Trachten, Tradition und Alphorn

Die Untersiggenthalerin Theres Eichenberger-Walde zählt zu den erfahrensten Alphornistinnen der Schweiz. Ihre Leidenschaft hält sie fit.
Theres Eichenberger-Walde mit ihrem Alphorn. (Bild: zVg | Monika Schmid)

Die Untersiggenthalerin Theres Eichenberger-Walde ist eine leidenschaftliche Musikerin, die seit 2016 als Solistin mit Alphorn, Büchel und Gesang unterwegs ist. Zuvor war sie 30 Jahre lang Mitglied und Leiterin der Ländlerkapelle Iflue-Musig Untersiggenthal, einer Formation, die in der Schweizer Volksmusikszene fest verankert und an zahlreichen Volks- und Ländlerfesten zu finden war. Unter anderem trat die Iflue-Musig zweimal beim «Samschtig-Jass» und damit im nationalen Fernsehen auf. Nach der Auflösung der Kapelle zog sich die inzwischen 82-Jährige jedoch nicht zurück, sondern hat ihre musikalische Karriere auf eigene Faust fortgesetzt. Sie tritt seither regelmässig bei verschiedenen Anlässen auf und bringt ihre Begeisterung für traditionelle Schweizer Instrumente wie das Alphorn und den Büchel zum Ausdruck und unter die Leute.

Intuition und Erfahrung
Was Theres Eichenberger-Walde als Musikerin auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, alle Alphornmelodien auswendig zu spielen. Diese beeindruckende Leistung ist das Ergebnis jahrelanger Hingabe und Übung. Zudem hat sie schon unzählige Stücke selbst erdacht und komponiert. Für die Untersiggenthalerin ist das Alphornspiel eine einzigartige Kunstform, die sie tief berührt. «Ein Alphorn hat keine Klappe, keine Taste und keine Knöpfe», erklärt sie, wenn sie nach ihrer Faszination für dieses Instrument gefragt wird. Jeder Ton muss durch die Kontrolle des Atems und der Lippen exakt geformt werden, was viel Übung und Fingerspitzengefühl erfordert. Diese Herausforderung nimmt Theres Eichenberger-Walde gern an, da sie sich ihrem Spiel dadurch besonders verbunden fühlt.

Ein Ort, an dem Theres Eichenberger-Walde seit über 20 Jahren regelmässig anzutreffen ist, ist das Appenzeller Ländlerfest. Obwohl ihr Name im offiziellen Programm meist fehlt, ist sie von dem Fest nicht wegzudenken. Viele Besucherinnen und Besucher wissen, dass sie dort Jahr für Jahr mit ihrem Alphorn auftritt, selbst wenn sie meist erst im letzten Moment angekündigt wird. Auf unzähligen Fotos, die über die Jahre an dem Fest aufgenommen wurden, sind Theres Eichenberger-Walde und ihr Alphorn zu entdecken. Ihre Musik und ihr Engagement haben dazu geführt, dass sie und ihr Ehemann Roland Eichenberger inzwischen viele Menschen in der Region kennen und schätzen. Die Verbindung des Paares zur Region ist auch familiärer Natur: Roland Eichenbergers Mutter, Maria Hersche, stammt ursprünglich aus Appenzell, was die Bindung zum Appenzellerland noch vertieft hat.

Geschwister im Geiste
Ein ausgesprochen prägendes Kapitel in Theres Eichenberger-Waldes Leben war ihre Freundschaft mit dem bekannten Appenzeller Künstler Anton «Toni» Caviezel. Diese Beziehung ging weit über eine blosse Bekanntschaft hinaus und erstreckte sich über viele Jahre. Toni Caviezel, der im Februar 2024 unerwartet im Alter von 62 Jahren verstarb, war vielseitig begabt. Als Kunstmaler, Antiquar sowie Alphornbauer und Musiker war er in der Region Appenzell genauso bekannt wie beliebt. Für Theres und Roland Eichenberger war er jedoch vor allem ein Freund, auf den sie in vielerlei Hinsicht zählen konnten.

Während seiner zwölf Jahre im Vorstand des Untersiggenthaler Museums war Roland Eichenberger massgeblich an der Organisation von Ausstellungen beteiligt. Zweimal jährlich wurden neue Ausstellungen ins Leben gerufen, und oft war es Toni Caviezel, der den Eichenbergers mit seltenen Exponaten aus seiner Sammlung aushalf, wenn einmal ein Stück fehlte oder ein Platz im Museum unbesetzt war. Seine Werkstatt an der Hirschengasse in Appenzell war eine wahre Fundgrube, in der die Eichenbergers stets das Gesuchte fanden. Toni Caviezels plötzlicher Tod Anfang des Jahres traf das Untersiggenthaler Ehepaar tief, da er nicht nur ein Freund, sondern auch ein wichtiger Teil ihrer kulturellen und künstlerischen Arbeit war.

Theres Eichenberger ist eine Meisterin am Alphorn. (Bild: zVg | Monika Schmid)

Musik des Gedenkens
Um ihrem verstorbenen Freund die letzte Ehre zu erweisen und seine Bedeutung für ihr Leben zu würdigen, spielte Theres Eichenberger-Walde Anfang August 2024 – anlässlich des diesjährigen Appenzeller Ländlerfests – vor dem Haus von Toni Caviezel ihr Alphorn. Abschied und Ausdruck der Dankbarkeit und des Respekts für einen lieben Freund und Mann, der ihre Leidenschaft für die Musik teilte. Theres erinnert sich gern an die vielen gemeinsamen Auftritte mit Toni Caviezel, insbesondere beim Appenzeller Ländlerfest. Caviezel, der als echtes Appenzeller Urgestein und Dorforiginal bezeichnet wurde, hatte eine besondere Art, ihre gemeinsamen Darbietungen einzuleiten. «Er hat uns ungefähr mit folgenden Worten angekündigt», erinnert sich die Alphornistin, «‹Hallo zusammen, das ist Theres aus dem Aargau, von Untersiggenthal, und ich bin Toni, mich kennen ja alle. Wir spielen jetzt die Hauptprobe und dann gerade den Auftritt. Wir üben nie zusammen, hört gut hin, sie ist der Star. Sie spielt alles auswendig und macht mir aus dem Stand für jedes Stück eine zweite Stimme. Wenn sie dann aber einmal nicht mehr mag, dann bin ich der Star. Viel Freude.» Diese Worte, natürlich im Appenzeller Dialekt vorgetragen, sind für Theres Eichenberger-Walde eine kostbare Erinnerung an die gemeinsamen musikalischen Momente.

Dieses Jahr schafften es Theres Eichenberger-Walde und ihr Alphorn am Appenzeller Ländlerfest erneut in die örtliche Zeitung. Im Rahmen eines Festberichts wurden ihr Auftritt in Gedenken an Toni Caviezel und ihr langjähriges Engagement beim Appenzeller Ländlerfest gewürdigt. Und mit etwas Glück wird die umtriebige Theres Eichenberger-Walde noch viele Jahre lang ihre Alphornkünste nach Appenzell bringen.