Befriedigende Abschiedsbilanz

Der Dank der Stadt an Leo Geissmann, Vizeammann, Finanz- und Kulturminister. Nach 38 Jahren scheidet er aus der Brugger Politik aus. Erstrebtes und Erreichtes wurden am Apéro im Salzhaus gewürdigt.
Würdigung des jahrzehntelangen Einsatzes für die Öffentlichkeit: Leo Geissmann mit seiner Gattin Hanni (links) und Stadtammann Barbara Horlacher. (Bild: HPW)

Leo Geissmann gehört zum politischen Establishment – er ist der Doyen, der dienstälteste Amtsträger in der Stadt Brugg. Vor 38 Jahren wurde er als Vertreter der CVP/Die Mitte in den Einwohnerrat, vor 10 Jahren aus neun Kandidierenden in den fünfköpfigen Stadtrat und vor 4 Jahren zum Vizeammann gewählt. Weitere politische Verdienste waren das Präsidium des Einwohnerrats 1994/95, der Vorsitz der Finanzkommission sowie die Vertretung der Stadt im Verwaltungsrat der verselbstständigten Indus­triellen Betriebe (IBB).

Nun tritt der promovierte ETH-Informatiker auf Ende März, kurz vor seinem 71. Geburtstag, zurück. Sein öffentliches Wirken wurde im Rahmen eines Apéros im Salzhaus gewürdigt. Daran nahmen gegenwärtige und ehemalige Ratskolleginnen und -kollegen, Mitglieder verschiedener Kommissionen und Institutionen, Angehörige der Verwaltung sowie Weggefährten teil. Stadtammann Barbara Horlacher verabschiedete den Demissionär mit warmen Dankesworten.

Ehrbare Strebsamkeit
Der abtretende Lokalpolitiker wurde für sein überlegtes und strukturiertes Handeln, seine Zugänglichkeit, Verlässlichkeit und Kollegialität gelobt. Seine Ausdauer, die Kunst des Zuhörens und der Beziehungspflege kamen ihm in der politischen Tätigkeit zugute. Er habe nicht die kürzesten Wege gesucht, sondern seine Entscheide auf solide Grundlagen abgestützt, sagte Barbara Horlacher. Deshalb wurde er als eher nüchterner Analyst wahrgenommen, so, wie es sich für einen städtischen Finanzvorsteher geziemt – insbesondere in Brugg, wo das Geld bekanntlich nicht zum Fenster hinausgeworfen wird, sondern wo es mittlerweile ein Rekordvermögen von 108 Millionen Franken gibt, worüber man aber wegen verzögerter Projekte sowie weiterer anstehender grosser Aufgaben und struktureller Finanzprobleme froh sein müsse, wie es heisst.

Es gab aber noch eine andere Seite von Leo Geissmann: die Empathie und das grosse Engagement für die Kultur in der Stadt. Barbara Horlacher erinnerte daran, dass er die Transformation vom Heimat- zum Stadtmuseum mit der Stäblisammlung geprägt und die lang schwelende Verlegung der Stadtbibliothek in den Effingerhof zum guten Abschluss gebracht habe, wodurch am alten Standort im Zimmermannhaus Raum für erweiterte Kunst- und Musikaktivitäten entstanden sei. Die Veränderungen erfolgten nie aus dem «hohlen Bauch», sondern stets aufgrund erarbeiteter Betriebskonzepte. Schliesslich trug er auch dazu bei, dass die Brugger Literaturtage mit neuen Kräften fortgesetzt werden können.

Erreichtes und Pendenzen
Die Zusammenlegung von mehreren Stiftungen und Legaten zu einem Fonds der Ortsbürgergemeinde, die Leo Geissmann ebenfalls bewerkstelligte, ermöglicht es, Gelder gezielter für kulturelle und soziale Zwecke auszurichten. Viel bedeutete ihm sodann die Pflege der Städtefreundschaft Brugg–Rottweil. Zu den spannendsten Projekten und erreichten Zielen während seiner Amtszeit zählte der Demissionär neben der geglückten Lösung für die Stadtbibliothek die Erweiterung und die Sanierung des Stapferschulhauses, die Vereinigung mit Schinznach-Bad und den Prozess zur Revision der Bau- und Nutzungsordnung.

Nicht geglückt ist die Schaffung des Gestaltungsplans Schuthess-Allee/Annerstrasse, der die Basis für eine Zusammenlegung der Stadtverwaltung im Bereich Alte Post hätte bilden sollen. Doch zeigte sich Leo Geissmann zuversichtlich, dass eine andere Lösung im CS-Gebäude möglich würde, «wenn wir die Bank kaufen», wie er unter dem Gelächter des Publikums erklärte – gemeint war natürlich nur der Erwerb der Liegenschaft neben dem jetzigen, viel zu kleinen Stadthaus. Zu den ungelösten Vorhaben zählte er überdies den Ausbau des Mauslochs, der SBB-Unterführung und Fussgängerpassage zwischen Campus und Neumarktplatz. Aber hier könnte sich gelegentlich etwas bewegen, deutete er an.

Der Demissionär sagte, er habe viel Vertrauen und die Wertschätzung aus der Bevölkerung gespürt und scheide mit positiven Erinnerungen aus dem Amt. Zum Schluss dankte er den Stadtratskollegen, den kompetenten Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung und seiner Familie für die Unterstützung. Er und seine Frau Hanni dürfen als Nächstes einen Gutschein für einen kulturellen Aufenthalt in ­Luzern einlösen.