Das letzte grosse Verkehrsplanungsprojekt «Ostaargauer Strassenentwicklung» scheiterte am Widerstand aus der Bevölkerung. Nun steht das Nachfolgeprojekt kurz vor Abschluss der Planungsphasen. Anfang Dezember fand in Baden die fünfte und
letzte Mobilitätskonferenz im Rahmen des Gesamtverkehrskonzepts (GVK) Raum Baden und Umgebung statt. Rund 120 Teilnehmende liessen sich über den von der Behördendelegation am 1. November beschlossenen Massnahmenfächer ins Bild setzen und berieten über die Umsetzungsplanung und die Wirkungskontrolle für die Massnahmen. Die Anregungen der Teilnehmenden sollen in die Schlussarbeiten für das GVK einfliessen. Inhaltlich waren sich die Teilnehmenden weitgehend einig: Die rund 200 vorgeschlagenen Massnahmen seien rasch umsetzbar, deshalb seien auch die Planungen für die mittel- bis langfristigen Massnahmen – insbesondere die Projekte zum Brückenkopf Ost in Baden und zur Zentrumsentlastung mit Umfahrung der Siggenthaler Gemeinden («ZEL lang +») – möglichst ohne Unterbruch voranzutreiben. Die Veranstaltung bildete den Abschluss eines rund zweieinhalb Jahre dauernden Planungsprozesses, bei dem sich verschiedene Interessengruppen in die Diskussion um die Zukunft des Verkehrs in der Region einbrachten.
Abschlusskonferenz
«Der grosse und zeitintensive Einsatz – für die meisten in der Freizeit –, den Sie als Mitglieder der Mobilitätskonferenz geleistet haben, ist alles andere als selbstverständlich: Dafür danke ich Ihnen im Namen der Projektleitung und der Behördendelegation ganz herzlich. Sie haben mit ihren Diskussionen und Rückmeldungen wesentlich dazu beigetragen, zukunftsfähige Lösungen für die Mobilität im Raum Baden und Umgebung zu finden», sagte Regierungsrat Stephan Attiger in seiner Begrüssung zu den Teilenehmenden der fünften Mobilitätskonferenz im Rahmen des GVKs Raum Baden und Umgebung. Damit findet ein Mitwirkungsprozess ein Ende, bei dem in verschiedenen Gremien und Gefässen – Begleitgruppe, Mobilitätskonferenz, Online-Partizipation – Institutionen, Gewerbe, Politik und Bevölkerung ihre Wünsche bzw. Anforderungen an den Verkehr im Raum Baden kundtun konnten. «Ein solcher Prozess ist für eine kantonale Mobilitätsplanung bisher einzigartig», so der Vorsteher des Departements Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) weiter.
Weil einige beteiligte Interessengruppen während der Planungsphase die Befürchtung geäussert hatten, dass der Kanton die verschiedenen Meinungen lediglich pro forma einhole, versicherte Attiger in seiner Ansprache, dass es sich keinesfalls um eine Alibi-Partizipation gehandelt habe: «Wir haben immer klar kommuniziert, welches die übergeordneten Rahmenbedingungen sind und was der Gestaltungsspielraum für die Partizipation ist. Und wir haben die Eingaben ernst genommen, wenn möglich berücksichtigt oder haben es begründet, wenn wir sie nicht berücksichtigen konnten.»
Die breite Partizipation habe der Behördendelegation den Rückhalt und die nötige Sicherheit gegeben für den deutlichen Entscheid in der Sitzung vom 1. November, an der die Behördendelegation einstimmig einen Fächer mit rund 200 Mobilitätsmassnahmen für den Raum Baden und Umgebung beschloss, so Attiger.
Knacknuss Zentrumsentlastung
Den Massnahmenfächer stellten Carlo Degelo, Leiter der Abteilung Verkehr im BVU, und Gesamtprojektleiter Stephan Erne den Teilnehmenden vor. Bis 2040 sollen die rund 200 aufeinander abgestimmten Einzelmassnahmen des GVKs umgesetzt werden. Diese verteilen sich auf die fünf Teilbereiche Bahn und Bus, Fuss- und Veloverkehr, Strassennetz und Betrieb, Stadt- und Freiraum sowie Mobilitätsmanagement – und betreffen alle nicht fliegenden Verkehrsträger.
Carlo Degelo vertiefte unter anderem das Beispiel des Brückenkopfs Ost in Baden. Die kurzfristigen Massnahmen für diesen neuralgischen Verkehrsknoten in beengten Verhältnissen seien in den Massnahmenfächer mit Zeithorizont 2040 eingeflossen und könnten relativ rasch umgesetzt werden. Aber auch die weitere Planung der mittel- und langfristigen Massnahmen für den Brückenkopf Ost, die in der Partizipation kritisch beurteilt wurden, sollen unmittelbar nach dem Grossratsbeschluss zum Massnahmenfächer – der Anfang 2026 erfolgen soll – in einer separaten Studie an die Hand genommen werden. Ziel dabei bleibe, bis 2040 eine weitere merkliche Verbesserungen der Verkehrssituation am Brückenkopf Ost zu erreichen.
