Fusionsgegner fordern Transparenz

Die mögliche Gemeindefusion im Surbtal geht in diesem Jahr in die heisse Phase. Ein Komitee sieht die Bürger nicht ausreichend eingebunden.
Braucht es bald neue Ortsschilder im Surbtal? (Bild: Archiv)

Seit 2022 befassen sich die Gemeinden im Surbtal aktiv mit dem Thema der Fusion. Auf eine positiv ausfallende Bevölkerungsbefragung folgte im Sommer 2023 die Zustimmung für einen Kredit zur vertieften Prüfung einer Fusion an allen vier Einwohnergemeindeversammlungen. Nach dem aktuellen Fahrplan soll schon im Mai 2025 abgestimmt werden, ob aus den Gemeinden Endingen, Lengnau, Tegerfelden und Schneisingen zukünftig eine Gemeinde Surbtal werden soll. Wobei der Name noch genauso offen ist wie ein tatsächliches Fusionsdatum – frühestens 2027.

Sehr interessiert verfolgt wird die Arbeit des «Kompasses Surbtal» vom überparteilichen Komitee «Gemeinde erhalten». Im Komitee, geführt von fünf Männern aus den vier Gemeinden, zweifelt man an der Sinnhaftigkeit einer Fusion und setzt sich für den Erhalt der bestehenden Gemeindestrukturen ein. Seit der Gründung im vergangenen Sommer haben sich 140 Bürger und Bürgerinnen aus den betroffenen Gemeinden angeschlossen. «Die starke Resonanz zeigt, wie wichtig der Bevölkerung eine fundierte Meinungsbildung ist», erklärt der Co-Präsident und frisch gewählte Grossrat Hanspeter Suter (SVP) auf Anfrage.

Hanspeter Suter. (Bild: zVg)

Am Ball bleiben
Die grosse Angst des Komitees ist, dass die betroffene Stimmbevölkerung zu einem fertigen Fusionsvertrag gedrängt werden soll – ein hochkomplexes Thema, das alle Bereiche des Gemeindelebens betrifft. Damit die Bevölkerung von Endingen, Lengnau, Tegerfelden und Schneisingen über ausreichend Zeit verfügt, um sich über diese wichtige demokratische Entscheidung zu informieren, forderte das Komitee Mitte November die Veröffentlichung der Originalberichte der acht Arbeitsgruppen sowie die Anmerkungen des Leitungsausschusses. Und auch die Option einer vertieften Zusammenarbeit müsse laut dem Komitee als echte Option auf dem Tisch liegen.

Diese Forderung nach Transparenz wurde nun allerdings abgelehnt. «Der Leitungsausschuss argumentiert, dass die Berichte Teil eines hängigen Geschäfts seien und deshalb nicht veröffentlicht werden könnten», erklärt Hanspeter Suter. Das Komitee argumentiert dagegen, dass sachliche Grundlagen wie die Berichte der Arbeitsgruppen der Meinungsbildung dienten und deshalb unter das Öffentlichkeitsprinzip fallen sollten. Den Vorschlag, den Beauftragten für Öffentlichkeit und Datenschutz des Kantons Aargau einzuschalten, lehnte der Ausschuss gemäss Suter ebenfalls ab.

Damit will sich das Komitee aber nicht zufriedengeben und will die rechtliche Grundlage der Nichtveröffentlichungen weiterhin prüfen. Das Ziel: eine möglichst frühe Veröffentlichung der Berichte. Anschliessend wolle man selbst eine eigene Analyse und Stellungnahme erarbeiten.

Demokratiebildend
Die Eigenständigkeit sieht man als zentrales Element der demokratischen Struktur. «Sie garantiert, dass jede Gemeinde ihre eigene Identität, Entscheidungsfreiheit und Nähe zur Bevölkerung bewahren kann», argumentiert Suter. Konkret geht es um Bürgernähe, kurze Entscheidungswege, Mitsprache und letztlich um Identifikation. «In autonomen Gemeinden können Bürgerinnen und Bürger einfacher Einfluss auf Entscheidungen nehmen und sind näher am politischen Geschehen», beschreibt Suter das essenzielle Werkzeug für eine effektive Gemeindeverwaltung. 

Dass die Identifikation mit der eigenen Gemeinde einen Einfluss hat, zeigt eine Studie zur Zusammenlegung der historischen 25 Ortsgemeinden im Kanton Glarus. Seit 2011 existieren dort auf dem Papier nur noch drei Gemeinden. Seit dem Fusionsbeschluss im Jahr 2006 sank die Stimmbeteiligung im Kanton Glarus stetig. So betrug der Unterschied zwischen der Gesamtschweiz und dem Glarus im Jahr 2019 insgesamt 5,9 Prozent. Und auch im Vergleich mit den direkten Nachbarkantonen betrug die Differenz der Stimmbeteiligung 5,2 Prozent, wodurch die regionalen Eigenheiten als Gegenargument entfallen. Die Studie des Zürcher Center for Research in Economics, Management and the Arts zieht daraus einen direkten Bezug zur emotionalen Verbindung mit dem eigenen Wohnort.

Beratungsängste
Zusätzlich blickt man beim Komitee in Bezug auf die Kosten beziehungsweise auf eine mögliche Kostenersparnis skeptisch auf die Gemeinde Zurzach. «Der externe Berater, der den Fusionsprozess im Surbtal begleitet, war auch für die Fusion in Zurzach verantwortlich. Dort stellte sich nachträglich heraus, dass der Steuerfuss mit 115 Prozent zu niedrig angesetzt wurde, um die Fusion attraktiver zu machen», erzählt Suter. 5 Prozent zu niedrig, um genau zu sein und die Kosten zu decken. Das Komitee befürchtet nun ähnliche Fehlkalkulationen für seine Gemeinden und beharrt deshalb auf seiner Forderung nach mehr Transparenz im Prozess.