«Daran kann die Gastronomie wachsen»

Traditioneller Landammann-Stammtisch im Rahmen von «Frag de Landamme»: Während seines Landammannjahres wird Markus Dieth alle elf Bezirke besuchen. Am 29. Mai ist er in Veltheim im «Bären» zu Gast. Der Gastrobranche rät er, kreativ und mutig zu sein.
Landammann Markus Dieth trifft in allen elf Aargauer Bezirken die Bevölkerung zum Stammtisch. (Bild: zVg | Megura)

Markus Dieth, während Ihres Amtsjahres als Landammann laden Sie zusammen mit Gastro Aargau, dem Verband für Hotellerie und Gastronomie im Aargau, und fünf Aargauer Unternehmen zum traditionellen Landammann-Stammtisch ein. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen aus der Region?
Wir haben uns in Lenzburg bei der Hypothekarbank Lenzburg getroffen, vor einem Monat waren wir beim Weingut Fürst in Hornussen zu Gast. In Baden, Villmergen und Rheinfelden besuche ich drei Bierbrauereien. Die Vorbereitung hat schon vor dem Landammannjahr begonnen. Dank guten Kontakten und der Unterstützung von den Firmen und von Gastro Aargau ist es uns gelungen, dass ich als Landammann jedem Bezirk einen würdigen Besuch abstatten kann.

Am 29. Mai sind Sie im Gasthof Bären in Veltheim, um sich in ungezwungener Atmosphäre mit der Bevölkerung auszutauschen. Welche Themenkreise könnten Ihrer Meinung nach am Stammtisch in Veltheim auf den Tisch kommen?
Die Variation der Fragen war bis jetzt enorm interessant und breit. Die Menschen haben sicher konkrete Fragen zu lokalen und kantonalen Themen, es ist aber ebenfalls zu spüren, dass die Menschen Sorgen und Fragen zu grösseren Themen haben. So zum Beispiel die steigenden Lebenskosten, die unsichere internationale Lage oder das Gesundheitswesen. Bis jetzt wurde aber jedes Mal gefragt, ob die Finanzen für die vielen Herausforderungen ausreichen, die auf uns zukommen.

Waren Sie schon einmal privat im «Bären» in Veltheim zum Essen?
Nein, leider noch nicht, jetzt bin ich aber froh, dass es endlich so weit ist, ich liebe Cordon bleu. (Lacht.)

Man hört, dass die gutbürgerliche Gastronomie und die traditionellen Landbeizen in der Krise steckten. Zwar werden neue Gastrokonzepte ausprobiert, einige hören damit aber rasch wieder auf. Wie beurteilen Sie die Lage der Gastronomie im Aargau?
Spannende Frage. Als Landammann ist man nicht der bekannte Fernsehmann «Bumann, der Restauranttester», hier fehlen mir gewisse Kompetenzen. (Lacht.) Die Gastronomie ist – so glaube ich – wie kaum eine Branche den Launen der Konsumentinnen und Konsumenten sowie den Trends ausgesetzt. Corona hat der Branche sicher ebenso zugesetzt.

Verantwortlich sei zudem der allgegenwärtige Fachkräftemangel, der sich in der Suche nach gut ausgebildetem Personal, aber auch in den höheren Preisen zeige. Wie sehen Sie das?
Die Gastronomie ist nicht die einzige Branche, die mit diesen Problemen konfrontiert ist. Auf allen Ebenen ist viel Kreativität gefordert, um den Betrieb am Laufen zu halten. Eine grosse Herausforderung für viele, dessen bin ich mir bewusst. Ich bin jedoch der Auffassung, dass eine Branche an solchen Aufgaben wachsen kann. Wenn plötzlich neue Ideen und Konzepte gefragt sind, weil es die Umstände auf dem Arbeitsmarkt nötig machen, wird Neues und Gutes entstehen.

Auch die Öffnungszeiten haben sich geändert – oft sind die Restaurants heute nur noch an bestimmten Wochentagen oder nur stundenweise offen.
Das ist sicher ein grosses Problem, das auf die fehlenden Fachkräfte zurückzuführen ist. Hier verstehe ich, dass Optimierungen vorgenommen werden müssen. Es ist aber auch so, dass sich das Gästeverhalten verändert hat. Man ist daran gewöhnt, zu Hause zu bleiben, bestellt schnell online oder geht in einen Take-away. Ich finde das schade, weil gerade die Gastwirtschaften wichtige Orte des Zusammenkommens sind. Diese Kultur muss wieder geweckt werden; hier sind Innovation und Anpassungsfähigkeit der Gastrobranche gefordert.

