«Wir haben einfach die besten Leute»

Aargauer Unternehmenspreis 2024: Die Schreinerei Spicher AG wurde in zwei Kategorien ausgezeichnet. Der Geschäftsführer Samuel Blaser freut sich über diese Anerkennung.
2019 übernahm Samuel Blaser die Schreinerei Spicher von seinem Vorgänger Markus Spicher. (Bild: zVg)

Die Aargauische Kantonalbank (AKB) vergibt zusammen mit dem Aargauischen Gewerbeverband (AGV) seit 17 Jahren den Aargauer Unternehmenspreis. Dieses Jahr wurde die Schreinerei Spicher AG als bestes regionales Aargauer Unternehmen ausgezeichnet. Zudem wurde der Brugger Schreinerei mittels Saalvoting der Publikumspreis zugesprochen. Das Team um Inhaber und Geschäftsführer Samuel Blaser ist spezialisiert auf kundenspezifische Küchen, Möbel und Innenausbauten. Die Jury begründete die Preisvergabe mit der klaren Strategie, die das Unternehmen verfolgt, der regionalen Wertschöpfung, einer erfolgreich umgesetzten Nachfolgeregelung sowie einer ausgeprägten Kundentreue dank hohem Qualitäts-
anspruch. Alles Aspekte, an denen Blaser mit seinem Team in den vergangenen fünfeinhalb Jahren hart gearbeitet hat. Im Jahr 2019 übernahm der damals 27-Jährige das Unternehmen von seinem Vorgänger Markus Spicher.

Ein grosser Schritt mit 27 Jahren.
Ich weiss nicht, ob ich so etwas einem anderen 27-Jährigen empfehlen würde. Es ist eine extreme Veränderung, die das Leben komplett auf den Kopf stellt. Ich wusste aber, so eine Chance kommt nie mehr im Leben. Dann muss man sich einfach entscheiden. Schliesslich funktioniert das Leben nicht so, dass man es sich auswählen kann. Aber im Nachhinein betrachtet: Hätte ich wünschen können, hätte ich es vielleicht erst mit 30 gemacht.

Was haben Sie in den vergangenen fünfeinhalb Jahren seit der Übernahme gemacht?
Wir hatten einen grossen Investitionsstau und mussten beinahe alle Unternehmensbereiche auf Vordermann bringen. Wir sind in einer hart umkämpften Branche, man muss immer am Ball bleiben. Aber mit einem guten Team und der richtigen Strategie ist es nach wie vor eine interessante Branche mit Zukunft.

Die Strategie ist ein Punkt, den die Jury besonders hervorgehoben hat. Was ist für Sie die richtige Strategie?
Wir haben die Strategie von meinem Vorgänger übernommen und den Gegebenheiten der heutigen Zeit angepasst. Grundsätzlich sind wir sehr nah an den Kunden und legen grossen Wert auf eine Dienstleistung, die von A bis Z funktioniert. Von der Beratung über die Herstellung, das Produkt bis zur Endabnahme kann der Kunde eine gute Arbeit erwarten. Das wollen wir weiter so leben.

Nebst Eigenkreationen vertreiben Sie Produkte anderer Marken.
Genau. Ein wichtiger Vertreter dieser Produktgruppe ist zum Beispiel Hüsler Nest. Mit diesen zusätzlichen Marken runden wir unser Sortiment ab, damit wir im Innenausbau über Küchen, Möbel, Leuchten und Bodenbeläge alles anbieten können.

Wie können Sie in einem hart umkämpften Markt neben Billiganbietern wie Ikea überleben?
All diese günstigen Anbieter haben durchaus ihre Berechtigung. Viele Kunden, gerade unter 30-Jährige, sind froh, gibt es Hersteller wie Ikea. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt ja. Nur halten solche Möbel nicht lang, und die Leute wissen das. Viele Kunden, die ab etwa 35 Jahren zu uns kommen, haben langsam genug von solchen Möbeln und wissen den Wert einer qualitativ hochstehenden und individuell angepassten Arbeit zu schätzen.

Und der Preis?
Sie sind bereit, einen höheren Preis zu bezahlen. Wozu sie aber nicht bereit sind, sind Kompromisse. Wenn man sich für den Traumtisch oder das handgefertigte Sideboard entscheidet, möchte man es genau nach den eigenen Vorstellungen haben. Das ist unser Glück, dass wir an keine Normen gebunden sind und alles realisieren können.

