeten, auf der städtischen Website laufend und transparent über die Entwicklungen rund um das BAZ zu informieren sowie Anlaufstellen zur Meldung von Vorfällen zu benennen.