Nächste Planungsphase im GVK

Weitere Schritte auf dem Weg zum Gesamtverkehrskonzept (GVK) Raum Baden und Umgebung. Die Zukunft des Verkehrs im Raum Baden wird heiss diskutiert. Eine perfekte Lösung zur Überwindung der Klus scheint es nicht zu geben.
Eine Schlüsselstelle für den Verkehr im Raum Baden ist der südliche Knotenpunkt zwischen Ennetbaden und Baden. (Bild: sim)

Verkehrstechnisch ist die Badener Klus eine grosse Herausforderung. Wie der Verkehr um und durch das Nadelöhr künftig organisiert werden soll, wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Momentan laufen die Planungsarbeiten dazu auf Hochtouren. An ihrer Sitzung vom 29. Februar hat die Behördendelegation, das strategische Entscheidungsgremium des Gesamtverkehrskonzepts (GVK) Raum Baden und Umgebung, vom Stand der Planungsarbeiten Kenntnis genommen – unter anderem zum Thema Ortsdurchfahrten und zur geplanten Velovorzugsroute im Siggenthal. Zudem hat die Behördendelegation der Projektleitung Aufträge für die weiteren Planungen im Hinblick auf die vierte Mobilitätskonferenz im Mai und Juni 2024 und auf die anschliessende Onlinepartizipation erteilt.

Entwicklung des Busnetzes
Wie der Kanton in einer Mitteilung schreibt, haben die bisherigen Planungen zum öffentlichen Verkehr (ÖV) im Raum Baden ergeben, dass das System zwar zweckmässig ist, hinsichtlich Kapazität und Zuverlässigkeit jedoch bereits heute an seine Grenzen stösst. Im GVK-Zeithorizont 2040 werden die Kapazität und die Angebotsqualität des ÖV aufgrund des Verkehrswachstums und der prognostizierten Siedlungsentwicklung den Anforderungen nicht mehr genügen. Es braucht deshalb eine gezielte Weiterentwicklung des ÖV-Angebots in diesem Raum.

Gespräche zum ÖV-Hauptkorridor zwischen Killwangen, Baden und den territorial betroffenen Gemeinden Wettingen und Neuenhof sowie weitere Vertiefungsarbeiten des Planungsteams hätten ergeben, dass aufgrund der absehbaren Siedlungsentwicklungen die Einführung eines Trams bis 2040 nicht zwingend sei. Mit einer Weiterentwicklung des Busnetzes liesse sich der erforderliche Kapazitätsausbau sicherstellen.

Längerfristig – also nach dem GVK-Horizont 2040 – könne je nach Siedlungsentwicklung eine zusätzliche ÖV-Nachfrage jedoch nicht mehr in der notwendigen Qualität mit Buslinien gedeckt werden. Es sei deshalb denkbar, dass dann die Kapazitäten und der Komfort von Tramlinien notwendig würden, um den Ansprüchen an den ÖV gerecht zu werden. Deshalb soll im Rahmen des GVK, ergänzend zur Weiterentwicklung des Busnetzes, der Raum für ÖV-Korridore gesichert werden, die auch für Trams geeignet sind. Zum Thema ÖV-Angebot ist auf der Projektwebsite ein Faktenblatt aufgeschaltet.

Varianten für Limmatquerungen
Das Kantonsstrassennetz im Raum Baden ist durch den motorisierten Verkehr schon heute stark belastet. Das gilt besonders für die drei Limmatquerungen Siggenthalerbrücke, Hochbrücke Baden und Limmatbrücke zwischen Wettingen und Neuenhof. Diese Knoten sind während der Spitzenzeiten überlastet, es kommt teilweise zu längeren Staus. Mit der bis 2040 prognostizierten Zunahme des motorisierten Individualverkehrs um 20 Prozent werden diese Überlastungen ohne entsprechende Massnahmen weiter zunehmen.

Im Bereich der Siggenthalerbrücke und der Limmatbrücke zwischen Wettingen und Neuenhof gestaltet sich die Situation weniger dramatisch als bei der Hochbrücke Baden. Seit der Umgestaltung des Schulhausplatzes ist der Brückenkopf Ost der Hochbrücke Baden ein Brennpunkt des regionalen Verkehrsgeschehens. Hier braucht es laut dem Kanton mehrere eng aufeinander abgestimmte Massnahmen, um den Verkehrsfluss künftig sicherstellen zu können.

Das Planungsteam hat der Behördendelegation Massnahmen für drei Zeithorizonte vorgeschlagen. Kurzfristig sollen die Radstreifen auf der Hochbrücke verbreitert werden, zudem sollen einzelne Fahrbeziehungen am Brückenkopf Ost und am Knoten Schartenstrasse angepasst werden, um den Verkehrsfluss stabiler zu gestalten und den ÖV zu priorisieren. Mittelfristig soll der Veloverkehr im Bereich des Brückenkopfs Ost mit Unterführungen und einer neuen Velobrücke über die Limmat vollständig eigen trassiert werden. Langfristig wurden für eine vollständige ÖV-Eigentrassierung drei weitere, umfassendere Massnahmen aufgezeigt, unter anderem die in der Vorphase vorgeschlagene Umnutzung der Hochbrücke inklusive Bau einer neuen Limmatbrücke für den Autoverkehr. Die Machbarkeit dieser Massnahmen muss laut dem Planungsteam aber weiter geprüft werden.

