«Es hätte noch ganz anders enden können»

Am 13. Juni forderte ein Unfall mit illegalem Feuerwerk in einer Tiefgarage zwei Todesopfer. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Am Montag 17. Juni mussten zahlreiche ausgebrannte Fahrzeuge aus der zerstörten Tiefgarage gehoben werden. (Bild: ejo)

Am Donnerstag, 13. Juni, stand in Obersiggenthal die zehnte Einwohnerratssitzung an. Kurz vor 19 Uhr hatten sich die Gemeinde- und Einwohnerräte in der Aula des Osos in Nussbaumen versammelt, um ihre Traktanden abzuhandeln. Doch dann kam alles anders: Beinah zeitgleich zum Sitzungsstart wurden der kantonalen Notrufzentrale mehrfach Explosionen in einer Tiefgarage an der Schulstrasse beim Markthof, einem Einkaufszentrum mitten im Dorf, gemeldet. Kurz danach kam es wegen fliegender, brennender Teile zu einem Brand über mehrere Stockwerke eines Wohnblocks. Bei dem «Unfall mit potentem Feuerwerk, das man nicht im Handel erwerben kann», wie die Kantonspolizei Aargau an einer Medienorientierung mitteilte, kamen ein 24-jähriger Schweizer und ein 43-jähriger Italiener ums Leben, elf Personen wurden leicht verletzt. Sie erlitten mehrheitlich Rauchvergiftungen. Diverse Gebäude mussten evakuiert werden, drei Geschäfte (Pizzeria, ein Optiker- und ein Coiffeurgeschäft) erlitten einen Totalschaden. Wegen Einsturzgefahr musste die Decke der Tiefgarage teilweise rückgebaut werden.

Explosion Tiefgarage Nussbaumen

Schrekensbilder aus Nussbaumen. Donnerstagabend kam es in einer Tiefgarage beim Markthof in Nussbaumen zu Explosionen und zu einem Brand. Mehrere Gebäude mussten evakuiert werden. (Bild: ejo)

Explosion Tiefgarage Nussbaumen

Bettina Lutz, Frau Gemeindeammann, mit dem Markthof-Plan

Explosion Tiefgarage Nussbaumen

Lorenz Füglister, Einsatzleiter der Feuerwehr Obersiggenthal

Explosion Tiefgarage Nussbaumen

Daniel Wächter, Mediensprecher Kapo, und Patric Nüssli

previous arrow
next arrow
Shadow

Vom Notruf überrascht
«Wir waren mitten in den Mitteilungen, als uns die Nachricht über diesen Notfall überraschte», sagte Bettina Lutz Güttler, Frau Gemeindeammann von Obersiggenthal, letzten Freitag nach dem schrecklichen Unglück, das umgehend schweizweit für Schlagzeilen sorgte. «Nach einer kurzen Abstimmung über die Rechnung brachen wir die Sitzung ab.» Während einige Einwohnerräte für ihren Feuerwehreinsatz den Saal rennend verliessen, begaben sich die Gemeinderäte zum Ort des Geschehens. «Niemand konnte sich das Ausmass dieses Notfalls vorstellen. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass es derart dramatisch ist. So etwas sieht man sonst nur im Fernsehen, es war schrecklich», fügte Lutz Güttler an und schüttelte fassungslos den Kopf.

Im Einsatz waren neben der Polizei diverse Feuerwehren mit über 200 Feuerwehrleuten aus der Region und der Rettungsdienst; auch das kantonale Katastrophenersteinsatzelement (Abteilung Militär- und Bevölkerungsschutz) wurde aufgeboten. Lorenz Füglister, Einsatzleiter der Feuerwehr Obersiggenthal: «Nach den Detonationen herrschte in den ersten Stunden eine sehr chaotische Phase mit Direktbetroffenen, die aus den Gebäuden rannten, und vielen Schaulustigen, die zum Teil mit Drohnen den Einsatz der Rega behinderten.» Die Tiefgarage habe die Feuerwehr wegen Einsturzgefahr von aussen gelöscht. «Es war kein Elektroauto involviert», so Füglister. Ein Teil der etwa 100 Personen, die aus den mit der Tiefgarage verbundenen Häusern evakuiert wurden, konnte bereits in der Nacht wieder in die Wohnungen zurück. Für die übrigen Personen wurde eine Anlaufstelle vor Ort eingerichtet. «Es ist tragisch, dass wir diese beiden Todesopfer haben», sagte Lutz Güttler bedauernd, «wenn man bedenkt, wie viele Menschen um 19 Uhr dort unterwegs sind – es hätte noch ganz anders enden können.»

Pyrotechnik in grossen Mengen
Nach vielen Spekulationen, wie es zu einem solchen Unfall kommen konnte, stellte die Staatsanwaltschaft am Montag fest: «Die Lage ist komplex. Abklärungen der Kriminaltechnik laufen auf Hochtouren», wird Adrian Schuler, Sprecher der Staatsanwaltschaft Aargau, von der Nachrichtenagentur SDA-Keystone zitiert. Sehr wahrscheinlich sei Pyrotechnik in einer Dimension explodiert, wie sie in der Schweiz nicht zugelassen sei. Hinweise auf militärischen Sprengstoff oder Ähnliches gibt es laut Schuler nicht. Entsprechend liege das Verfahren weiterhin bei der Staatsanwaltschaft Aargau und nicht bei der Bundesanwaltschaft. Schuler bestätigte eine Aussage, die der Einsatzleiter der Feuerwehr in einem Interview mit dem Regionalsender Tele M1 gemacht hatte, wonach die Explosion in einem geschlossenen Raum stattgefunden haben müsse. Über die Höhe des Schadens gab es zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses keine Angaben.

Am Montag geht es nach Hause
Wie Bettina Lutz Güttler gegenüber der «Rundschau» erklärt, «haben wir alle 21 Personen, die nicht in ihre Wohnungen zurückkehren konnten, in verschiedenen Hotels, Bed and Breakfast, Jugendherbergen und im freistehenden katholischen Pfarrhaus unterbringen können.» Nach Aussage der Verwaltung sollten alle am kommenden Montag wieder zurückkehren können. Die notwendigen Reinigungsarbeiten sind im Gange. «Die dringendsten Aufgaben sind für die Gemeinde damit aktuell erledigt. Wir werden uns aber sicher noch einige Zeit mit Detailfragen beschäftigen müssen», so Lutz Güttler.

Der Termin für die nächste Einwohnerratssitzung steht fest. Diese findet am Donnerstag, 27. Juni, um 19 Uhr in der Aula des Osos statt. «Die Schulraumplanung und den Kredit Kirchweg/Landschreiber müssen wir vorantreiben. Für den Kredit ist zudem eine Volksabstimmung nötig.»

Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
Explosion Tiefgarage Nussbaumen
previous arrow
next arrow
Shadow