150 Oldtimer im Museum versteckt

Fans von altem Blech können Führungen durch das Schaulager der Amag in Schinznach-Bad buchen, in dem ein wechselnder Teil der Oldtimer- und Youngtimer-Sammlung des grössten Schweizer Autoimporteurs ausgestellt ist.
Von 1957 bis 1960 wurden 1089 Suisse-Einheiten des Karmann Ghia (Typ 14) bei der Automontage Schinznach-Bad AG montiert. Ein Exemplar ist in der Schaugarage der Amag in Schinznach-Bad zu bestaunen. (Bild: zvg)

Kaum jemand in der Region kennt sie nicht, die Amag, den grössten Arbeitgeber in Schinznach-Bad und grössten Autoimporteur der Schweiz. Doch kaum jemand weiss, dass sie ihre Sammlung von 150 Fahrzeugen aus ihrer Firmengeschichte 2022 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Das kleine Museum liegt versteckt in einem Hinterhof, vom Bahnhof Schinznach-Bad aus gesehen auf der anderen Seite der Bruggerstrasse, und wird als Schaulager bezeichnet, weil es nur auf Voranmeldung und in Gruppen von 10 bis 30 Personen besucht werden kann.

Das Schaulager umfasst eine Garage mit zwei Werkstattplätzen, eine Cafeteria im American-Diner-Stil und eine Ausstellungshalle, die rund 30 Oldtimern und Youngtimern Platz bietet. Die übrigen Fahrzeuge stehen in einer Einstellhalle in Buchs ZH. «Wir tauschen die Autos immer wieder aus. Sie werden auch für unterschiedliche Zwecke verwendet», erklärt René Dörig, der Herr über die Classic Collection ist. Momentan sind zahlreiche Fahrzeuge bei der Ausstellung «75 Jahre Volkswagen in der Schweiz» im Verkehrshaus in Luzern zu sehen. Um Standschäden zu vermeiden, werden die Autos an Veranstaltungen wie dem Oldtimer Grand Prix im Brugger Schachen (29. Juni) und der Lägern Classic (1. September) bewegt. Ausserdem können Amag-Garagen die Preziosen für Ausstellungen und Firmenanlässe ausleihen.

Aus der Not geborene Montage in Schinznach-Bad
Die Amag (Automobil- und Motoren AG) wurde 1928 in Zürich gegründet und verkaufte Chrysler und DeSoto. Als sie am Ende des Zweiten Weltkriegs Konkurs ging, wurde sie vom Unternehmer Walter Haefner übernommen und in die Neue Amag transformiert. Da die Verarbeitung der Fahrzeuge der englischen Marke Standard mangelhaft war und die Importe von amerikanischen Autos mit protektionistisch hohen Zöllen belegt waren, entschied er sich, sie in Einzelteilen liefern zu lassen und gründete die Asag (Automontage Schinznach AG), um sie am neuen Firmensitz in Schinznach-Bad montieren zu lassen. Zwischen 1949 und 1972 wurden in den Hallen einer früheren Zementfabrik 30 000 Fahrzeuge, vor allem die Chrysler Valiant und verschiedene Plymouth-Modelle wie Cranbrook und Barracuda, zusammengebaut. Dabei wurde das Schild «Montage Suisse» zum Zeichen für eine höhere Verarbeitungsqualität als im Ursprungsland verwendet.

Den grössten Erfolg brachten der Amag die 1948 beziehungsweise 1951 geschlossenen Importverträge mit den Herstellern Volkswagen, zu dem heute Audi, Skoda und Seat gehören, und Porsche, der sich 2008 selbstständig machte. Dörig hat den grössten Teil dieser Geschichte aus nächster Nähe miterlebt. «Mein Vater arbeitete bei der Amag, wir haben neben ihr gewohnt. Ich hatte eigentlich gar keine andere Wahl, als Automechaniker zu werden», erzählt Dörig und lacht. 1981 begann er seine Lehre und blieb dem Betrieb in Schinznach-Bad – bis auf ein kurzes Intermezzo in Genf – immer treu. Er amtierte dabei als Werkstattleiter, Kundendienstberater und Garantiesachbearbeiter. Privat fuhr er meistens VW Golf. Nachdem die Autos inzwischen alle eine Nummer grösser geworden sind, zieht er den kleinen Bruder VW Polo vor. Wenn er am Wochenende oder in den Ferien Geräumigkeit braucht, kann er allerdings auf einen VW T6 Multivan, den Urururenkel des liebevoll «Bulli» genannten Transporters, zurückgreifen. Sein Traumwagen ist eine andere Legende, die ebenfalls im Bestand des Schaulager zu finden ist: der Audi Sport quattro mit kurzem Radstand, der 1985 in Handarbeit in einer Auflage von nur 220 Stück gebaut wurde, damit Rallyeweltmeister Walter Röhrl mit ihm möglichst schnell um die Kurven driften konnte. Ein solches Gefährt, dessen Turbomotor für Rennzwecke von 306 bis auf 600 PS hochgeschraubt werden konnte, kostet heute rund eine halbe Million Franken.

Legenden in unterschiedlichster Stückzahl
Die Ausstellung zeigt, dass sogar weniger leistungsstarke und weniger kostspielige Fahrzeuge ihren Reiz haben. So der ultraflache VW Porsche 914 Mittelmotor-Targa, die 1955 in Italien designte Flunder VW Karmann Ghia mit 30 PS oder der 320 637. und letzte von der Amag importierte VW Käfer, der 1983 seinem Käufer übergeben wurde. Von aussergewöhnlicher Bescheidenheit zeugt das letzte Auto, das der 2012 im Alter von 101 Jahren verstorbene Firmengründer Walter Haefner noch selbst gefahren hat: ein Kleinwagen Skoda Fabia RS 2.0 Automat mit 115 PS.

Die Amag blickt aber nicht nur zurück, sondern auch in die Zukunft. «Seit vergangenem Sommer machen wir unter anderem mit unserem 52 Jahre alten Chrysler Valiant in Zusammenarbeit mit der Empa (Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt) Testfahrten, um die Auswirkungen von synthetischen Treibstoffen auf die Technik und die Materialbeschaffenheit von Oldtimern zu erforschen», erläutert René Dörig. «Wir hoffen, dass sie ermöglichen, dass historische Fahrzeuge in einer klimaneutralen Schweiz weiter gefahren werden dürfen.»

Infos über Führungen durch das Amag-Oldtimer-Schaulager:
www.amag-classic.ch

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Standard Vanguard (1950) fährt aus der Montage-Halle in Schinznach-Bad. (Bilder: zVg)

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In der Amag-Classic-Werkstatt werden im Kundenauftrag Oldtimer und Youngtimer gewartet, repariert und restauriert.

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Barockes Blech: Plymouth P23 (1952).

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Mit einer halben Million Franken das wertvollste Stück der Sammlung: Audi Sport quattro (1985)

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