Lebendiges historisches Erbe

Das Museum für Feuerwehr, Handwerk und Landwirtschaft in Endingen gibt anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums Einblicke in Traditionelles.
Ruedi Birri bei der Weizenernte mit dem Bindemäher. (Bild: sim)

Letzten Mittwoch, 17. Juli, traf sich um 14 Uhr eine kleine Schar Schaulustige bei einem Weizenfeld zwischen Endingen und Lengnau. Dort machte sich der Landwirt Ruedi Birri gerade daran, seinen motorisierten Bindemäher für die Weizenernte in Stellung zu bringen. Die Landwirtschaftsgeräte, die erst von Pferden oder Ochsen gezogen wurden, später meist von Traktoren, ersetzten einst die Weizenernte mit Sensen und Sicheln. «Hier in der Gegend wurde Weizen noch bis vor rund 60 Jahren mit Bindemähern geerntet», weiss Richard Keller, Vizepräsident des Trägervereins des Aargauer Museums für Feuerwehr, Handwerk und Landwirtschaft.

Die nachmittägliche Versammlung auf dem Weizenfeld hat ebenfalls mit dem Endinger Museum zu tun. Dieses feiert – genau wie der zugehörige Trägerverein – dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen (die «Rundschau» berichtete). Am Samstag, 7. September, sind alle eingeladen, das Jubiläum im Schöntal in Endingen gemeinsam zu feiern. Neben kulinarischen Genüssen und musikalischer Unterhaltung werden den Besuchenden im Rahmen der Feierlichkeiten auch kulturhistorische Einblicke geboten. Dazu dient der Weizen der Sorte Montalbano, der letzte Woche traditionell geerntet wurde.

Während der Jubiläumsfeier werden die Gäste die Möglichkeit haben, hautnah zu erleben, wie der «Jubiläumsweizen» mithilfe einer historischen Dreschmaschine von der Spreu getrennt wird. Danach wird der Weizen in einer Mühle gemahlen, das Mehl anschliessend zu leckeren Butterzöpfen verarbeitet und direkt vor Ort gebacken. Damit bleibt das Museum auch anlässlich der Jubiläumsfeier seinen Grundwerten treu. Ziel des Endinger Museums ist es nämlich, anhand zahlreicher historischer Geräte und Objekte aufzuzeigen, wie die Feuerwehr früher ihre Einsätze bewältigte und wie beim Handwerk und in der Landwirtschaft früher gearbeitet wurde. «Bei uns im Museum gibt es Utensilien von rund 50 verschiedenen Berufen zu bestaunen», erklärt Richard Keller stolz.

Gepflanzt wurde der «Jubiläumsweizen» letztes Jahr im Oktober von Oskar Umbricht. Dieser gedieh prächtig, sodass Ruedi Birri aus Zeihen ihn nun mit einem historischen Bindemäher ernten konnte, auch wenn der Weizen am Stichtag noch etwas zu feucht war. Die Garben werden anschliessend auf dem Feld zum Trocknen aufgestellt.

Aus der Zeit gefallen
Bindemäher sind längst durch moderne Mähdrescher ersetzt worden, und Garben sind – zumindest hierzulande – seit Jahrzehnten nicht mehr auf den Feldern zu sehen. Heutzutage werden für die Weizenernte in der Regel riesige, moderne Mähdrescher eingesetzt. Diese sind um ein Vielfaches effizienter als die einachsigen Bindemäher, wie sie in den 1950er- und 1960er-Jahren regelmässig eingesetzt wurden und wie ihn Ruedi Birri an diesem Nachmittag bedient.

Handwerkliches Geschick
Bei der Ernte wird deutlich, dass trotz des maschinellen Einsatzes noch viel handwerkliches Geschick und Muskelkraft nötig sind. Ruedi Birri muss die Weizenbündel immer wieder von Hand aus der Maschine ziehen. Das Steuern der schwerfälligen Maschine erfordert sowohl Fingerspitzengefühl als auch kräftige Arme und schnelle Reaktionen.

Der Bindemäher spuckt die Bündel mit dem Weizen aus. Die Helfenden und die Mitglieder des OK für das Jubiläumsfest sammeln die Garben ein und stellen jeweils vier davon sorgfältig auf, wobei eine fünfte Garbe als Schutz vor Regen oder Feuchtigkeit auf jedes der Konstrukte gelegt wird. Diese sogenannten Puppen lagerten einige Tage auf dem Feld, bevor sie eingesammelt und im Stall von Oskar Umbricht eingelagert wurden. Insgesamt rund 100 solcher Puppen werden für das Jubiläumsfest benötigt.

Anlässlich der Feierlichkeiten wird der Weizen dann mit einer historischen Dreschmaschine weiterverarbeitet. Der gewonnene Weizen wird in eine Mühle zum Mahlen gebracht und das Stroh in einem Stall ausgestreut, da die Strohindustrie und insbesondere die Strohflechterei heute nicht mehr existiert.

Daneben bietet die Jubiläumsfeier Attraktionen für alle Altersstufen. Ein besonderes Highlight für viele Kinder und wohl auch einige Erwachsene wird der Auftritt des Aargauischen Schiffsmodellbau-Klubs sein, der auf dem Teich im Garten des Museums seine Modellboote zu Wasser lassen wird.

Weitere Informationen zu den ­Jubiläumsfeierlichkeiten sind unter afhm.ch zu finden.