Werte geben Orientierung

Die allgemeine Verbindlichkeit von Wertvorstellungen nimmt schleichend ab. Umso wichtiger ist es, sich über die eigenen Werte klar zu werden.
Mit ihrer Festansprache überzeugte die Grossratspräsidentin Mirjam Kosch das Publikum. (Bild: pg)

Als nach dem Konzert der Harmonie Wettingen-Kloster die Festbesucherinnen und -besucher mit dem Risotto verköstigt waren – von den Wettinger Chuchimanne zubereitet und von der Gemeinde offeriert –, kündigte die Tambourenvereinigung Wettingen und Umgebung die Festansprache der Aargauer Grossratspräsidentin Mirjam Kosch an.

In seiner Begrüssungsansprache, in der Gemeindeammann Roland Kuster neben der Grossratspräsidentin Mirjam Kosch die in grosser Zahl erschienene Bevölkerung, einige Grossrätinnen und Grossräte, Mitglieder des Gemeinderats und des Einwohnerrats sowie alt Gemeindeammann und Ehrenbürger Karl Frey willkommen hiess, stellte er fest: «In Europa herrscht noch immer Krieg, und an den Grundwerten Freiheit und Demokratie wird gezeuselt und mit dem Feuer gespielt. Menschen suchen Schutz an sicheren Orten, auch in Wettingen. Wir alle sind gefordert, die anstehenden Fragen gemeinsam zu lösen.» Kuster erinnerte an die Absichtserklärung der Urväter und rief dazu auf, das Privileg der Mitbestimmung, um das wir im Ausland durchaus beneidet werden, bei Wahlen und Abstimmungen wahrzunehmen. Er erinnerte ausserdem an Werte wie die soziale Sicherheit und die Rechtsstaatlichkeit – Errungenschaften, die es zu erhalten gelte.

Fundamente des Zusammen­lebens
Gemäss der Tradition stand danach die Festansprache der Grossratspräsidentin Mirjam Kosch im Zentrum der Bundesfeier. «Welche Werte sind Ihnen wichtig, und was macht die Schweiz aus? Sind es die Schokolade und der Käse, oder sind es Werte wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit, die das Fundament für das Zusammenleben innerhalb von Familien und Gesellschaft bilden und an denen wir uns orientieren und Halt finden. Auch Freiheit ist längst nicht überall selbstverständlich, und ich bin nicht sicher, ob bei uns Freiheit und Demokratie in die richtige Richtung gehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit den vom Gemeindeammann aufgezeigten Möglichkeiten dafür einsetzen, zumal die Ukraine für Freiheit und Demokratie in Europa kämpft. Wir beobachten aber ausserdem, dass politische Exponenten den Rechtsrahmen sprengen wollen. Dadurch geraten konstruktive Diskussionen und Debatten in den Hintergrund», so die engagierte Politikerin, die ihr Präsidialjahr als sinnvollstes Amt in ihrer bisherigen politischen Tätigkeit bezeichnet.

Gesellschaftliches Engagement
Mit markigen Worten verurteilte sie die Angriffe auf Politikerinnen und Politiker. Das habe mitunter zur Folge, dass sich fähige Leute zweimal überlegten, ob sie sich für ein politisches Amt zur Verfügung stellen wollten. «Nicht nur in der Politik, nein, auch in der Gesellschaft, in Institutionen und in Vereinen besteht für alle die Möglichkeit, sich einzubringen, ohne politisch aktiv zu sein. Tauschen Sie sich nicht nur mit Gleichgesinnten, sondern ebenso mit Andersdenkenden aus. Nehmen Sie die Ängste und Befürchtungen anderer Menschen ernst», so Kosch, die auch Positives zu vermelden hatte. Studien hätten gezeigt, dass die Selbstwirksamkeit Politikerinnen glücklicher mache, wüssten sie doch, wie Entscheide zustande gekommen seien. Sie rief ebenfalls dazu auf, sich an Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen. «Am 20. Oktober haben Sie Gelegenheit, ihre Vertreterin oder ihren Vertreter im Grossen Rat zu bestimmen.» Beschlossen wurde die würdige Bundesfeier mit Applaus und Blumen für die Festrednerin, um dann in die Nationalhymne einzustimmen.