Der Repla Brugg einen «Kick» geben

Am Neujahrsapéro der FDP des Bezirks Brugg im «Bären» in Schinznach wurde über ­Gemeindefusionen und Zusammenarbeit diskutiert.
Die Gemeindeammänner Jeanine Glarner (links) und Andreas Arrigoni (rechts) diskutierten unter der Leitung von ­Martina Sigg über Gemeindefusionen und -kooperationen. (Bild: hpw)

Im einst gemeindereichsten Bezirk Brugg veränderte sich die aargauische Gemeindelandschaft am stärksten. Die Anzahl Gemeinden sank innert 20 Jahren fast um die Hälfte, von 32 auf 20 – mit garantierter Fortsetzung aufgrund des beschlossenen nächsten Zusammenschlusses Brugg-Villnachern auf 2026. Vier Gemeinden (Hornussen, Bözen, Effingen, Elfingen) wechselten in den Bezirk Laufenburg. Und durch Fusionen ging der Bestand der politisch selbstständigen «Brugger» Gemeinden um weitere acht Kommunen zurück. Diese Entwicklung wird der wachsenden Fülle und Komplexität der kommunalen Auf­gaben zugeschrieben.

Fundiertes Podiumsgespräch
Was könnte Gemeinden stärker machen: eine Fusion oder die individuelle bilaterale Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden oder die vermehrte kollektive Kooperation auf ­Bezirksebene, im Verbund der Regionalplanungsgruppe (Repla)? Darüber diskutierten die Gemeindeammänner Andreas Arrigoni, Hausen, und ­Jeanine Glarner, Möriken-Wildegg, am Neujahrsapéro der FDP-Bezirkspartei Brugg im «Bären» in Schinznach unter der Leitung der Co-Bezirksparteipräsidentin und früheren Grossrätin Martina Sigg.

Andreas Arrigoni vertrat mit Hausen eine stark wachsende Ortschaft, die 3900 Einwohnerinnen und Einwohner zählt, momentan eine überdurchschnittliche Schuldenquote aufweist, zwischen Brugg-Windisch und der boomenden Entwicklungsregion Birrfeld positioniert ist, sich aber eher auf das Zentrum fokussiert und in ­jedem Fall an einer intensiveren ­regionalen Koordination interessiert ist. Jeanine Glarners Gemeinde ­Möriken-Wildegg, die im Bezirk Lenzburg verankert ist, zählt 4900 Bewohner, ist zurzeit finanziell sorgenfrei, macht sich jedoch wegen Schulneubauten auf 28 bis 30 Millionen Franken Schulden gefasst und bereitet sich auf die Übernahme der Bezirksschule Schinznach 2027/2028 vor. 

Vision «Bruggplus»
Aufgrund eines hängigen Vorstosses im Einwohnerrat Windisch zum Thema Fusionsstrategie nahm ­Andreas Arrigoni – aus persönlicher Sicht, wie er betonte – den Faden zu einer Vision «Bruggplus» auf: der Vereinigung des Bezirkshauptorts mit den Nachbargemeinden Windisch und Hausen, nach den Zusammenschlüssen mit Lauffohr, Umiken, Schinznach-Bad und Villnachern. Die Perspektiven für einen solchen starken Pfeiler zwischen den Poolen Aarau und Baden wären nicht schlecht, meinte der Hausener Ammann mit Blick auf Vorzüge wie den bestehenden Bildungsschwerpunkt Brugg-Windisch, das medizinische Zentrum usw. Aber Fusionen müssten immer auf Augenhöhe erfolgen.

Jeanine Glarner zog eine vertraglich abgestützte, individuelle bilaterale Gemeindezusammenarbeit den Fusionen vor. Selbstverständlich müssten die Gemeinden heutzutage über ihre Grenzen hinweg kooperieren, betonte sie. Die durch Fusionen erzielte Vergrösserung des Handlungsspielraums sei aber keine Gewähr für eine effizientere Aufgabenerledigung. Schlanke Strukturen seien ihr lieber; deshalb sei sie auch kein Fan von schwerfälligen Gemeindeverbänden. Denn je grösser das Konstrukt, desto geringer werde die Bürgernähe. Zudem müsse ein möglicher Identitätsverlust in Betracht gezogen werden, wurde aus dem Publikum eingeworfen. Eine solche Einbusse sei nicht zwingend, gab man am Beispiel der 2014 mit Schinznach vereinigten Gemeinde Oberflachs und ihrem intakt gebliebenen Dorf- und Vereinsleben zu verstehen.

Zusammenarbeit im Bezirk
Andreas Arrigoni vertrat ausserdem die Auffassung, zur Entlastung der Gemeinden wären einige Aufgaben mehr auf Bezirksebene – konkret: im Rahmen der Repla – lösbar. In diesem Zusammenhang kam die Tätigkeit der Repla Brugg zur Sprache. Sie sei mehr aufs Verwalten, weniger aufs Gestalten ausgerichtet. Ein Zukunftsbild fehle ihr. In der Öffentlichkeit werde sie kaum wahrgenommen. Der Kontakt zu den Gemeinden sei locker, ebenso zu den Grossratsmitgliedern des Bezirks, hörte man. Als besseres Beispiel wurde der enge Austausch in der Repla Zurzach mit Behörden und Institutionen der Region erwähnt.

Vorsichtig angetönt wurde das Stadt-Land-Verhältnis und hier vor allem die Rolle des Hauptorts im Bezirk. Die bei Kostenfragen zurückhaltende Stadt Brugg wird vom Umfeld eher als knausrig und selten als Zugpferd der regionalen Prosperität angesehen. Dazu erklärte Willi Wengi, ehemaliger Präsident der Brugger Finanzkommission, die Stadt habe trotz 100 Millionen Franken Vermögen strukturelle Finanzprobleme. In der Region wird das nicht so recht verstanden. Allerdings muss es seine Gründe haben, dass Brugg finanzausgleichsberechtigt ist.

Ausblick auf das neue Jahr
Den Informationsteil des Treffens rundeten die FDP-Grossräte Titus Meier (bisher) und Reto Wettstein (neu) mit Eindrücken vom parlamentarischen Start in die neue Legislaturperiode und einer Analyse der neuen politischen Kräfteverhältnisse ab – einer theoretisch knappen bürgerlichen Mehrheit, sofern alle SVP/FDP-Mitglieder bei Abstimmungen anwesend und gleicher Meinung wären. Zur zehnköpfigen neuen Grossratsdeputation des Bezirks Brugg wurde angemerkt, dass sämtliche Mitglieder aus Brugg-Windisch stammten, was keiner ausgewogenen regionalen Verteilung entspreche. 

Die Co-Bezirksparteipräsidentin und Windischer Gemeinderätin Anita Bruderer leitete mit dem Hinweis auf die Gemeindewahlen im nächsten Herbst und dem Appell, freisinnig-liberale Köpfe für Kandidaturen zu motivieren, zum Anstossen auf das neue Jahr über.