Den Hörer einfach auflegen

Telefonbetrug wird immer raffinierter. – Der Film «Die Enkeltrickbetrüger» leistet einen wichtigen Beitrag zur Prävention und zog in Brugg und Baden viele Interessierte in den Bann.
Fachleute wie Patrik Marty von der Kantonspolizei Aargau oder Monica Pfyl Kikels von der Pro-Senectute-Beratungsstelle Brugg raten: «Frieda, Bertha, Martha, Arthur, Kurt oder Hugo: Menschen mit Vornamen, die nach einem älteren Jahrgang klingen, sollten ihre Einträge im elektronischen Telefonbuch löschen». (Bild: cf)

Als sie noch berufstätig war, arbeitete Therese unter anderem im Strafvollzug. Somit wusste sie sehr wohl um kriminelle Machenschaften. Trotzdem wurde sie ein Opfer von Telefonbetrug. «Ich muss mich dafür nicht schämen», sagt sie im Film «Die Enkeltrickbetrüger» und mahnt: «Ich möchte einfach allen raten: Passt auf!»

Telefonterror
Bei einem Schockanruf gaben sich die Betrügerinnen und Betrüger gegenüber Therese als Staatsanwaltschaft aus. Sie baten die Pensionierte, bei der Überführung eines Maulwurfs, der in einem grossen Elektronikfachgeschäft tätig sei, mitzuhelfen. Die Täterschaft hatte vorgängig ausfindig machen können, dass Therese jüngst in diesem Fachgeschäft ein Fernsehgerät erworben hatte. Also klang die ihr aufgetischte Geschichte real. Ähnlich aufs Kreuz gelegt wurde Marlies. «Ich war vom Schockanruf derart betroffen, dass ich nicht mehr ich selbst war. Die Methoden der Manipulation sind unheimlich», gesteht sie im Film. Wie unheimlich, zeigt «Die Enkeltrickbetrüger» anschaulich. Der Film wurde realisiert von Izzy Projects. Izzy ist ein preisgekröntes Team, bestehend aus einer Journalistin und vier Journalisten, das erfolgreich Geschichten für verschiedene digitale Medien produziert. «Die Maschen der Betrüger sind extrem perfid und die Täter sehr gut organisiert», stellte Cedric Schild von Izzy nach einem Jahr Recherche fest.

Deshalb funktioniert es
Die Filmvorführungen im Kino Trafo in Baden und im Kino Odeon in Brugg wurden in Zusammenarbeit mit den lokalen Pro-Senectute-Beratungsstellen organisiert. In Brugg kamen rund 90 Interessierte ins Odeon. Im Anschluss an den Film fasste Patrik Marty – er leitet bei der Kantonspolizei Aargau die Beratungsstelle Kriminalprävention (Telefon 062 835 80 90) – die wichtigsten Erkenntnisse zum Thema zusammen und stellte sich den Fragen der Anwesenden. Zudem verwies er auf einen Flyer, dessen Inhalte sich auch auf schockanrufe.ch finden, der Website der schweizerischen Kriminalprävention. Eine der zentralen Aussagen: Bei einem Schockanruf werden Betroffene mit einer erfundenen, aber glaubwürdig klingenden Nachricht konfrontiert. Zumeist wird behauptet, dass ein Familienmitglied in einer Notlage oder Gefahr sei, die mit Geld oder Wertsachen abgewendet werden könne. Dabei geben sich die Anrufenden als Chefarzt, Anwalt oder sogar als Polizei aus – alles sogenannte Autoritäten, welche die Opfer einschüchtern. Dank Informationen aus der Social-Media-Welt – zum Beispiel einem Post der jüngsten Rundreise mit dem Wohnmobil – verfügen die Betrügerinnen und Betrüger über persönliche Informationen ihrer Opfer; mithilfe von künstlicher Intelligenz ist es überdies möglich, Stimmen täuschend echt nachzuahmen, weshalb sie in der Aufregung kaum von den echten Stimmen zu unterscheiden sind.

Legen Sie einfach auf
Nochmals zurück zu Therese im Film. Nach dem Schockanruf und der Übergabe von mehreren Tausend Franken kam sie nach Hause. «Ich bin abgesessen, und nach zwei Minuten war mir klar, dass alles ein Fake war.» Eigentlich hätte dieses traumatisierende Erlebnis einfach verhindert werden können. «Wenn Sie befürchten, gerade einen Schockanruf zu erhalten, brechen Sie das Gespräch sofort ab und legen Sie einfach auf», so die Fachleute auf schockanrufe.ch. Weiter raten sie: «Rufen Sie dann das angeblich betroffene Familienmitglied an oder, wenn es im Moment nicht erreichbar ist, eine andere Person Ihres Vertrauens.» ­Polizist Patrik Marty motivierte obendrein: «Viele ältere Menschen haben noch Anstand und lassen sich aus Höflichkeit auf ein Telefongespräch ein. Deshalb haben Sie ja kein schlechtes Gewissen, wenn etwas passiert ist, sondern melden Sie sich via 117 bei der Polizei.»