Der 1942 geborene, auf dem Stalden aufgewachsene und heute in Remigen wohnhafte Urbözberger Alfred Loop kennt die Gegend sowie ihre Bewohnerinnen und Bewohner und weiss aus einem reichen Fundus an Erinnerungen und historischen Überlieferungen zu berichten. Dabei sind schreckliche Geschichten, die einst viel Trauer und Leid verursacht haben, was ja eigentlich zu einer Bettagsveranstaltung mit Rückblicken auf vergangene Zeiten passt. Dieses Jahr fanden sich am 15. September etwa 100 Personen beim Museum Bözberg in Kirchbözberg ein. Im Anschluss an den offiziellen Programmteil waren die Anwesenden traditionsgemäss zu Wurst, Brot und Tranksame eingeladen.
Lebensschilderungen und Besichtigung
Nach der Begrüssung durch Otto H. Suhner gab es Informationen über das Museum sowie über Personen, die auf dem Bözberg geboren waren und die zum Teil später durch ihre Tüchtigkeit im Beruf oder durch Auswanderung unter anderem als Lehrpersonen, Apotheker, Ingenieure, Müller, Bäcker/Konditoren und Hebammen zu Erfolg gekommen waren. Auch der Erfinder der 1924 zum Eidgenössischen Schützenfest in Aarau kreierten und heute noch beliebten Schokoladenkugel Brändli-Bombe stammte aus der Gegend. Werner Hunziker und Werner Roth wussten Wissenswertes zu berichten. Ausserdem stiess der freie Rundgang durch das Gebäude mit historischen Dokumenten und Gegenständen auf grosses Interesse. Der Bauernsohn Alfred Loop absolvierte ursprünglich die Polizeirekrutenschule, wechselte aber früh zum Bezirksamt Brugg und wurde schliesslich Bezirksamtmann. Er erzählte von vier Fällen, die sich im Lauf von etwa 160 Jahren auf dem Bözberg zugetragen haben.
Mord an der Verlobten aus Eifersucht
Der erste Fall: Am 19. Juni 1793 ereignete sich im Gasthof Bären auf dem Neustalden ein Tötungsdelikt. Ein 21-jähriger Schneidergeselle aus Linn schlich mithilfe einer Leiter in das Zimmer seiner 23-jährigen Braut Verena Zimmermann und tötete sie aus Eifersucht mit Messerstichen in den Hals. Der geständige Täter wurde umgehend vom Landvogt auf Schloss Wildenstein verhört und dort eingekerkert. Aufgrund des Antrags der Criminal-Commission Bern fällten Schultheiss und Rat zu Bern das Todesurteil, das am 18. Juli 1793 auf dem Bözberger Galgenhübel vollstreckt wurde. Wegen des vom Landvogt gemilderten Urteils wurde der Geselle vor dem Knochenbrechen auf dem Folterrad erwürgt. Es war der letzte Vollzug der Todesstrafe unter der damals zu Ende gegangenen Berner Herrschaft.
Doppelmord an Geldverleiher und Tochter
Am 13. Januar 1921 kam es im Weiler Ursprung zu einem Doppelmord am 72-jährigen Landwirt und Geldverleiher Johannes Egg-Kistler und seiner 45-jährigen, geistig verwirrten Tochter Anna Egg. Tatwaffe war ein Klauenhammer. Nach der Einsargung wurden Vater und Tochter auf dem Friedhof Kirchbözberg zu Grabe getragen. Unter dem Kachelofen wurde eine eingemauerte Eisenkassette gefunden, die vom knausrigen Hausbesitzer aufbewahrte Wertpapiere, Banknoten sowie Gold- und Silbermünzen im Wert von rund 450 000 Franken enthielt. Die offenbar nicht auf das Geld fokussierte Täterschaft konnte trotz hohen Belohnungen von bis zu 5000 Franken und diversen Verdächtigen nie eruiert werden, da die Untersuchungen auch wegen des Schweigens verschiedener Zeugen im Sand verliefen.
Jagdunfall mit doppelten Folgen
Am Heiligabend 1935 geschah im Rahmen der Jagd auf Wildschweine eine Tragödie. Der 1883 geborene Landwirt und Schmied Emil Müller-Brändli wollte mit sechs anderen Schützen im Marchwald einer Rotte im Rahmen eines Kesseltriebs den Garaus machen. Doch die Tiere drangen aus dem Jungfichtendickicht heraus und wollten den Ring der Jäger durchbrechen. Beim Nachladen für einen zweiten Schuss traf einer der Schützen den neben ihm vorrückenden Kameraden direkt ins Herz. Beim Erhalt der schockierenden Todesnachricht von Gemeindeammann Jakob Müller erlitt Emil Müllers verwitwete Schwiegermutter Anna Brändli-Zimmermann mit 89 Jahren einen tödlichen Schlaganfall, sie wohnte in Egenwil. Die beiden Opfer wurden auf dem Friedhof Kirchbözberg in einem mit schwarzem Marmor geschmückten Doppelgrab beerdigt. Und am Unfallort im Marchwald bei Elfingen erinnert ein Gedenkstein an den Unfall. Das Verfahren wurde eingestellt.
Tod in Restaurant Linde in Linn
Als letztes Ereignis erwähnte Loop die Ermordung des 66-jährigen Ernst Bossard-Kohler, die am Bettagssonntag, 23. September 1956, geschah. Er führte zusammen mit seiner Gattin Elise das Restaurant zur Linde, war als Landwirt tätig gewesen und Förster im Ruhestand. Tochter Bethli, die mit dem Garagisten Heinrich Obrist aus Windisch verlobt war, entdeckte im Haus einen Dieb, der als ehemals bei der Familie tätig gewesener Knecht W. F. erkannt wurde. Ein Schuss von der Heubühne hatte für den Wirt tödliche Folgen. Der Täter, der vorerst auf dem Linnerberg verschwunden war, stellte sich am Abend in der Strafanstalt Lenzburg. Der wegen Vermögensdelikten im offenen Strafvollzug befindliche Mann war in Laufenburg auf spektakuläre Weise durch Abseilen mittels geknüpfter Bettlaken aus dem Bezirksgefängnis Laufenburg entwichen. In der Waffenhandlung Frei in Brugg entwendete er einen Revolver mit Munition. Auf dem Heuboden im Restaurant Linde fand er heimlich Unterschlupf und im Keller Verpflegung, bevor er, in die Enge getrieben, das Verbrechen beging.