Karate und die Liebe zu Japan

Yuna Müri ist die jüngste Schwarzgurtträgerin und sehr ambitioniert. Dass Karate keine olympische Disziplin ist, kümmert sie kaum.
Diesen Namen muss man sich merken: Yuna Müri ist ein Ausnahmetalent in ­Sachen Karate – vielleicht steht ihr eine grosse sportliche Karriere bevor. (Bild: isp)

Weil sie als Kleinkind viel gestolpert ist und eher unkoordiniert unterwegs war, fanden ihr Vater und ihre Mutter, dass es vielleicht nicht schaden würde, mit Karate zu beginnen. Yuna Müri war gerade fünf Jahre alt und ist seither vom Karatevirus befallen. Sie blühte im Kampfsportcenter Siggenthal von Valentino Di Lascia, 3. Dan JKF, auf, hatte enormen Spass und nahm regelmässig an Kinderwettkämpfen und -turnieren teil. Das trieb sie an. Sehr passend, denn Yuna heisst auf Japanisch: Exzellenz, Überlegenheit sowie Sanftheit. «Vor allem das mit der Überlegenheit könnte hinkommen», sagt die Bez-Schülerin. «Seit ich Karate ausübe, habe ich sehr an Selbstvertrauen gewonnen. Die Philosophie von Karate basiert auf den Prinzipien des Respekts, der Disziplin, der Konzentration und der Effizienz. Es ist ein Weg zu mehr innerer Stärke und lehrt uns die Achtung vor anderen Menschen. Ich konnte viel von dieser mentalen Disziplin in meinen Alltag einbauen. Durch Karate bin ich belastbarer geworden, konnte an meiner Persönlichkeit arbeiten und habe mehr Durchhaltevermögen.»

Mittlerweile hat sich die 13-Jährige vier Titel an Schweizer Meisterschaften erkämpft und wurde zweimal Vize-Schweizer-Meisterin. Wenn man den zarten Teenager mit den langen blonden Haaren sieht, erstaunt es umso mehr, dass sie kräftig zuschlagen und gut kämpfen kann. Zudem ist Yuna Müri seit diesem Sommer Schwarzgurtträgerin – die jüngste in der Schweiz. Nachdem sie im Trainingslager von Swiss Wadokai Karatedo Renmei (SWKR), dem Verband, dem das Kampfsportcenter Siggenthal angehört, während der Sommerferien eine Woche lang sehr intensiv trainiert und sich in den Monaten davor in zahlreichen Trainings darauf vorbereitet hatte, legte sie am Ende des Lagers eine hervorragende Prüfung zum 1. Dan JKF ab. Sie erhielt viel Lob von der gesamten Prüfungskommission, dem Verbandspräsidenten Roberto Danubio und natürlich von ihrem Sensei Valentino Di Lascia.

Gern das Gelernte weitergeben
Yuna Müri trainiert wöchentlich bis zu sechs Stunden. Die meiste Zeit in ihrem Heim-Dojo, dem Kampfsportcenter Siggenthal, das mit fast 250 Mitgliedern eine der grössten Karateschulen in der Schweiz ist. Angesichts ihres Könnens erstaunt es nicht, dass die 13-Jährige dort bereits Hilfstrainerin der «Kükengruppe» (5- und 6-jährige Kinder) ist und diese mit viel Enthusiasmus unterrichtet. Das Arbeiten mit Jüngsten sei sehr bereichernd, und sie gebe gern ihr Wissen weiter. Schliesslich sei sie auch Vorbild für die Kleinen.

Dank ihren Erfolgen hat sich Yuna Müri in der Szene einen Namen gemacht. Aktuell darf sie erstmals sogar bei den halbjährlich anstehenden Farbgurtprüfungen des Kampfsportcenters Siggenthals mithelfen. «Das wird ein Erlebnis, definitiv», sagt der Teenager strahlend und voller Vorfreude. Die 13-Jährige hat es bis anhin geschafft, ihren Schulalltag mit den Trainingseinheiten unter einen Hut zu bringen. Im nächsten Sommer beginnt sie eine dreijährige KV-Lehre bei einer Bank. Die Ausbildung und der Beruf hätten immer Priorität, sei ihr von klein auf vermittelt worden, und daran halte sie fest. «Ich bin überzeugt, dass mir auch hier der Spagat zwischen Berufsalltag und sportlicher Leidenschaft glückt.»

Erst am Anfang
Eine wichtige Komponente des Karatetrainings ist das Tragen eines Gürtels, der den Fortschritt und die Entwicklung des Schülers oder der Schülerin symbolisiert. Der Karategürtel hat verschiedene Farben und zeigt den Ausbildungsstand. Als Anfänger beginnt man mit dem weissen Gürtel (9. Kyu). Nach jeder bestandenen Prüfung rückt der oder die Karateka eine Stufe nach vorn und erhält den nächsten Gürtel in einer anderen Farbe. «Der Tag, als ich die Prüfung zum ersten Schwarzgurt geschafft habe, war bisher der schönste Tag in meinem Leben», erzählt Yuna Müri. «Jetzt, als Schwarzgurtträgerin, geht es für mich im Karate erst richtig los, und ich arbeite darauf hin, die Prüfung zum zweiten Schwarzgurt zu schaffen.» Auch dieses Ziel will die im Jahr 2011 Geborene erreichen. Aber sie muss noch etwas ausharren, denn erst wenn man das 16. Altersjahr erreicht hat, ist man beim SWKR zur entsprechenden, in Japan anerkannten Prüfung zum 2. Dan zugelassen.

Gibt es Vorbilder? «Natürlich! Als Erstes mein Sensei Valentino Di Lascia, der mich von Anfang an begleitet und mir das Wichtigste beigebracht hat und mir immer in allem beisteht. Meine Mutter ist ebenfalls ein Vorbild für mich, denn wenn sie Karate macht, sieht es für mich so kraftvoll und perfekt aus, wie ich es für mich anstrebe. Dann Roberto Danubio, 7. Dan JKF, der Präsident des SWKR und nach Valentino Di Lascia mein zweitwichtigster Trainer und Mentor, der mich dank seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Training stets mit wichtigen Inputs versorgt. Und selbstverständlich Elena Quirici, die bekannte Karateka aus unserer Region, die im Sportkarate weltweit sehr erfolgreich ist und mich durch ihren unbändigen Trainingsehrgeiz und Siegeswillen sehr beeindruckt.» Yuna Müri trainiert derzeit bei Valentino Di Lascia für die bevorstehende Schweizer Meisterschaft der Swiss League Ende Oktober in Sursee. Im November findet die Aargauer Meisterschaft in Lenzburg statt. «Ich denke nicht ans Gewinnen, aber ich denke darüber nach, wie man nicht verliert», witzelt sie zuversichtlich. 

Die wenige Freizeit, die ihr bleibt, verbringt Yuna Müri mit Joggen, Yoga oder Meditation. Dass sie ausserdem leidenschaftlich gern kocht und eine Meisterin in der Sushi-Zubereitung ist, berichtet ihre Mutter voller Stolz. «Und irgendwann möchte ich Japan bereisen und dieses Land und seine Kultur näher kennenlernen», schwärmt sie. Deshalb hat sie sich vor Kurzem entschieden, Japanisch zu lernen.