Beim Thema Zentrumsentlastung (ZEL) sprach sich die Behördendelegation ebenfalls einstimmig dafür aus, die Variante «ZEL lang +» als mögliche Ergänzung zum GVK-Massnahmenfächer weiterzuverfolgen. Diese Variante besteht aus einem Tunnel zur Umfahrung der Stadt Baden selbst, einer Brücke über die Limmat und die Bruggerstrasse sowie einer Umfahrung Untersiggenthal. Die Projektierung der ZEL soll erfolgen, wenn die vorgesehene Umsetzungs- und Wirkungskontrolle zu den Einzelmassnahmen einen Bedarf dafür aufzeigt. «Wir wollen die ZEL damit nicht auf die lange Bank schieben», betont Degelo. Der Teil «ZEL lang» soll bereits jetzt auf der Stufe «Festsetzung» im Richtplan aufgenommen werden. Gleichzeitig sollen erste Vertiefungen zum Thermal- und Grundwasser an die Hand genommen werden, um die Linienführung weiter zu optimieren. Die Kriterien für eine Weiterprojektierung der «ZEL lang» wird die Behördendelegation noch im Januar an ihrer nächsten Sitzung beschliessen. Die Umfahrung Untersiggenthal verbleibt im Richtplan hingegen vorerst auf der Stufe Zwischenergebnis und wäre damit vorläufig nicht Teil einer allfälligen Projektierung der ZEL.
Umsetzung gemeinsam angehen
Weiter äusserte sich Carlo Degelo zur Umsetzungsplanung, die in der laufenden letzten Phase des GVKs erarbeitet wird. Die Dauer der Umsetzung hängt unter anderem von der Art der Massnahmen ab. Solche, die keine grösseren Bauprojekte erfordern, können sofort angegangen werden, während andere Massnahmen unter Umständen umfassende Vorstudien bedingen und entsprechend erst in Jahren realisierbar sind.
Was zuerst umgesetzt wird und was später, hängt von diversen Rahmenbedingungen ab – bei den Strassenbaumassnahmen etwa vom Sanierungszyklus der betroffenen Strassen. Bedeutsam sei zudem die Abstimmung mit den Agglomerationsprogrammen des Bundes, mit denen viele Massnahmen mitfinanziert werden und die einen Umsetzungshorizont vorgeben. Bei der Priorisierung der Massnahmen ist schliesslich auch deren erwarteter Beitrag an die Erreichung der GVK-Ziele ausschlaggebend. «Wichtig ist, dass nicht die einzelnen Verkehrsträger gegeneinander ausgespielt werden», betonte der Badener Stadtammann Markus Schneider. Adrian Hitz, Gemeindeamman von Untersiggenthal beschwor den Zusammenhalt: «Nur wenn alle mitmachen, gelingt die Umsetzung. Es ist ein regionales Projekt – alle müssen am gleichen Strick ziehen.»
In die gleiche Richtung gingen die Diskussionen und die Inputs der Teilnehmenden an die Projektleitung zur Umsetzungsplanung und zur Wirkungskontrolle. Viele der Anwesenden drängten darauf, auch die Planungen für die mittel- bis langfristigen Massnahmen ohne Unterbruch weiter voranzutreiben. Zudem wurde auf die Bedeutung einer effektiven Wirkungskontrolle sowie eines transparenten Monitorings hingewiesen. Weiter solle die breite und transparente Kommunikation auf allen Ebenen beibehalten werden, um den Rückhalt in der Bevölkerung für allfällige weitere Beschlüsse zu stärken.
Weitere Schritte
Nach Abschluss der Umsetzungsplanung soll der von der Behördendelegation festgelegte Massnahmenfächer im Frühling 2025 den neun beteiligten Gesamt-Gemeinderäten zum Beschluss vorgelegt werden. Sobald diese Beschlüsse vorliegen, wird die Behördendelegation die GVK-Planung endgültig abschliessen und das Dossier dem Regierungsrat überreichen. Die zur Umsetzung vorgeschlagenen Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Kantons sowie die beantragten Richtplananpassungen werden schliesslich durch den Grossen Rat beschlossen. Dieser Beschluss wird per Anfang 2026 angestrebt. Die zur Umsetzung vorgeschlagenen Massnahmen im Zuständigkeitsbereich der Gemeinden sollen nach dem Beschluss des Grossen Rats verbindlich gesichert werden. (sim)