Seit 30 Jahren im Rampenlicht

Mit Spass, Witz und Zaubertricks begeistert Billy. Wenn er nicht auf der Bühne steht, arbeitet er Teilzeit als Bestatter.
Adrian Bill in seinem Element. (Bild: Fotowerder)

Untersiggenthal – «Die Unterhaltungskunst liegt mir wohl in den Genen», erzählt Adrian Bill, besser bekannt als Clown Billy. «Schon mein Grossvater belustigte am Stammtisch die anderen Gäste mit Zauberei, Klamauk und witzigen Sprüchen», so Adrian Bill weiter. Der Clown und Zauberer Billy feiert in diesem Sommer sein 30-Jahr-Jubiläum.
Aufgewachsen in Untersiggenthal, entdeckt Adrian Bill schon früh seine Leidenschaft für die Unterhaltung. Er macht eine Kochlehre, perfektioniert während der Zimmerstunde seine Diabolokünste und begeistert die Nachbarskinder mit Geschichten. Ein Wendepunkt ist die Begegnung mit dem deutschen Clown Diabolo beim Wettinger Fest – was für ein Namenszufall. Als Mentor prägt er Billy nachhaltig und führt ihn in die Geheimnisse der Clownerie und der Zauberei ein.

Am scheuen Kuss hat es wohl nicht gelegen
Der erste bezahlte Auftritt ist während eines Italienurlaubs, als Billy mit improvisierten Requisiten vom Markt auf dem Campingplatz eine Gesellschaft beim Geburtstag einer jungen Dame unterhält. Die Gage ist schliesslich ein simples T-Shirt vom benachbarten Tauchshop sowie ein scheuer Kuss des Geburtstagskindes. «Der Kuss wird wohl nicht den entscheidenden Ausschlag gegeben haben», witzelt Adrian Bill, «aber als ich wieder in der Schweiz war, wusste ich genau, dass ich mein Hobby zum Beruf machen wollte.» Zu diesem Zeitpunkt ist er 19 Jahre alt.
Die Werbung bei den umliegenden Unternehmen per Telefax trägt Früchte, dann geht es Schlag auf Schlag. Es folgen Auftritte bei Gewerbeschauen, im Zirkus, auf Kleinkunstbühnen mit Ursus & Nadeschkin und im Fernsehen anlässlich der Sendung «Samschtig-Jass». Billy nimmt ausserdem an Schweizer Showtalent-Wettbewerben teil. Bei Marvin Hardy, einem der besten amerikanischen Ballonkünstler, nimmt er Unterricht und verfeinert sein Können im Umgang mit der Dressur von Ballon­tieren. Später besucht er in Zürich die Zauberschule. Im Jahr 2003 besteht er offiziell die Aufnahmeprüfung beim Magischen Ring Schweiz – ein Ritterschlag. Ein paar Jahre später macht Adrian Bill einen Abstecher ins ­Tonstudio und nimmt das Kinderlied «1, 2, 3 Zauberei» auf.
Im Jahr 2016 scheint die Zauberei immer wichtiger für Adrian Bill zu werden, deshalb wird aus Clown Billy fortan Billy, Clown & Zauberer. Vor acht Jahren lernte der Untersiggen­thaler den Deutschen Andreas über Facebook kennen. Mit ihm bildet er später das Zauberduo Andreas & Billy und ist regelmässig in Deutschland unterwegs. Mittlerweile positioniert sich der heute 49-Jährige noch mehr auf dem Markt, er gründet eine GmbH mit dem Namen Abill. Letztes Jahr veranstaltete der Künstler sein erstes fulminantes abendfüllendes Programm mit einer grossen Schwebeillusion. Er begeistert. Einmal mehr.

Ein Abstecher in die Echtwelt
Wie hat sich Adrian Bills Arbeit in den 30 Jahren verändert? «Die grösste Veränderung liegt bei den Medien. Früher lernte man vieles über Bücher und VHS-Kassetten, heute ist alles im Internet zu finden. Früher wurden Auftritte mit Mundpropaganda beworben, heute ist es wichtig, dass die eigene Website bei Google gut ankommt», erklärt ­Adrian Bill. Hat sich das Publikum ebenso verändert? «Ja, sogar sehr. Es gibt etliche Themen, die heute nicht mehr gebracht werden dürfen. Man muss überlegen, ob man zum Beispiel ‹Mohrenkopf› im Programm überhaupt noch sagen darf. Früher hat sich niemand etwas dabei gedacht, heute wird alles auf die Goldwaage gelegt», so der Entertainer weiter. Und woher hat Adrian Bill die Ideen? «Ich habe Tausende von Ideen, wovon ich letztlich zwei bis drei sicher gebrauchen, umsetzen und auf die Bühne bringen kann», sagt der Zauberer. Zu Hause hat er ein grosses Lager mit vielen alten Schätzen, die er in den letzten Jahren gesammelt hat. Darunter viele Requisiten von Zauberern, die aufgehört haben.
Die aktuelle Weltlage sieht vielleicht nicht gerade rosig aus. Was bedeutet es deshalb heute, überhaupt lustig zu sein? «Ich bin überzeugt, dass analoge Unterhaltung gerade in solchen Zeiten überaus wichtig und wertvoll ist. Man sollte, statt zu Hause hinter dem Mobile oder dem PC zu sitzen, ­lieber ein Theater oder ein Konzert besuchen. Das hat einen wunderbaren Effekt», empfiehlt Adrian Bill. Und ein Abstecher in die Echtwelt sei immer gut, Humor bringt schliesslich Menschen zusammen. Vor Kurzem kamen etliche Jugendliche nach einem Auftritt zu ihm und lobten seine Fingerfertigkeiten. Sie waren überrascht, dass das jemand live umsetzen kann. Bis anhin hatten sie solche Sachen lediglich auf Tiktok gesehen.
Im Ortsmuseum Untersiggenthal startet im April die Sonderausstellung «Zauberei», an der sich auch Billy beteiligt. Und am 23. August findet die Jubiläumsgala mit hervorragenden Künstlerinnen und Künstlern ­sowie einem bekannten Bauchredner in der Sickinga-Festhalle in Unter­siggenthal statt. Ein fröhliches Kinderfest mit Hüpfburg, Streichelzoo sowie Kindershow ist tags darauf geplant.

Teilzeitjob als Bestatter
Privat ist Adrian Bill verheiratet und hat zwei Kinder. Und der Clown aus ­Untersiggenthal arbeitet Teilzeit in einem Beerdigungsinstitut. Diese doch zwei relativ unterschiedlichen Beschäftigungen könne er bestens vereinbaren. «Sie haben vieles gemeinsam, mehr als man vermutet», erklärt Bill für einmal ernst. Bei beiden Tätigkeiten sei Einfühlungsvermögen gefragt: beim Publikum auf der Bühne sowie bei den Hinterbliebenen beim Trauergespräch. Und hier kommt ihm wieder seine Familien-DNA zugute. Sein Grossvater war nämlich, neben einem fröhlichen Unterhalter am Stammtisch, Bildhauer für Grabsteine in Wettingen. Und Adrian Bills Mutter führte in Turgi ein Blumengeschäft und stellte Trauerflore her. Die Trauerkränze durfte Adrian dann, um etwas Taschengeld dazuzuverdienen, auf den Friedhöfen austragen. Sein Lebensmotto könnte deshalb nicht passender sein: «Geniesse das Leben. Das Publikum unterhalten zu dürfen, ist nicht nur mein Beruf, sondern meine ganz grosse Leidenschaft.»