Die Behördendelegation beschloss, die beiden Massnahmenkonzepte für den kurzfristigen und den mittelfristigen Zeithorizont im GVK aufzunehmen und der nächsten Mobilitätskonferenz zur Diskussion vorzulegen. Ziel ist, die Umsetzung der kurzfristigen Massnahmen nach dem GVK-Richtplanbeschluss im Grossen Rat anzugehen. Zudem soll nach dem GVK-Grossratsbeschluss sofort in die weitere Planung der mittelfristigen Massnahmen eingestiegen werden, unabhängig davon, ob eine langfristige Option angedacht wird.

Zentrumsentlastung
Bereits im Dezember 2023 hatte die Behördendelegation Varianten für die Zentrumsentlastung (ZEL) diskutiert. Dabei sollen der Fuss- und der Veloverkehr sowie der ÖV gestärkt werden, während die Kernstädte für den motorisierten Verkehr erreichbar bleiben. Es sei noch offen, ob eine ZEL zur Erreichung dieser Ziele notwendig sei. Die Behördendelegation hat auf Basis der bisherigen Arbeiten eine erste Variantenreduktion möglicher Ergänzungen des Strassennetzes vorgenommen. Sie hat die Projektleitung beauftragt, das Studium der Variante «ZEL lang» (lange Umfahrung von der Kantonsstrasse bei Kirchdorf über die Limmat mit Anschluss an die Kantonsstrasse im Wilerloch und durch einen Tunnel zum A1-Anschluss Neuenhof) und der Variante «ZEL kurz» (zen­trumsnahe Umfahrung der Innenstadt von Baden) zu beschränken.

Bei den genannten Vorentscheiden der Behördendelegation handelt es sich nicht um beschlossene Massnahmen. Die Behördendelegation wird im Mai den Massnahmenfächer zuhanden der vierten Mobilitätskonferenz im Mai/Juni freigeben. Dieser wird neben den oben erwähnten Ansätzen viele kleinere Massnahmen enthalten. Die Mobilitätskonferenz findet in drei Teilräumen statt, danach folgt eine Onlinepartizipation für die Bevölkerung. Schliesslich startet die fünfte und letzte GVK-Phase «Umsetzungsplanung der Massnahmen».

Kritische Reaktion
Nach dem endgültigen Scheitern des Verkehrskonzepts Oase 2021 wird die Entwicklung der Verkehrsplanung im Raum Baden in der Bevölkerung genau verfolgt. Kaum hatte der Kanton die Mitteilung zur vierten Mobilitätskonferenz verschickt, meldete sich die Aargauer Sektion des Verkehrs-Clubs Schweiz (VCS Aargau) mit einer kritischen Würdigung.

In seinem Schreiben bemängelt der VCS Aargau, dass die aktuelle Planung wieder Umfahrungstunnel beinhalte, die das Verkehrsproblem nicht lösen könnten, sondern lediglich verschieben würden. 2021 führte der grosse Widerstand der Bevölkerung im Siggenthal gegen einen geplanten Umfahrungstunnel dazu, dass das Verkehrsprojekt Oase in seiner damaligen Form beerdigt werden musste. Man befürchtete, dass ein Umfahrungstunnel zur Entlastung des Badener Stadtzentrums die umliegenden Gemeinden zusätzlich belasten würde. Dem VCS Aargau ist es ein Dorn im Auge, dass nun erneut ein Umfahrungstunnel diskutiert werden soll. Für den Verband ist das Verkehrsproblem im Raum Baden hausgemacht. Das riesige Parkierungsangebot der Stadt sei eine Einladung, mit dem Auto anzureisen. Der Durchgangsverkehr, den ein Umfahrungstunnel aufnehmen könnte, spiele dagegen eine untergeordnete Rolle, wie Nummernschilderhebungen gezeigt hätten.

Besonders enttäuscht ist der VCS vom richtungsweisenden Entscheid der Behördendelegation, den Ausbau des schienengebundenen ÖV auf Eis zu legen. Damit torpediere diese strategische Steuergruppe die Verlagerung auf den flächeneffizienten und klimaschonenden ÖV. Den stattdessen geplanten Ausbau des Bussystems erachtet der Verband nicht als adäquate Lösung für den künftigen ÖV. Angesichts des prognostizierten Bevölkerungswachstums in der Region seien beim Ausbau des ÖV mutige Schritte nötig, um die räumliche Entwicklung gezielt zu steuern.