«Wir werden die Lücke bald schliessen»

97 Prozent der Finanzierung für den 3,45-Millionen-Neubau sind gesichert. Barbara von Ehrenberg und Urs Rey sprechen über die letzten Hürden.
Barbara von Ehrenberg, Mitglied des Verwaltungsrats der Dorf AG, und Urs Rey, Vizeammann von Freienwil und Mitglied des Verwaltungsrats der Dorf AG, vor dem heutigen Dorfladen, der in einem Provisorium untergebracht ist. (Bild: ejo)

Vor zwei Monaten richtete Gemeindeammann Othmar Suter das Wort an die Bevölkerung. Im «Freienwil aktuell», dem Mitteilungsblatt der Gemeinde, bat er die Bürgerinnen und Bürger um weitere finanzielle Unterstützung für den 3,45 Millionen Franken teuren Neubau mit Ladenfläche und vier Wohnungen (die «Rundschau» berichtete). Seither hat sich einiges getan. Neben privaten Personen greifen der Dorf AG zwei Stiftungen finanziell unter die Arme – eine davon unterstützt das geplante Café mit 20 000 Franken. Im Interview sprechen Barbara von Ehrenberg, Mitglied des Verwaltungsrats der Dorf AG und Vertreterin der Genossenschaft Dorfladen, und Urs Rey, Mitglied des Verwaltungsrats der Dorf AG, Mitglied der Baukommission und Vizeammann von Freienwil, über die Entwicklung des Projekts und die letzten Herausforderungen, die es zu bewältigen gibt

Barbara von Ehrenberg, Urs Rey: Ende Januar fehlten für die Finanzierung des Dorfladens noch 200 000 Franken. Wo steht die Dorf AG heute?
Barbara von Ehrenberg:
Wir sind auf der Zielgeraden.
Urs Rey: Seit dem Aufruf von Gemeindeammann Othmar Suter Ende Januar wurden einige finanzielle Mittel zugesichert. Trotzdem ist die Finanzierung noch nicht ganz gesichert – es fehlen etwa zwei bis drei Prozent des gesamten Betrags. Dabei handelt es sich um weniger als 100 000 Franken.

Sind zu den über 200 Aktionärinnen und Aktionären noch weitere hinzugekommen?
Urs Rey: Einerseits sind neue Aktionärinnen und Aktionäre hinzugekommen und bestehende haben ihr Aktienportfolio erhwöht. Andererseits konnten wir neue Darlehensgeber gewinnen. So hat uns die Solidaritätsstiftung der Schweizerischen Baugenossenschaften ein Darlehen von 120 000 Franken zugesichert. Sehr erfreulich ist die Zusage der Stiftung Lebensraum Aargau über 20 000 Franken primär für den Betrieb des Cafés, das im Dorfladen integriert werden soll. 

Soll die Finanzierungslücke nun – wie von Gemeindeamman Othmar Suter angekündigt – mit dem Verkauf von Stockwerkeigentum geschlossen werden?
Urs Rey:
Nein, das ist nicht mehr nötig. 
Barbara von Ehrenberg: Wir werden erneut einen Anlauf nehmen, um die bestehenden Aktionärinnen und Aktionäre zu motivieren und neue zu gewinnen. Wir verspüren einen grossen Rückhalt aus der Bevölkerung und sind überzeugt, dass wir die Lücke bald schliessen.

Gegen die Baubewilligung gingen drei Einsprachen ein. Was wird ­kritisiert, und wie ist der Stand der Dinge?
Urs Rey:
Zwei dieser drei Einsprachen konnten wir inzwischen bereinigen. Die dritte Einsprache ist komplexerer Natur. Betroffen ist hier in verschiedener Hinsicht der Gestaltungsplan Mitte, vor allem die Bushaltestelle, die im Zusammenhang mit dem Dorfladen neu gestaltet und versetzt werden muss. Das Land vor dem geplanten Neubau ist jedoch nicht im Besitz der Dorf AG, sondern der Gemeinde, und auch der Kanton muss als Anstösser Stellung nehmen. Die Gestaltung und die Versetzung der Bushaltestelle ist somit Sache der Gemeinde. Weil die Kosten dafür über 60 000 Franken liegen, muss die Gemeindeversammlung darüber abstimmen.

Das Bauprojekt Bushaltestelle kommt also vor die Sommer­gmeind. Wie stehen die Chancen, dass der Verpflichtungskredit angenommen wird?
Barbara von Ehrenberg:
Wie gesagt, wie spüren ein grosses Wohlwollen seitens der Bevölkerung und sind sehr zuversichtlich, dass der Verpflichtungskredit an der Sommergmeind durchkommt.
Urs Rey: Das Traktandum ist noch nicht abschliessend bestimmt, Abklärungen sind im Gang. Der Gestaltungsplan Mitte ist eine gültige Rechtsgrundlage in der Gemeinde, an die sich der Gemeinderat zu halten hat. 

