Die Rettung der Brugger Mauersegler

Kürzlich lud der Verein ­Birdlife Brugg zu einem öffentlichen Vortrag zu den Mauerseglern ins Süssbachzentrum.
Beim Werkhof Brugg haben viele Mauersegler eine neue Heimat gefundenBild: BHE

Es war ein Vortrag über die Entwicklung der Mauer- und Alpensegler in der Region Brugg. Als Referent konnte der langjährige Gebäudebrüter-­Beauftragte des Kantons Aargau, Andres Beck, gewonnen werden. In dieser Funktion kennt er nicht nur all die herausragenden Eigenschaften dieser pfeilschnellen Langstreckenflieger, er weiss auch um die Probleme und Nöte, welche die Gebäudebrüter in der heutigen Zeit haben, zum Beispiel aufgrund der Sanierung von Altbauten. Zu den Gebäudebrütern gehören neben den Seglern zudem die Schwalben sowie einige Falken- und Eulenarten.
Die Geschichte der Rettung der Brugger Mauersegler begann mit dem Abriss des alten Gaswerks der Indus­triellen Betriebe Brugg (IBB) im Jahr 2005. Dadurch gingen die Nistplätze von rund 20 Mauerseglerpaaren unweigerlich verloren. Besorgte Natur- und Vogelschützer entwickelten in aller Eile einen Rettungsplan. Während die Mauersegler im Winterquartier in Afrika weilten, stellten sie den «ausgesperrten» Brutpaaren geeignete künstliche Nistmöglichkeiten im nahen Werkhof der Stadt Brugg bereit, notabene mit Unterstützung von Stadtbauamt und IBB. Schon in der ersten Brutsaison wurde einer der insgesamt 24 Nistkästen besetzt, und in den folgenden Jahren konnten sich wohl die meisten Brutpaare mit der Umsiedlung anfreunden, sodass die Kapazität im Jahr 2014 auf 84 Nistplätze erhöht wurde – Tendenz der Belegung bis heute zunehmend.

Schreinerwerkstatt im Estrich der Klosterkirche
2006 gründeten die Mauersegler-Freunde den Verein Birdlife – Naturschutz Brugg und Umgebung – unter der Leitung von Maja Suter und schrieben sich den Schutz der Mauersegler als wichtigsten Schwerpunkt auf ihre Fahne. Sie fanden bald ein neues Tätigkeitsfeld in Königsfelden. Bei einem Brutvogelinventar stellte Andres Beck fest, dass im Dachgeschoss der Klosterkirche bereits viele Mauersegler brüteten und ein grosses Potenzial für weitere Brutplätze besteht. «Es gab Probleme, weil Mauersegler öfter in den Kirchenraum gelangten oder auf den Boden stürzten. Die Jungvögel spazierten im Estrich umher und vermischten sich, da es keine getrennten Brutnischen gab. Mauersegler leben zwar in Kolonien, aber für das Brutgeschäft sind die einzelnen Paare lieber unter sich», beschreibt Beck die Situation. Es mussten bauliche Änderungen vorgenommen werden.
Hierfür wurde 2009 im Dachgeschoss der Klosterkirche eine temporäre Schreinerwerkstatt eingerichtet. Unter dem Kirchendach wurde gehämmert, gesägt, geschraubt und geputzt – meist unbemerkt von den Besucherinnen und Besuchern, die unten die Kunstschätze von Königsfelden bewunderten. Vorwiegend die Vorstandsmitglieder des neuen Vereins sowie einige handwerklich versierte Vereinsmitglieder leisteten mit 700 Arbeitsstunden einen grossen freiwilligen Einsatz. Andres Beck half selbst tatkräftig mit. Ab der Brutsaison 2010 standen den Mauerseglern in Königsfelden 120 neu gestaltete Nistplätze sowie einige weitere für Alpensegler zur Verfügung. 2022 wurden 78 Brutpaare mit 148 Jungvögeln gezählt.
Die Klosterkirche wurde während der Jahre 2023/2024 umfassend saniert, die Kirche eingerüstet und mit Netzen gesichert. In der Folge waren die Brutplätze für die Mauersegler nicht mehr zugänglich. Als Ersatz liess Andres Beck am Gerüst 63 Ersatznistkästen montieren. Diese wurden während der Renovation von bis zu 43 Mauerseglerbrutpaaren genutzt. Inzwischen ist die Sanierung der Klosterkirche abgeschlossen, und wir sind gespannt, wie sich die Situation in dieser Brutsaison entwickelt.

Schutz bei ­Gebäudesanierungen
Die Mauer- und Alpenseglerstandorte im Kanton Aargau wurden mittels Inventar vom Kanton erfasst. In Brugg sind 45 Standorte bekannt, in Windisch 15. Die beiden beschriebenen Mauerseglerkolonien Werkhof und Königsfelden gehören zu den grössten im Kanton Aargau. Weitere Brutplätze in Brugg befinden sich im Schwarzen Turm, am Agrisano-Gebäude und bei der alten Post. Alle wurden vom Verein Birdlife Brugg ausgebaut. Auf dem Dach des Gemeindehauses Windisch installierte Andres Beck viele Nistkästen für Alpensegler, um diese von den Rollladenkästen wegzubringen, wo sie sich zuvor eingenistet hatten.
Ein grosses Problem stellen Gebäudesanierungen dar. Dadurch verschwinden natürliche Seglerbrutplätze wie Mauer- und Dachnischen, Schlitze usw. Deshalb ist es wichtig, durch die Inventarisierung die entsprechenden Standorte zu kennen, um Massnahmen bei Sanierungen ergreifen zu können, am besten schon bei den Baugesuchen. Oft geht vergessen, dass Mauer- und Alpensegler gemäss Bundesgesetz geschützte Tierarten sind und die Brutplätze deshalb erhalten bleiben müssen. Bei denkmalgeschützten Häusern ist es schwierig. Obwohl die Tiere bundesgesetzlich geschützt sind, muss der Kanton sich darum kümmern.
«Es gibt heute im Kanton viele kleine Gemeinden, wo Segler und Schwalben nicht mehr vorkommen. 50 Prozent der Standorte existieren nur noch dank dem Einsatz von Vogelschutzvereinen oder sonstigen Seglerfans. Grosse Kolonien wie in Brugg gibt es nur noch wenige», schliesst Andres Beck seinen Vortrag.