«So kann es nicht weitergehen!»

Problem Drogenszene Brugg – zwei Kurzreferate, ein Podium und viele Fragen und Bemerkungen aus dem Publikum: Die Dringlichkeit des Problems ist evident.
Der Bahnhof Brugg wird im Zusammenhang mit den Problemen der Drogenszene immer wieder thematisiert. (Bild: cd)

In letzter Zeit wurde die Drogenszene rund um den Bahnhof Brugg immer wieder thematisiert, in den Medien, von Politikern, von Personen, die in ihrem Alltag auf die entsprechenden Örtlichkeiten stossen. Das veranlasste die FDP des Bezirks Brugg, eine öffentliche Veranstaltung unter dem Titel «Was können wir gegen die Drogenszene in Brugg und Windisch unternehmen?» zu organisieren. Trotz Fussballübertragung und sommerlichen Abendtemperaturen fanden sich wohl gegen 100 Personen ein – ein weiterer Hinweis auf die Aktualität der Thematik.

«Macht endlich etwas!»
Die Moderation des Abends oblag der Apothekerin Martina Sigg. In einleitenden Worten verwies sie noch einmal auf die vielen Schlagzeilen mit den Stichwörtern Sicherheit, Kriminalität, Drogen-Hotspots. Überall hiess es: «Macht endlich etwas!» Sigg betonte aber, das sei eines der schwierigsten Dossiers, das die Politik und die verschiedenen involvierten Personenkreise – Suchtkranke, Polizei, Fachpersonen der medizinischen Prävention, Behörden, Bürgerinnen und Bürger – zu behandeln hätten; schnelle, einfache Lösungen gebe es nicht.

Vier Stossrichtungen
Kathrin Sommerhalder von der Fachstelle Sucht des Kantons Aargau zeigte anhand verschiedener Grafiken auf, wie der Konsum illegaler Substanzen in den letzten paar Jahren markant zugenommen hat. Das betrifft in erster Linie die Drogen Kokain und Crack, während Heroin als Droge offenbar an Bedeutung verliert. Die erwähnte Zunahme ist nicht nur in den grossen Zentren zu beobachten; sie betrifft ebenso die peripher gelegenen Plätze wie Aarau, Lenzburg oder eben Brugg und Windisch. Der Kanton sei sich der Problematik durchaus bewusst, und es werde intensiv an Lösungsansätzen gearbeitet. Dabei würden vier Wirkungsfelder unterschieden: Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression. In den beiden letztgenannten Bereichen bestünden aber noch erhebliche Lücken.

Kathrin Sommerhalder, Fachstelle Sucht des Kantons Aargau, Co-Leiterin der Sektion Gesundheitsförderung und Prävention. (Bild: pbe)

Im geschützten Raum
In ihrem Kurzreferat widmete sich Nora Weller eingehend den Kontakt- und Anlaufstellen für Suchtkranke. Als leitende Ärztin im Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen an den PDAG verwies sie auf die Problematik von repressiven Massnahmen (Wegweisungen, Platzverbote, Verhaftungen), die meist zu einer Verschiebung der Szene führen und das Problem selbst in keiner Weise lösen. Dagegen stellte sie das Modell von Kontakt- und Anlaufstellen für Drogenkranke vor, wie es in grösseren Zentren bereits umgesetzt ist, im Aargau aber noch nicht besteht. In solchen Räumen können Suchtkranke ihre (mitgebrachten) Drogen in geschützter Umgebung konsumieren. Vertrauenspersonen stehen zur Verfügung und helfen, die psychische und physische Gesundheit der Betroffenen zu stabilisieren oder gar zu verbessern. Die Klienten werden nicht zur Abstinenz verpflichtet, und ihre Anonymität ist gewährleistet. Positiv anzumerken sind die Verhinderung von Infektionskrankheiten, eine medizinische Versorgung und eine mögliche Notfallintervention. Im Weiteren wird der Drogenkonsum so von der Öffentlichkeit ferngehalten. Allerdings ist damit keine Reduktion der Anzahl drogenkranker Personen zu erwarten, und auch das Dealen mit Drogen wird so nicht bekämpft.

Komplexe Problematik
Im Podiumsgespräch verwies Hans-Jürg Neuenschwander, Geschäftsführer Suchthilfe AGS, auf die Komplexität des Problems, indem suchtkranke Menschen oft zudem psychisch krank oder instabil sind. So benötigen sie medizinische, psychologische und soziale Unterstützung. Der Kanton müsse das Augenmerk keineswegs nur auf Brugg/Windisch richten, das könnte sonst zu einer Konzentration der Klienten in Brugg führen. Auch Kathrin Sommerhalder betonte die Vielschichtigkeit des Dossiers; es handle sich um eine Verbundaufgabe, bei der alle Stellen zusammenwirken müssten.

Genau das werde in der Arbeitsgruppe Sicherheit angestrebt, merkte Stadtrat Reto Wettstein an. Hier sind Repräsentanten verschiedenster Stellen vertreten. Dieses Modell nannte Wettstein einen Steilpass an den Kanton, und er sagte mit Verweis auf den Ist-Zustand: «So kann es nicht weitergehen!» Die Windischer Gemeinderätin Anita Bruderer hob die Zusammenarbeit von Brugg und Windisch in dieser Sache hervor. Was die oben erwähnten Kontaktstellen betrifft, deren Umsetzung noch längere Zeit beanspruchen dürfte, plädierte sie für eine Zwischenlösung, ohne hier konkreter zu werden.

Man sollte …
Sodann stand die Frage im Raum, weshalb ausgerechnet Brugg/Windisch zu einem Drogen-Hotspot geworden ist. Dazu Neuenschwander: «Brugg ist ein Verkehrsknotenpunkt. Es ist leicht erreichbar, auch für Personen aus angrenzenden Kantonen. Und im Campus kommen die unterschiedlichsten jungen Menschen zusammen, was für Dealer attraktiv sein kann. Brugg ist ganz einfach allzu attraktiv.»

Eine Votantin brachte den Abend auf den Punkt: «Das Problem ist erkannt, Lösungen haben andere Kantone vorgemacht. Man sollte also am besten schon heute mit der Umsetzung beginnen.» Die Podiumsteilnehmenden lächelten: die Zuständigkeiten, die politischen Mehrheiten, das Geld …

Eher banale Schlussbemerkung als Konsens: Es braucht eine Lösung!