Die Igelstation sucht Unterstützung

Umiken verfügt neu über eine Igelstation. Dort werden kranke, geschwächte und verletzte Igel medizinisch versorgt und gesund gepflegt.
Annika Fries (links) und Franziska Huber. Das Bild wurde tagsüber gemacht. Alle Igelpatienten schliefen, nur ein Igel kam neugierig aus seinem Schlafhaus. Annika Fries hält einen Holzigel in den Händen. (Bild: isp)

Seit November vergangenen Jahres hat die Region Brugg eine Igelstation mit sechs bis zehn Behandlungsplätzen. «Wir haben einen Verein gegründet und uns auf die professionelle Pflege und medizinische Versorgung des einheimischen Igels spezialisiert. Igelstationen werden ehrenamtlich betrieben und staatlich nicht unterstützt. Uns kann man auch erreichen, wenn man generell Hilfe benötigt oder Fragen in Sachen Igel hat», berichtet Annika Fries. «Seit diesem Jahr stehen Igel (leider) auf der roten Liste, sind also gefährdet und vom Aussterben bedroht.» Neben Annika Fries sind im Team der Igelstation Franziska Huber, Silvia Rechberger, Tanja Patané und Renate Riva. Sie alle haben langjährige Erfahrungen in Sachen Igelbetreuung und arbeiteten bereits in anderen Stationen. Neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter sind stets gern gesehen.

Kunststoffwannen auf Rollen, um flexibel zu arbeiten
Im Dachzimmer des Einfamilienhauses wurde eine Igelstation mit Behandlungstisch, Mikroskop, Inkubator und entsprechender Infrastruktur, ähnlich einem Tierspital, eingerichtet. Es gibt sogar eine Klimaanlage. Vom Veterinäramt gibt es klare Vorgaben sowie straffe Vorschriften, und vorab musste ein Gesuch eingereicht werden, um überhaupt eine Station betreiben zu dürfen. Privatpersonen ist es nicht erlaubt, geschützte Wildtiere zu haben. «Es ist sogar strafbar», ergänzt Franziska Huber. Zudem muss das Team regelmässig Weiterbildungen und Kurse besuchen. In den Kunststoffwannen auf Rollen sind die Vierbeiner temporär einquartiert. Mit Zeitungen und einem kleinen Häuschen als Rückzugsort wird so bestmögliche Hygiene garantiert. Die Igel bleiben während weniger Wochen oder bei schweren Erkrankungen selten auch länger in Pflege. 

Engmaschige Zusammenarbeit mit dem Tierarzt
«Wenn ein Anruf eingeht, klären wir ab, welche Hilfe gefordert ist und was die nächsten Schritte sind», erzählt Franziska Huber. Wird ein verletzter Igel eingeliefert, wird eine Erstversorgung durchgeführt und mit dem Tierarzt das weitere Vorgehen besprochen. Bei kranken und abgemagerten Igeln wird anhand von Kotproben eruiert, was dem Tier genau fehlt. Da Igel Insektenfresser sind, diese aber nicht ausreichend vorhanden sind, muss er auf Schnecken ausweichen. Diese stehen eigentlich nicht auf seinem Speiseplan, aber in der Not frisst er sie. Leider verursachen Schnecken Lungenwürmer, was dem Igel stark zusetzt. Medikamente verschaffen Abhilfe. Zahlreichen Igeln konnte so geholfen werden, für (zu) viele kam leider jede Hilfe zu spät.

