Asylsuchende bald im Alterszentrum

Das ehemalige Alterszentrum St. Bernhard an der Rebbergstrasse in Wettingen wird zur kantonalen Asylunterkunft für geflüchtete Familien.
Monika Lindner erläutert Gemeindeammann Roland Kuster und Gemeinderat Markus Haas das Küchenkonzept. (Bild: sim)

Für die Bewältigung der Zuweisungen von Personen aus dem Asylbereich benötigt der Kantonale Sozialdienst (KSD) auch in diesem Jahr zusätzliche Unterkünfte. Anfang Mai nimmt der KSD in Wettingen deshalb eine neue Asylunterkunft für Familien in Betrieb. Anlässlich einer öffentlichen Besichtigung wurden die genauen Pläne am Samstag vorgestellt.

Die neue Asylunterkunft wird an der Rebbergstrasse 24 eingerichtet, wo sich bis vor wenigen Jahren das Alterszentrum St. Bernhard befand, das mittlerweile in einen Neubau im Zentrum Wettingens umgezogen ist. Die neue kantonale Unterkunft bietet Platz für maximal 230 Personen. Untergebracht werden dort geflüchtete Familien. «Nur in einzelnen Ausnahmefällen kann es sein, dass einzelne, besonders vulnerable Personen hier unterkommen, weil hier die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass wir uns um solche Personen kümmern können», erläutert Pia Maria Brugger Kalfidis, Leiterin des kantonalen Sozialdiensts. Generell eigne sich sich das ehemalige Alterszentrum am Lägernhang hervorragend für seine neue Zweckbestimmung. Besonders, dass viele der Zimmer über eigene Bäder verfügen, sei ein echter Glücksfall. Der Mietvertrag für die Unterkunft ist gegenwärtig auf zwei respektive längstens zweieinhalb Jahre befristet.

Betrieben wird die Unterkunft vom KSD selbst mit eigenem Personal. Während der Nachtstunden soll ein privater Sicherheitsdienst die Ordnung sicherstellen. Wie bereits in anderen kantonalen Asylunterkünften übernimmt die Sicherheitsfirma «Verkehrsüberwachung Schweiz» («VüCH») diese Aufgabe.

Mitarbeitende des Kantons führten am Samstag durch die Asylunterkunft. (Bild: sim)

Unvermindert hoher Zustrom
Eröffnet wird die neue Asylunterkunft, weil sich der Kanton Aargau im Asylwesen seit über einem Jahr in einer Notlage befindet. Der Zustrom Geflüchteter aus der Ukraine und anderen Ländern ist seit Monaten unverändert hoch. Auch im Aargau braucht es deshalb zusätzliche Unterbringungsplätze. Das leerstehende ehemalige Alterszentrum ist aus Sicht des KSD als Asylunterkunft prädestiniert, da es neben hoher Unterbringungskapazität genügend Platz zum Kochen, kleine Schlafeinheiten und Aufenthaltsmöglichkeiten drinnen wie draussen bietet.

Bei Vollbelegung sollen an der Rebbergstrasse bis zu 230 Personen unterkommen, wobei der Kanton eine Regelauslastung von ungefähr 80 Prozent anstrebt. Wer genau in Wettingen unterkommen wird, ist abhängig von der Zuteilung des Bundes und erst kurz vor der Unterbringung bekannt. «Es kann sein, dass wir am Abend mitgeteilt bekommen, wer uns zugeteilt ist, und am nächsten Tag muss alles bereit sein», erklärt Monika Lindner, Leitung Betreuung Region 4 der Unterabteilung Asyl. Es sei deshalb schwierig, die Belegung genau vorherzusagen. Generell werden in Wettingen Asylsuchende untergebracht, die sich im ordentlichen Asylprozess befinden und gute Aussichten auf ein Bleiberecht haben sowie vorläufig aufgenommene Personen, die auf ihre Zuteilungen in die Gemeinden warten. Auch über den Verlauf der Auslastung können momentan keine genauen Aussagen gemacht werden. Beim Kanton rechnet man aber damit, die Soll-Belegung bis im Herbst erreicht zu haben.

Mitverantwortlich für die graduelle Steigerung der Belegung ist auch der Umstand, dass der nördliche Teil des Gebäudekomplexes noch nicht vollkommen den künftigen Bedürfnissen des Asylzentrums entspricht und gegenwärtig noch bauliche Anpassungen vorgenommen werden. «Viel mussten wir zum Glück nicht mehr machen», erklärt Monika Lindner. «Weil es im nördlichen Teil des Gebäudes einige Zimmer ohne eigenes Bad gibt, bauen wir gerade zwei Gemeinschaftsduschen mit je fünf Duschkabinen ein.»

Im Alltag eigenständig
Separate Einheiten sind ohnehin der Schlüssel für ein erfolgreiches Zusammenleben in so grosser Zahl. Die Kühlschränke in der Asylunterkunft sind mit Fächern ausgerüstet, von denen jede untergebrachte Person ihr eigenes hat. Das gleiche gilt für ein ungekühltes Lebensmittelfach. Einzig die Gefriertruhen sind nicht unterteilt.

Die getrennte Lagerung der Lebensmittel ist notwendig, weil die Familien während ihres Aufenthalts in Wettingen selbst einkaufen und für sich kochen. Um das logistisch bewältigen zu können, stehen in der Unterkunft neu 20 Kochstellen zur Verfügung, die, genau wie die übrigen Küchenutensilien, im Schichtbetrieb genutzt werden.

Unterricht vor Ort
Weil in Wettingen ab Mai insbesondere auch Kinder unterkommen werden, sind an der Rebbergstrasse 24 auch Räumlichkeiten für Einschulungsvorbereitungskurse vorgesehen. Künftig sollen Kinder vom Kindergarten- bis ins Mittelstufenalter direkt vor Ort die halbjährigen Kurse absolvieren können, die sie auf den Eintritt in die Regelschule vorbereiten.

Der Alltag der erwachsenen Bewohnerinnen und Bewohner besteht in erster Linie darin, für die Familie zu sorgen. Daneben finden Sprachkurse und Beschäftigungsprogramme statt. Intern sind das Reparaturaufträge, Maler- oder Reinigungsarbeiten. Für die Betreuung während des Tages sorgt der KSD mit insgesamt elf Personen im Schichtbetrieb.

Erfahrungswerte mit ähnlichen Einrichtungen des Kantons zeigen, dass Familienunterkünfte in der Regel ein geringes Konfliktpotenzial bergen. Insofern ist die neue Unterkunft für die Gemeinde Wettingen trotz ihrer Grösse ein Glücksfall, wie Gemeindeammann Roland Kuster anlässlich der Besichtigung am Samstag bestätigt. Zudem hofft der Gemeinderat, mit der kantonalen Asylunterkunft auf Gemeindegebiet nun sein Soll erfüllt zu haben. «Wir hoffen es und erachten es als logisch, dass mit der kantonalen Unterkunft jetzt der Druck weg ist», so Kuster. «Wir haben aber noch keine entsprechende Rückmeldung erhalten.»