Hier gibt Amor Gas

Einen Nachmittag lang im Zehn-Minuten-Takt Frauen und Männer Ü60 kennenlernen. Das ist Speed-Dating 60+: ein Anbandeln, das funktioniert.
Andrea Hadorn und Corinne Neukom beim Empfang zum Speed-Dating 60+, wo auch 20 Franken Unkostenbeitrag erhoben werden. Eine nächste Durchführung ist für November 2024 geplant. (Bild: cf)

Ein «Ah» und «Oh, wie schön!», begleitet von Applaus, geht durch die Reihen, als Karin Horat verkündet, dass sich durch das erste Speed-Dating 60+ tatsächlich ein Paar gefunden hat. Während die Fachverantwortliche Bildung und Geselligkeit bei Pro Senectute Aargau die «Spielregeln» des Anlasses erklärt, steigt die freudige Erwartung im Raum merklich. Kaum erklingt das Glöckchen, geht das Geplauder an den Tischen los.

Bereits beim Eintreffen im Bullingerhaus in Aarau geben sich die Anwesenden locker. Dieter, 69, Otto, 70, Silvia, 65, oder Rosmarie, 66, betonen unisono, dass sie das Anstehende einfach mal auf sich zukommen liessen. Doris ist zusammen mit einer Freundin da. Die Freundin wurde in die Gruppe im oberen Stock eingeteilt, sie sitzt an einem Tisch im Untergeschoss. «Digitale Dating-Plattformen finde ich wenig ergiebig. Hingegen weiss ich in der persönlichen Begegnung schon nach 30 Sekunden, ob mir jemand sympathisch ist.»

Ein erster Eindruck
Genau das ist die Idee hinter Speed-Dating: innerhalb kurzer Zeit einen ersten Eindruck von anderen alleinstehenden Frauen beziehungsweise Männern zu gewinnen. Im Sommer 2023 hat Pro Senectute Aargau erstmals darauf hingewiesen. «Dänn hets gräblet», erinnert sich Andrea Hadorn, Bereichsleiterin Angebote. Die erste Durchführung im November 2023 begeisterte vollends. Andrea Hadorn: «Noch selten bekam ich nach einem Anlass so viel Dankbarkeit zu spüren.» Selbstverständlich gab es auch die eine oder andere kritische Rückmeldung. Entsprechend nahmen die Verantwortlichen für die zweite Durchführung im Februar 2024 Anpassungen vor.

Jede Frage zählt
Speed-Dating 60+ geht so: Im Raum stehen nummerierte Tische. An jedem Tisch nehmen nach dem Zufallsprinzip ein Mann und eine Frau Platz. Ertönt das Glöckchen, läuft die Stoppuhr für zehn Minuten. Frau und Mann kommen in dieser Zeit ins Gespräch.

Es gibt Personen, die sich Überraschungsfragen bereitgelegt haben wie: «Würdest du morgen mit mir an einer Klimademo teilnehmen?» Reinhard, 85, ist sehr direkt: «Ich bin auf Beziehungssuche, lebe im Jetzt und will nicht zwei Jahre auf eine Entscheidung warten.» Urs, 64, verrät: «Ich kenne die Standardfragen und habe meine Antworten parat. Was arbeitest du? – Im Kaufmännischen. Hast du Haustiere? – Nein, ausser Mücken und Ameisen. Was kochst du gern? – Ich fabriziere gern Schwarzwäldertorten.» Erklingt das Glöckchen, heisst es, sich zu verabschieden. Selbst wenn das Paar mitten in einem interessanten Austausch steckt. Hat eine Person gefallen, gilt es, ihren Vornamen auf das vorbereitete Formular zu notieren. Dann geht es für die Herren weiter dem Tischnummernverlauf entlang. Doris hat schon nach ein paar Runden einen rosigen Teint. Ihr Blitzfazit zu den bisherigen Bekanntschaften: gut, so lala, sehr positiv.

Die Pause ist so angelegt, dass die Teilnehmenden aus beiden Gruppen aufeinandertreffen. Während die einen verschnaufen, geben andere umso mehr Gas, weil ihnen eine Person aus der anderen Gruppe gleich ins Auge springt. Gestärkt geht es in den zugeteilten Räumen weiter. Der Nachmittag endet, nachdem alle in ihren Gruppen einmal mit allen in Kontakt gekommen sind. Beim Verabschieden der Teilnehmenden ernten Andrea Hadorn und Karin Horat, welche die zwei Gruppen durch den Speed-Dating-Nachmittag 60+ geführt haben, erneut Begeisterung und Lob.

Abermals ein Volltreffer
Nach dem Anlass werden die ausgefüllten Formulare bei Pro Senectute ausgewertet. Alle Teilnehmenden erhalten ein persönliches Feedback, egal ob die Namensnennung übereinstimmte oder nicht. Wie Karin Horat ein paar Wochen nach dem Februar-Event bestätigt, ergaben sich wiederum zahlreiche Rendez-vous, zudem traf Amors Pfeil erneut mitten in zwei Herzen.