Ein Lebenswerk weitergeben

Im Mai geht Christa Schmid von der Dorf-Metzg in Birmenstorf in Pension. Noch ist ihre Nachfolge im Traditionsgeschäft ungeklärt.
Roman Wettstein (rechts) sollte Christa Schmids Nachfolger werden, doch aus diesem Plan wird nichts. (Bild: sim)

Die Dorf-Metzg an der Strählgass in Birmenstorf ist ein traditioneller Handwerksbetrieb im besten Sinn. Hier kümmern sich die Inhaberin Christa Schmid und ihr Team noch um Extrawünsche und legen grossen Wert auf individuelle Beratung. Das widerspiegelt auch die Kundschaft aus Birmenstorf und aus umliegenden Gemeinden, die weiss, was sie an der Dorf-Metzg Schmid hat. «Die allermeisten Menschen, die bei uns einkaufen, sind sehr treue, langjährige Stammkundinnen und -kunden», bestätigt Christa Schmid

Während in dem kleinen, aber gut sortierten Betrieb vor dem Verkaufstresen in der Regel ein reges Kommen und Gehen herrscht, sind Christa Schmid und ihre Mitarbeitenden damit beschäftigt, Wünsche zu erfüllen oder Vorbereitungen zu treffen. Würste werden geräuchert oder gekocht, Fleischstücke abgepackt und ganze Gerichte vorgekocht und portioniert. Insgesamt sechs Personen in vier Vollzeitstellen arbeiten in der Metzgerei und sorgen für einen reibungslosen Betrieb. Die meisten von ihnen arbeiten bereits seit vielen Jahren oder sogar seit Jahrzehnten für Christa Schmid.

Gelernte Leidenschaft
Hingabe, einwandfreie Qualität und Nachhaltigkeit waren und sind die Säulen, auf denen Christa Schmid ihren Erfolg aufbaut. «Wir beziehen seit 35 Jahren ganze Tiere vom Hof der Familie Wernli im Petersberg und verarbeiten sie selbst in der Metzgerei», erläutert Christa Schmid. Nur was danach noch fehlt, kauft die Metzgerin zu.

Ursprünglich hat Christa Schmid die Dorf-Metzg gemeinsam mit ihrem Mann Urs geführt. Das Paar hat den Betrieb 1987 von seinen Eltern übernommen, die 1964 die Dorf-Metzg in Birmenstorf etablierten. Viele Jahrzehnte später liegen Christa Schmid das Metzgerhandwerk und die Dorf-Metzg nach wie vor sehr am Herzen. «Dieses Geschäft ist meine Leidenschaft und mein Lebenswerk. Umso mehr fällt es mir schwer, zu gehen», betont Christa Schmid.

Trotzdem hat sich die 63-Jährige dazu entschlossen, Ende Mai 2025 in Pension zu gehen. «Ich möchte nach über 50 Jahren noch etwas anderes erleben», sagt die Geschäftsfrau. Über 20 Jahre führten Christa und Urs Schmid ihre Metzgerei gemeinsam. Auch nach seinem Tod 2010 war für die leidenschaftliche Metzgerin schnell klar, dass sie den Betrieb allein weiterführt. Den Entscheid hat sie bis heute nie bereut. «Die Selbstständigkeit hat neben einem grossen Organisationsaufwand und viel Arbeit viele schöne Seiten. So bin ich beispielsweise flexibler und kann bei der Arbeit sehr kreativ sein. Wir versuchen immer wieder, mit frischen Ideen zu begeistern.» Dass dieses Engagement von der Kundschaft durchaus geschätzt werde, zeige ein Blick in die Bilanzbücher der Metzgerei: «Der Umsatz stimmt, wir können ihn von Jahr zu Jahr sogar leicht steigern», betont Christa Schmid. Damit stünde eigentlich alles zum Besten, wenn nicht Christa Schmids ungeregelte Nachfolge wäre.

Suche nach einer geeigneten Anschlusslösung
Eigentlich sei alles geklärt gewesen: «Ich hatte frühzeitig einen Plan mit meinem Mitarbeiter Roman Wettstein gefasst. Er wollte die Metzgerei weiterführen.» Im Verlauf des Jahres zeichnete sich aber ab, dass Roman Wettstein den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht würde übernehmen können. Inzwischen wurde aus der Befürchtung eine Gewissheit. Damit steht die selbstständige Metzgerin erneut vor der Ungewissheit, ob und wie es mit ihrem Geschäft nach ihrer Pensionierung weitergeht. Davon lässt sich die Geschäftsfrau jedoch nicht unterkriegen: «Ich bin weiterhin auf der Suche nach einer guten Lösung für den Fortbestand der Dorf-Metzg und zuversichtlich, dass wir eine finden.» Seit sie ihre Situation publik gemacht habe, habe sie schon mehrere Anfragen von Interessierten erhalten. Die Chance, rechtzeitig eine für alle zufriedenstellende Anschlusslösung für die Dorf-Metzg zu finden, sei also nach wie vor intakt.

Trotz ihrer Zuversicht nagt die Ungewissheit über die Zukunft ihres Lebenswerks an Christa Schmid. Dessen ungeachtet scheut sich die 63-Jährige nicht, das Thema zu verbreiten und unter die Leute zu bringen. Denn sie weiss, dass die Zukunft ihres Betriebs auch davon abhängt, ob geeignete Personen von der Situation in Birmenstorf Wind bekommen, und darum geht es ihr in erster Linie. «Wir sind einfach zu gut, um zuzumachen», ist sie überzeugt. «Ich wünsche mir für die Nachfolge Menschen, die mit viel Eigeninitiative den Laden weiterführen und die Selbstständigkeit als Berufung sehen.»

Aber auch für Birmenstorf wäre es bedauerlich, sollte mit der Metzgerei an der Strählgass ein weiterer Kleinbetrieb seine Türen für immer schliessen. Zumal dieses Jahr schon die Bäckerei Lehmann in Birmenstorf verschwunden ist. Diese teilte nämlich vor einigen Wochen erst mit, dass sie den Betrieb per Ende Februar komplett einstellen werde.