Literatur, Kino und grosse Fragen

Das Kino Excelsior und der Verein Cinéxtravagant ­begrüssten über 180 Fans zum Science-Fiction-Tag in Brugg.
Der erste Science-Fiction-Tag war ein Erfolg. (Bild: zVg)

Am Samstag, 11. Januar, fand der erste Science-Fiction-Tag der Schweiz in Brugg statt. Sechs Filme wurden im Kino Excelsior gezeigt, darunter «The Assessment», der eine Schweizer Vorpremiere war und als Juwel den Zuschauerinnen und Zuschauern lang in Erinnerung bleiben dürfte, erst recht jenen, die Kinder haben. Gleichzeitig war er der einzige Film, der nicht unter der Prämisse «Technology beyond control» stand, die sich die Co-Direktoren des Events, Daniela Minneboo und Michel Frutig, ausgedacht hatten und um die es letztlich am Kinotag ging. Aber das störte keineswegs, denn es war faszinierend, anhand dieses verstörenden und doch sehr ästhetischen Films zu erleben, welche unheimlichen und komplexen Fragen Science-Fiction an uns Menschen richtet und dabei nur ein Minimum an futuristischen Akzenten einzusetzen braucht. Das ist das Verführerische an Science-Fiction: Man entflieht der Wirklichkeit, nur um festzustellen, dass die Alternative anders gleich ist. Die grossen Fragen sind hier wie dort die gleichen. Nur haben wir mit Science-Fiction das Geschenk, ebendiese Fragen mit Büchern, Filmen, Gedankenspielen und sogar mit Pseudowissenschaft zu ergründen, zu simulieren und zu erleben, bevor sie sich Eintritt in eine Realität verschaffen, die diese Verspieltheit paradoxerweise dann absorbiert. 

Wer hätte 1984 gedacht, dass der Science-Fiction-Autor William Gibson in seinem Roman «Neuromancer» mit dem Wort «Cyberspace» eine Begrifflichkeit erschaffen würde, die sich damals völlig abstrakt und unwirklich anhörte, heute aber für die meisten von uns unausweichliche Realität ist? 

Literatur wird zu ­Realität
Als die Menschheit zum Telefonieren eine Wählscheibe drehte, kam Gibson der Einfall, seine virtuelle Welt «Ma­trix» zu taufen, die Jahrzehnte später mit dem Film «The ­Matrix» Filmgeschichte schreiben würde. Diese fast schon prometheische Facette der ­Science-Fiction vermittelte uns Moderatorin Caroline Dahl während des Sci-Fi-Buchclubs in der Kinosuite, in der leider nicht alle Interessierten Platz fanden. Ausserdem war die Zeit dieses literarischen Ausflugs zwischen den Filmen knapp bemessen. Obwohl zwischendurch etwas improvisiert werden musste, insbesondere weil die unerwartete Anzahl an Be­sucherinnen und Besuchern gewisse Herausforderungen stellte, war die liebe-volle und verspielte Inszenierung des Events nicht zu übersehen: Die «Crew» rund um Minneboo und Frutig steckte in Astronautenoveralls, sodass man sich abwechselnd wie auf dem Raumschiff «Dark Star» fühlte, dann aber auf der «Nostromo». Auch kulinarisch überraschte das Team mit gewitzten Einfällen, zum Beispiel einer Neuinterpretation des Hotdogs. Einzig die «Space Sounds» von DJ HNS gingen angesichts der ­angeregten Unterhaltung der vielen ­Besucherinnen und Besucher etwas unter. 

Auch Kino braucht Zukunft
Apropos Unterhalten: Das gehört zum Kinoerlebnis: Wenn das Licht ausgeht, versinkt man im Sessel und konzen­triert sich einzig und allein auf die bewegten Bilder, die Filmmusik und die Dialoge. Es wird nicht auf dem Handy gedaddelt, nicht auf Pause gedrückt, nicht nebenher Wäsche gebügelt, so wie man mittlerweile Filme dank Streaming-Plattformen schaut. Man hört nach den Filmen auch nicht einsam auf dem Tablet einem Youtube-Filmkritiker zu, weil man hofft, jemand teile die eigene Meinung. Nein. Nach dem Kinofilm, wenn die Lichter im Saal angehen, schreitet man ins Foyer, schnappt sich ein Getränk und spricht mit seinem Gegenüber über den Film. Diskutiert. Interpretiert. Assoziiert. 

Kino ist Kultur. Und man muss der «Crew» danken, dass sie diese Kultur für die Zukunft am Leben erhält, denn es steht jetzt schon fest, dass das Kinoerlebnis «We will see» nächstes Jahr erneut stattfindet, erneut grossartige Science-Fiction-Filme gezeigt werden und diese uns wieder vor grosse Fragen stellen.