Marlon wurde am 4. August (298 g) tagaktiv aufgegriffen und zur Station gebracht. Er müsste mindestens doppelt so schwer sein, wenn nicht sogar schwerer. Aufgrund von Darmparasiten hatte er so starke Bauchschmerzen, dass er mit den Zähnen knirschte. Dieser Igelteenager hatte vermutlich seit seiner ­Geburt nie einen vollen Magen und wäre beinahe verhungert. Marlon nimmt zu, aber er ist noch nicht über den Berg. (Bild: zVg | Tanja Patané)

Nachtaktive Säugetiere
Die putzigen, kleinen, nachtaktiven Säugetiere sind in Europa vom Aussterben bedroht. Der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) hat eine beeindruckende Evolutionsgeschichte hinter sich. Seit etwa 60 Millionen Jahren bewohnen seine Vorfahren unseren Planeten. Vor etwa 15 Millionen Jahren nahm der Igel seine heutige Form an. Er musste sich über Jahrmillionen den menschengemachten Umweltbedingungen anpassen. Ursprünglich war er in dichten Wäldern beheimatet, doch diese hat der Mensch gerodet, natürliche Verstecke wie Büsche und Hecken verschwanden, und der Igel war gezwungen, neue Lebensräume zu suchen. Deshalb zog der Igel in unsere Vorgärten.

Gärten und Parkanlagen als Zuhause
Igel besitzen bis zu 8000 Stacheln und können sich, um sich vor Feinden zu schützen, blitzschnell einrollen. Von der Schnauze bis zum kurzen Stummelschwänzchen messen sie zwischen 22 und 30 Zentimeter, sie wiegen bis zu zwei Kilogramm. Igel sind Kulturfolger und leben in heckenreichen Gebieten sowie im Gestrüpp und im Unterholz. Die natürlichen Feinde des Igels sind Eulen, Dachse sowie der Mensch. Schon ein ungefähr zwölf mal zwölf Zentimeter grosser Durchschlupf im Zaun reicht aus, um Igeln den Zugang zum Garten zu ermöglichen. Diese Durchschlüpfe braucht er, da er auf der Suche nach Nahrung fünf bis zehn Kilometer pro Nacht zurücklegt. Die Vierbeiner verkriechen sich tagsüber gern in Asthaufen, unter Büschen, in Laubhaufen, denn dort können sie ungestört schlummern.

Einem Igel eine Bleibe im ­eigenen Garten geben
Wer einen Garten besitzt und bereit ist, einem stacheligen Freund ein neues Zuhause zu geben und ihm so einen Neustart zu ermöglichen, kann sich mit der Igelstation in Umiken in Verbindung setzen. Die Igelnothilfe ist auf der Suche nach liebevollen und sicheren Auswilderungsplätzen für ihre Schützlinge, die nach ihrer Genesung nicht an ihren Fundort zurückkehren können. «Ideale Bedingungen umfassen eine naturnahe Umgebung, die Bereitschaft, den Igel auch nach seiner Freilassung zu unterstützen und zuzufüttern. Von Vorteil ist eine Nachbarschaft mit möglichst wenigen typischen Gefahren wie dichtem Verkehr, ungesichertem Schwimmbecken und rücksichtslosen Nachbarn, die Rasentrimmer einsetzen, ohne das Areal vorher zu kontrollieren. Zudem sollten Mähroboter nie unbeaufsichtigt oder gar während der Dämmerung oder der Nacht eingesetzt werden», ergänzt Annika Fries.

Was kann man tun, um Igeln zu helfen
Igel sind reine Fleisch- beziehungsweise Insektenfresser, gern bedienen sie sich auch an Aas. Aufgrund des Insektensterbens findet der Igel nicht mehr genügend artgerechte Nahrung. Man kann frisches Wasser in flachen Schalen zur Verfügung stellen. Sinnvoll ist, Hecken aus einheimischen Sträuchern zu pflanzen, um den Igeln einen Rückzugsort zum Schlafen zu geben und wo sie ungestört ihre Jungen zur Welt bringen können. Steingärten und englische Rasen sind ungeeignet für den Igellebensraum. Gut wäre ausserdem, wenn man eine vielfältige und bunt blühende Wiese wachsen liesse, denn darin findet der Igel in der Nacht seine lebenswichtige Nahrung. Des Weiteren sind Laubhaufen, Hecken und ungemähte Ecken ideale Verstecke. Trifft man auf einen hilfsbedürftigen Igel, der verletzt, unterernährt oder krank ist, tritt man am besten direkt mit einer Igelstation in Verbindung.