Durch diese Flexibilität können Sie sich also von Akteuren wie Möbel Pfister abheben?
Durchaus. Der klassische Fachhandel kommt dort an seine Grenzen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass viele dieser Hersteller stark gelitten haben und es in der Schweizer Möbelbauindustrie zu vielen Konkursen gekommen ist. Teilweise, weil diese Produzenten zu unflexibel und zu wenig nah am Kunden waren.

Dennoch, wie können Sie kundenspezifische Möbel zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten?
Wir haben rund 150 Standardprodukte in unserer Möbelkollektion, die von uns entwickelt wurden. Der grösste Teil unserer Verkäufe bewegt sich innerhalb dieser Standards, einfach mit spezifischen Massen. Das ist kein Problem, weil wir keine Details neu erfinden müssen. Die verschiedenen Modelle sind schon variabel aufgebaut, auch vonseiten der Produktion. Es ist zwar stets eine Einzelanfertigung, aber wir können so ein Produkt mit einem geringeren Planungs- und Produktionsaufwand bauen, als wenn wir von Grund auf etwas Neues entwickeln. Das machen wir auch, wobei wir uns dann in einem leicht höheren Preissegment befinden.

Das klingt nach viel Handarbeit und wenig Automation.
Im Massivholzbereich produzieren wir überwiegend konventionell, also nicht voll automatisiert. Wir kaufen das Rohmaterial als Klotzbrett ein. Das sind unbesäumte, massive Bretter mit Baumkante. In dieser Form haben wir alle europäischen Hölzer auf Lager, Kunden können dort direkt auswählen. Ausgehend von diesen Brettern machen wir die Zuschnitte, bearbeiten die Oberflächen und setzen das Möbel zusammen. Das ist viel Handarbeit. Selbstverständlich haben wir, wie jede moderne Schreinerei, eine computergestützte CNC-Maschine. Sie kommt aber hauptsächlich im Küchen- und Schrankbau zum Einsatz.

Linolküche im Haus Kaiser in Ebmatingen, Architektur: Julia Koch Architektin GmbH . (Bild: zVg | Karin Gauch, Fabien Schwartz)

Dem ist zu entnehmen, dass Sie Ihren Mitarbeitenden interessante Arbeitsplätze bieten können.
Ja, das ist speziell bei uns. Jeder Schreiner verantwortet sein Projekt von Anfang bis zum Ende selbst. Viele andere Betriebe in unserer Grösse spezialisieren das Personal. Also ein Mitarbeiter macht nur den Zuschnitt, ein anderer bedient die CNC-Maschine und so weiter. Wir haben das bewusst nicht so gewählt, weil die Identifikation mit dem Beruf und dem Handwerk viel grösser ist, wenn Mitarbeiter das gesamte Leistungsspektrum zeigen können. Das trägt dazu bei, dass wir einfach die besten Leute haben.

Ist es für Sie schwierig, neue Mitarbeiter zu finden?
Es ist eine Herausforderung, weil der Markt sehr ausgetrocknet ist. Aber Fachkräfte, die das suchen, was wir bieten, kommen gern zu uns. In Sachen Personal planen wir immer weit im Voraus. So können wir durch Kontakte oder zurückbehaltene Spontanbewerbungen früh genug reagieren, wenn sich ein Wechsel abzeichnet.

Wie hoch ist bei Ihnen die Fluktuation?
Im Schnitt sind alle ungefähr seit 15 Jahren dabei. Kürzlich hatten wir eine Feier zu Ehren des dienstältesten Mitarbeiters, der sein 30-Jahr-Jubiläum feierte. Wir haben wenig Fluktuation, aber bei 30 Angestellten kommt es pro Jahr etwa zu einem Wechsel.

Was bedeutet der Unternehmerpreis für Sie? Es ist eine Ehre und eine Anerkennung für uns. Wir konnten in den letzten Jahrzehnten viele Stammkunden gewinnen. Über deren Empfehlung bekommen wir neue Kunden hinzu. Da ist es wichtig, dass wir einen guten Ruf weit über die Region hinaus haben.