Sie spüren grosses Wohlwollen. Rechnen Sie denn überhaupt nicht mit Gegenwind? Gab es doch in der Vergangenheit die eine oder andere Kritik am Projekt …
Barbara von Ehrenberg:
Es gibt einzelne Personen, die das Projekt nicht toll finden.
Urs Rey: Es gibt wenige kritische Stimmen, die sich fragen, weshalb sich die Gemeinde überhaupt für den Dorfladen engagiert. Sie sind nicht überzeugt, dass der Laden langfristig existieren kann. Das können wir auch nicht mit letzter Gewissheit sagen, aber wir können das Gebäude so gestalten, dass ein nachhaltiger Betrieb möglich ist, und zwar des Ladens sowie des Gebäudes.

Was können Sie mit Gewissheit sagen?
Urs Rey: Dass das Projekt so aufgebaut ist, dass der Betrieb des Hauses gesichert ist. Sollte sich der Dorfladen längerfristig nicht lohnen, kann die Ladenfläche reduziert und in Wohnraum umgebaut werden. Dafür hat man bereits Vorkehrungen getroffen.
Barbara von Ehrenberg: Primär ist aber ein Laden vorgesehen – dieser Fall tritt nur ein, sollten alle Stricke reissen.
Urs Rey: In den 1990er-Jahren übernahm die Gemeinde den Pavillon. 2003 war die Weiterexistenz des Ladens unsicher, und es stellte sich erneut die Frage, ob sich die Gemeinde engagieren soll. Eine Umfrage in allen Haushaltungen ergab eindeutig positive Resultate. An der Gemeindeversammlung war dann ein Kredit von 170 000 Franken für dessen Umbau unbestritten. Das kann man mit Gewissheit sagen: Im Dorf ist viel Wohlwollen für den Laden vorhanden. Zudem haben wir ein Leitbild, das der Bevölkerung bekannt ist.

Können Sie das bitte konkretisieren?
Urs Rey: Im Leitbild steht, dass sich der Gemeinderat für den Erhalt der grundlegenden sozialen Strukturen der Gemeinde einsetzt. Dazu gehören die Schule, der Dorfladen und ein Restaurant.
Barbara von Ehrenberg: Diese drei Elemente machen ein Dorf lebendig.

Die Frage, ob sich ein Laden für ein 1100-Seelen-Dorf lohnt, ist aber berechtigt. Kritische Stimmen sagen, der Laden sei praktisch, für einen Grosseinkauf allerdings zu teuer und zu altmodisch. Wird der neue Laden konkurrenzfähiger?
Barbara von Ehrenberg:
Ich denke nicht, dass es eine Frage der Konkurrenz ist. Es ist primär eine Frage der Einstellung. Menschen, die den Grosseinkauf nicht im Laden machen können, sollen diesen weiterhin bei Coop oder Migros tun. Es geht darum, dass wir als Gemeinde eine Ladenstruktur anbieten können.
Urs Rey: Wir können keine Konkurrenz zu grösseren Anbietern sein. Falls in Ehrendingen neue Grossverteilter entstehen, kann der Dorfladen sein Angebot darauf ausrichten, zum Beispiel indem er viel Regionales verkauft. Im Übrigen locken das Dorfschöpfli und der «Weisse Wind» schon heute viel Kundschaft aus den umliegenden Gemeinden nach Freienwil – weil das Angebot stimmt und die Leute gern hierherkommen. Davon wird der Dorfladen profitieren. Die Lage beim Dorfeingang ist dafür optimal.

Yvonne Wyss äusserte sich gegenüber dieser Zeitung, dass sie noch nicht sagen könne, ob sie den neuen Laden übernehme. Wie wird der ­Laden vergeben? Gibt es für die ­Mieterin oder die Pächterin einen Anforderungskatalog?
Urs Rey:
Der Laden wird vermietet, und dafür gibt es keinen bestimmten Anforderungskatalog. Yvonne Wyss ist aus dem Dorf und betreibt den Laden mit Herzblut. Wir sind zuversichtlich, dass sie ihn im neuen Lokal weiterführen wird. Sie und ihre Familie haben bereits viel in den Laden investiert und sind im Dorf beliebt. Und: Ohne Aussicht darauf, dass es einen neuen Laden gibt, hätte sie gar nicht angefangen.
Barbara von Ehrenberg: Yvonne Wyss wird weitermachen, doch die Bedingungen wie zum Beispiel der Mietzins müssen stimmen. Wir werden alles daransetzen, dass der Ladenbetrieb praktikabel ist. Schliesslich planen wir kein Projekt, das sich nicht umsetzen lässt. Ein Neubau ist teurer als ein Altbau, das kann verunsichern. Wenn wir ihr diese Unsicherheit nehmen können, bin ich überzeugt, dass sie weitermacht.

Wird es in Freienwil nahtlos einen Dorfladen geben? Oder muss das Provisorium vor der Fertigstellung des Neubaus wegen des Bauprojekts der Familie Vogt, auf deren Grundstück das Provisorium steht, geschlossen werden?
Urs Rey:
Der Dorfladen in Freienwil soll nahtlos weitergeführt werden. Sobald die Finanzierung gesichert ist und die Bewilligung im April oder Mai vorliegt, sollte der Baubeginn im Sommer möglich sein. Die Bauzeit dauert ein Jahr, sprich: Ende 2025 sollte der Bau fertig und der Laden in Betrieb sein.

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Vorher: Auf diesem Spickel ist der Neubau geplant. (Bild: EJO)

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Nachher: Der Dorfladen und das Café mit Wohnungen im Obergeschoss inklusive Begrünung. (Visualisierung)

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