Welche Konzepte könnten für die Gastronomie funktionieren?
Meiner Meinung nach sind Qualität des Angebots und lokale Produkte, dazu viel Freundlichkeit und echte Gastfreundschaft Erfolg versprechende Komponenten. Dazu ein klares Konzept und eine schlanke Speisekarte. Lieber wenige, qualitativ gute Menüs als vieles und nur mittelmässig gut. Ich glaube, das sind immer noch die Zutaten für den Erfolg in den Restaurants.

Der Aargau ist ein Weinkanton. Mit 386 Hektaren Reben liegt er an vierter Stelle der Deutschschweizer Weingebiete. Ist der Aargau auch ein Gastrokanton?
Auf jeden Fall ist der Kanton Aargau ein Gastrokanton. Und das trotz der von Ihnen beschriebenen Schwierigkeiten. Viele Gastrobetriebe im Aargau haben eine hervorragende Küche und guten Service.

Auf den Weinkarten sind oft Aargauer Weine zu finden. Arbeiten Aargauer Gaststätten und Aargauer Winzerinnen und Winzer Ihrer Meinung nach genügend eng und gut koordiniert zusammen?
Im Aargau trinken wir Aargauer Wein. Wir bieten hier höchste Qualität. Und so überrascht es nicht, dass rund 90 Prozent des Aargauer Weins in unserem Kanton konsumiert werden. Hier spielen die Restaurants sicher eine wichtige Rolle. Zudem setzt der Kanton mit der jährlichen Staatsweinkürung ein Ausrufezeichen für den Aargauer Wein. Die Zusammenarbeit der Weinbranche mit der Gastrobranche funktioniert meines Erachtens gut. Ich frage aber in jedem Restaurant im Aargau nach Aargauer Wein, in Graubünden nach Bündner Wein.

Der «Bären» in Veltheim wurde von der Genossenschaft Bären, die 1999 gegründet wurde, wegen zurückgehender Umsätze gerettet. Seit Januar 2019 wird er von einem neuen Pächterpaar betreut. Im Namen der Geschmacksvielfalt und unter Vereinbarkeit von nationalen und internationalen Kochkünsten wird im «Bären» eine «bärenstarke Fusionsküche» angeboten. Überzeugt Sie ein solches Gastrokonzept?
Dass der «Bären» durch eine Genossenschaft langfristig gerettet werden konnte, zeigt, dass die Verantwortlichen die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Ein wirtschaftliches Überleben in der Gastrobranche hängt vom Zuspruch der Kunden ab. Dieser scheint beim «Bären» zu stimmen. Ein Blick in die Karte lässt mich Spannendes entdecken. Spontan würde ich mich für das Cordon bleu Aargau entscheiden.

Wie wichtig ist es für eine Dorfgemeinschaft, eine Beiz zu haben?
Die Dorfbeizen sind ein wichtiges Standbein in der Demokratie. Sie sind Orte der Diskussion, des Austauschs und können identitätsstiftend sein. Auch Quartierbeizen, das Café an der Ecke oder eine Bar können solche Funktionen übernehmen. Eine lebendige Demokratie lebt vom öffentlichen Austausch von Meinungen, und jeder kann in der Dorfbeiz seine Meinung frei äussern, das sind Grundwerte der Schweiz. Als Student ging ich während meiner Lernphasen zum Znüni stets in eine Dorfbeiz, und durch den Austausch mit den Gästen am Stammtisch konnte ich immer viel lernen. Zuhören und miteinander sprechen, das ist das Wesen eines Stammtischs und unserer Demokratie oder ganz einfach das zentrale Element unseres Landammann-Stammtischs.

Was möchten Sie dem «Bären» in Veltheim als Tipp für die Gegenwart und die Zukunft mit auf den Weg geben?
Wenn es läuft, darf man sich nicht ausruhen. Bleiben Sie stets für Neues und Trends offen. Reagieren, Antizipieren und Anpassen von Konzepten und Abläufen sind in der Gastrobranche wichtige Voraussetzungen. Bleiben Sie kreativ und mutig im «Bären», und führen Sie unbedingt Aargauer Wein auf der Karte.

Landammann-Stammtisch
Mittwoch, 29. Mai, 19 bis 22 Uhr
Gasthof zum Bären, Veltheim