2001 gründete die Mark Morris Dance Group in New York City das Projekt «Dance for PD®» (PD = Parkinson Disease), um unter Parkinson leidenden Menschen mit speziell auf sie ausgerichteten Tanzkursen Linderung bei Beschwerden wie Tremor, Muskelstarre und Bewegungsarmut zu verschaffen. Tanzen steigert zudem die Lebensfreude, die Betroffenen wegen ihrer heimtückischen neurologischen Erkrankung immer wieder abhanden zu kommen droht. Tanzschullehrerin Mariella Farré wurde in ihrem engsten Familienkreis mit der Krankheit konfrontiert. Die 61-Jährige, selbst topfit und beneidenswert muskulös, hat hautnah miterlebt, wie anstrengend der Alltag für Parkinson-Patienten und -Patientinnen werden kann. Denn durch einen Abbau im Gehirn gehen Gleichgewicht und Koordination in der Bewegung phasenweise verloren. «Dann ist jeder noch so winzige Schritt ein Kraftakt. Oft stellt sich eine totale Blockade ein, und es funktioniert gar nichts mehr», weiss sie aus den Erfahrungen, die sie mit Parkinson-Betroffenen gemacht hat. Vor drei Jahren erlernte sie in Kopenhagen zusammen mit anderen Tanzprofis die Morris-Methode, um sie als eine der Ersten schweizweit in ihren Danzazentren in Brugg und Wohlen anzubieten. Im Aargau nimmt sie damit eine Pionierrolle ein. «Am Schluss der Ausbildung arbeiteten wir direkt mit Probanden aller Krankheitsstufen zusammen. Ihre Reaktionen waren durchs Band enorm positiv und berührend. Manche hatten Tränen in den Augen. Eine Stunde lang fühlten sie sich nicht mehr krank, sondern ganz einfach wie gesunde Menschen, die einen Tanzkurs besuchen.»
Plötzlich geht gar nichts mehr
Stefan aus Brugg hat vor drei Jahren die Diagnose Morbus Parkinson bekommen. Er war gerade einmal 51 Jahre alt. Die Veränderung in seinem Gehirn verursacht, dass er die Steuerung und die Kontrolle fliessender Bewegungsabläufe manchmal vollends verliert. Plötzlich wird sein Körper steif und starr. Im Extremfall verliert er sogar die Fähigkeit zu sprechen. Wenn er dann seine verordneten Tabletten einnimmt, ist wieder alles normal. Bis der nächste «Schub» kommt. Er ist einer der ersten Teilnehmer, die sich für den Kurs bei Farré angemeldet haben. Nach einer Probelektion zeigt er sich begeistert. «Ich spüre mich wieder viel besser und fühle mich insgesamt wohler – auch psychisch. Die Lektion hat in mir sogar regelrechte Glücksgefühle geweckt.» Dadurch, dass Farré die Teilnehmenden zu gezielten Tanzbewegungen anleitet, werden besonders Beweglichkeit und Koordination geschult. «Das ist für Menschen mit Parkinson und ihren damit verbundenen motorischen Einschränkungen besonders wichtig», erklärt sie. Nach einer Aufwärmphase und Auflockerungsübungen von Kopf bis Fuss werden die einzelnen Tanzschritte nacheinander vorgestellt und am Ende im Rhythmus der Musik miteinander zu einer kleinen fliessenden Choreografie kombiniert. Sogar die Gesichtsmuskulatur wird trainiert. Denn auch sie kann durch die von der Parkinsonkrankheit verursachten muskulären Versteifungen erstarren. Farré erklärt dazu: «Wir arbeiten je nach körperlicher Verfassung jedes Einzelnen im Sitzen oder im Stehen. Es stehen immer Stühle bereit. Ich gehe auf alle individuell ein, damit sie die Bewegungsabläufe richtig machen.» Ganz wichtig sind Gleichgewichtsübungen. Im Kurs lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie sie auch bei Schwindelanfällen mehr Sicherheit beim Gehen und Stehen bekommen.
Neues Werkzeug zur Alltagsbewältigung
Durch regelmässiges Training sollen sich die Kursbesucherinnen und -besucher mit der Zeit insgesamt sicherer fühlen. «Wenn sie merken, wie sich ihre Körperhaltung, ihre Ausdauer und das Gleichgewicht stetig verbessern, fallen ihnen alltägliche Handlungen leichter als vorher», bekundet Farré. Für «Dance for PD®» kann man sich allein anmelden oder den Partner oder die Partnerin involvieren und für ein gemeinschaftliches Erfolgserlebnis sorgen. So oder so soll der Spass wie bei jedem anderen Tanzkurs im Vordergrund stehen. Das ist Tanzschulleiterin Farré ein grosses Anliegen: «Viele chronisch Erkrankte fühlen sich vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und meinen, Tanzen sei nur etwas für Gesunde. Bei uns erleben sie, dass das nicht der Fall ist. Ob mit oder ohne Beeinträchtigung: Alle sind willkommen und können sich genauso wohl und akzeptiert fühlen, wie sie sind.» Die Tanzmethode «Dance for PD®» ist im Übrigen nicht nur für Parkinson-Erkrankte besonders gut geeignet, sondern auch für Menschen mit anderen Bewegungseinschränkungen.
«Dance for PD®» findet dienstags, 17 bis 18 Uhr, und freitags, 10.45 bis 11.45 Uhr, im Danzazentrum Brugg und freitags, 16 bis 17 Uhr, im Danzazentrum Wohlen statt. Nach einer kostenlosen Probelektion belaufen sich die Kursgebühren auf 215 Franken für acht Lektionen. Weitere Infos: danzazentrum.ch