Die Armee machte ihm Sorgen

Der mit Brugg verbundene ­Divisionär a. D. Paul Müller starb 81-jährig. Er war der letzte Kommandant der 5. Division.
Divisionär a. D. Paul Müller (links), Initiant der Restaurierung des Soldatendenkmals auf dem Villiger Feld, an der Einweihungsfeier am eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag 2017. (Bild: hpw)

Paul Müller kam 1943 in Brugg zur Welt. Der Vater betrieb ein Plattenlegergeschäft an der Schöneggstrasse. Die Familie zügelte 1960 nach Baden, aber Paul Müllers Kontakte zu Brugg blieben durch eine verwandtschaftliche Beziehung bestehen. Im bernischen Heimberg bei Thun wohnhaft, hinterliess er vor sieben Jahren in seiner alten Heimat einen nachhaltigen «Fussabdruck», indem er die Restaurierung des Soldatendenkmals auf dem Villiger Feld initiierte. Die Gedenkstätte würdigt den Einsatz und die Entbehrungen im Aktivdienst 1939 bis 1945 und drückt die damalige zivile und militärische Entschlossenheit aus, das Land vor fremdem Zugriff zu schützen.

Liquidator der 5. Division
Paul Müller studierte an der Universität Zürich Experimentalphysik, unterrichtete nach der Diplomierung an der Kantonsschule Baden, trat 1976 in den Instruktionsdienst der Armee, wirkte als Ausbildner an den Panzer-Rekruten- und Offiziersschulen in Thun und empfahl sich für höhere Stabsfunktionen. 1984/1985 absolvierte er das Command and General Staff College in Fort Leavenworth, Kansas (USA).

Nach der Rückkehr wurde er Planungschef im Bundesamt der Mechanisierten und Leichten Truppen, danach Schulkommandant der Panzer-Rekrutenschule Thun und ab 1991, unter Beförderung zum Divisionär, Unterstabschef Planung im Generalstab der Armee. Auf diesem Posten war er an der Armeereform 95 beteiligt. Der Bestand der Armee wurde zuerst um einen Drittel auf 400 000 Angehörige und um grosse Mengen an Material, Infrastruktur und Fahrzeugen reduziert sowie die Heeresklassen (Auszug, Landwehr, Landsturm) abgeschafft und die Ausbildungsdauer verkürzt. Weitere nachfolgende Reformen verstärkten den Armeeabbau. 

Seine militärische Laufbahn beendete Paul Müller als letzter Kommandant der Felddivision 5 von 2001 bis 2003. Er löste diesen traditionsreichen militärischen Grossverband, der hauptsächlich aus Aargauer Truppen bestand, mit eindrücklichen letzten Aktionen auf, zum Beispiel mit einer Armee-Arteplage am 200-Jahr-Kantonsjubiläum 2003 in Aarburg, einem Defilee auf dem Bözberg und der Abgabe der Feldzeichen in Aarau. Es wirkte schicksalhaft, dass er einerseits als Planer half, den Umbau der Armee vorzubereiten, und andererseits die Konsequenzen daraus zu spüren bekam.

Fürsprecher der Armee
Letztes Jahr erregte Paul Müller mit seinem 140-seitigen Buch «Die Reformen der Schweizer Armee seit 1961» Aufsehen in militärischen und politischen Kreisen. Akribisch und mit profundem Fachwissen analysierte er Erstrebtes, Erreichtes und Nichterreichtes. Er legte in seinem präzisen Werkstattbericht schonungslos dar, wie die Verteidigungsfähigkeit der Schweizer Armee, die ihm sehr am Herzen lag, namentlich durch die Reform «Armee XXI» und die mangelnde Umsetzung des Armeeleitbilds massiv abgebaut wurde. Die Fertigstellung des Werks gelang ihm unter zunehmenden gesundheitlichen Einschränkungen. Eine idiopathische Lungenfibrose machte ihm sehr zu schaffen. Daran ist er am 12. September im Alter von 81 Jahren gestorben.