«Einen tauglichen Feuereimer bereithalten»

Ein leicht vergilbtes Heftchen von 19 Seiten reglementiert, was im Brandfall geschehen soll. Ein Rückblick auf das Brugg des Jahres 1900.
Das Titelblatt der Verordnung aus dem Jahr 1900. (Bild: pbe)

In der heutigen Zeit, da Tanklöschfahrzeuge, Sanitäts-, Signalisations-, Fernmelde- und Atemschutzgeräte nebst vielem mehr standardmässig zu jedem Feuerwehrkorps gehören, mag es interessieren, wie die Sache damals aussah. Vor ziemlich genau 125 Jahren, am 31. Januar 1900, erschien die neue Feuerwehrordnung. Unterzeichnet ist sie von Dr. Hans Siegrist, von 1897 bis 1917 Gemeinde- beziehungsweise Stadtammann, sowie vom damaligen Stadtschreiber Hermann Geissberger.
Das Reglement umfasst 46 Paragrafen. Darin sind die Verantwortlichkeiten und Befugnisse nicht nur der Feuerwehroffiziere, sondern auch des Gemeinderats und der Feuerwehrkommission geregelt. Weitere Richtlinien betreffen Funktionen der Chargen, Abzeichen und Auszeichnungen, Inspektion und Hauptübung und anderes mehr. In der Folge seien jedoch einige Paragrafen aus den allgemeinen Bestimmungen zitiert, die den Unterschied zu dem heute Selbstverständlichen besonders deutlich machen.

Feuereimer und Laternen

Paragraf 3 besagt, wie sich Hauseigentümer auf einen eventuellen Brandfall vorbereiten müssen: «Jeder Einwohner, der eigene Haushaltung führt, ist bei gesetzlicher Busse verpflichtet, einen tauglichen, mit seinem Namen oder der Hausnummer versehenen Feuereimer und eine in gutem Stand befindliche Laterne zu halten. Diese Geräte sollen für Brandfälle stets in Bereitschaft gehalten und der Feuerschau bei den Umgängen vorgewiesen werden.»
Und weiter: «Bei einem zur Nachtzeit ausgebrochenen Brande ist jede in der Nähe wohnende Haushaltung verpflichtet, eine mit brennendem Licht versehene Laterne vor ein an die Strasse stossendes Fenster ihrer Wohnung zu stellen. Zudem sind die Hausgänge und Treppen der in der Nähe des Brandplatzes befindlichen Häuser genügend zu beleuchten.»

Alarm!
«Die Ortspolizei hat bei Feuerausbruch im Gemeindebann Brugg sofort das Feuerwehrkommando in Kenntnis zu setzen und durch das Läuten des Feuerglöckleins und ununterbrochenes Blasen des Nebelhorns durch alle Gassen die Feuerwehr aufzurufen.» (§ 5)
«In allen Häusern in der Nähe des Brandplatzes, hauptsächlich in denen, die in der Windrichtung liegen, sollen sofort alle Dachluken und Fenster geschlossen werden. Überdies sind in solchen Häusern auf dem Estrich Wasser und nasse Tücher in Bereitschaft zu halten, um eindringende Funken sofort löschen zu können.» (§ 8)

Wenn es kalt ist
«Bei grosser Kälte soll während eines Brandes sowohl in den öffentlichen und Privatwaschhäusern, Brauereien und Gasthöfen als auch in allen übrigen mit grossen Kesseln und gehöriger Feuereinrichtung versehenen ­Lokalitäten Wasser gewärmt und zur Verfügung der Feuerwehr in Bereitschaft gehalten werden.» (§ 10)
Zur Unterstützung der Feuerwehrleute können Aussenstehende zu­gezogen werden. Das regelt Paragraf 11: «Die Stabsoffiziere und Spritzenchefs sind befugt, ausser der Linie stehende Nichteingeteilte zur Hülfeleistung anzuhalten und im Weigerungsfalle auf die Polizeiwacht bringen zu lassen.»

Untätigkeit und Beleidigungen
Das Bussenwesen ist ebenfalls geregelt. In Paragraf 14 steht unter anderem: «Unentschuldigtes Wegbleiben vom Dienste bei Brandfällen wird mit Bussen bis zu 15 Fr. belegt.» Mit der folgenden Präzisierung: «Als Entschuldigungsgründe können einzig angenommen werden: Krankheit oder nachweisbar notwendige Abwesenheit.»
Ferner können die folgenden Vergehen mit empfindlichen Bussen geahndet werden: «Nachlässigkeit, Nicht­befolgung erhaltener Befehle, Untätigkeit, verspätetes Eintreffen am vorgeschriebenen Platze, Entfernung von angewiesenen Plätzen, Widersetzlichkeit und beleidigendes Betragen gegen Obere.»

Freiwillig oder unfreiwillig
Nachzutragen bleibt, dass damals «alle in der Gemeinde Brugg woh­nenden Gemeindebürger, Niedergelassene und Aufenthalter vom angetretenen 20. bis zum zurückgelegten 50. Altersjahr» feuerwehrpflichtig waren.
Zwar «ist der Eintritt ins ­Retter­corps ein freiwilliger», aber: «Im Falle die nötige Mannschaft auf dem Wege der freiwilligen Rekrutierung nicht erhältlich ist, steht der Feuerwehrkommission das Recht zu, die vakanten Stellen durch geeignete Leute auf dem Wege des Dienstzwanges zu besetzen.»
Diese Feuerwehrordnung erhielt jeder Feuerwehrpflichtige, sie wurde ausserdem jeder Haushaltung zu­gestellt.