Unterwegs in Schwedisch-Lappland

Zwei Monate im hohen Norden, zusammen mit elf Schlittenhunden und drei Kindern. Das erlebte die Familie Matsch aus Villnachern.
Die Hunde zogen die Schlitten bis zu 48 Kilometer weit. (Bild: zVg)

Die Familie geniesst das raue Klima, den Schnee, die herrlichen Nordlichter, das Eisfischen und die Trainingsfahrten. Die Reise geht über 3000 Kilometer. Endlich liegt Vilhelmina mit den angemieteten drei Häusern samt Zwingeranlage vor ihnen – mitten im Nirgendwo. Rundherum nur Wälder und Seen. Rasch werden die Hundehütten mit Stroh und Holzwolle wohnlich gestaltet. Das reine Rüdenrudel, alles nicht kastrierte, reinrassige ­Siberian Huskys, fühlt sich in der Kälte pudelwohl. Zwei- und Vierbeiner sind in ihrem Element.
«Nach der Erkundung der Umgebung und einer Phase der Entschleunigung fuhren wir zum berühmten Rentiermarkt», erzählt Janine Matsch. «Er liegt hinter dem Polarkreis. Dort lässt sich alles finden, was das Nordländerherz begehrt: Felle, Rentiere, Schnitzereien, Outdoorausrüstung. Wir besuchten auch das Rentierrennen.» Erste Schlittenhundetrails folgen, zuerst nur für die Eltern. Zudem braucht es eine Auslauffläche für die Hunde. Pfähle müssen ins Eis gebohrt werden, viel Schnee ist zu bewegen.
«Als Abwechslung ging es dann zur Autodriftstrecke nach Arvidsjaur», erzählt die Villnacherin. «Die Kinder durften auf dem Beifahrersitz im Ford Mustang mittun. Es war wie Achterbahnfahren. Und einige Nächte später präsentierten sich die Nordlichter, einfach wunderschön. Sie brachten sogar unsere Hunde zum Heulen.»

Erste Trainingsfahrten
In der zweiten Woche beginnen die Trainingsfahrten mit den Kindern – sie sind sechs, sieben und zehn Jahre alt. Eine Tour dauert etwa zwei Stunden, jedes Kind hat einen bis zwei Hunde vorgespannt. Die Abende verbringt die Familie mit Gesellschaftsspielen und übt dabei en passant das Zählen auf Englisch und Französisch. Denn der Nachwuchs muss ja beschult werden.
Das Homeschooling gelingt ganz gut, am besten nach dem Frühstück. Inzwischen haben die Hunde Muskeln und Kondition aufgebaut, die Morgen-, Abend- und Nachttrainings bei minus 20 Grad zeigen Erfolg. Während dieser achtwöchigen Auszeit frisst das Rudel rund 300 Kilogramm Fleisch, das zum Teil, um es kühl zu halten, tief im Schnee vergraben ist. Und wieder ein Highlight: eisfischen auf dem nahen See. Das Bohren der Löcher durch das gut 40 Zentimeter dicke Eis ist schweisstreibend. Leider beisst keines der Wassertiere an. Dann ist man lieber mit dem Schneemobil unterwegs.

Die Familie auf Schneemobilen in den Weiten Lapplands. (Bild: zVg)

Schwankende Temperaturen
Temperaturschwankungen und der Klimawandel machen sich auch in dieser Gegend bemerkbar. «In der vierten Woche begann der Schnee zu schmelzen, das Thermometer zeigte nur noch null Grad. In diesem Pflotsch zu touren, war kein Vergnügen, weder für die Hunde noch für uns. Doch wir passten uns der Situation an und bauten ein Iglu, das in den folgenden Nächten gefror», so Janine Matsch.
Unterdessen haben die helvetischen Urlauber so viele Nordlichter geniessen können, dass sie nicht mehr jedes Mal ausser sich geraten. Vielmehr müssen sie für ihre Schlittentrainings, da es wieder kälter geworden ist, die Schneelöcher nivellieren. Die Trails ziehen sich über Moore und durch Wälder. Familie Matsch fährt dabei bis zu 48 Kilometer lange Routen. Die Hunde halten ausgezeichnet mit und sind danach wortwörtlich hundemüde. Die Kinder erproben die Sauna, allerdings nur bis zu einer Temperatur von 40 Grad. Und weil das ein Geburtstagswunsch der Tochter ist, schläft die ganze Familie für ein paar Tage in einer minimal ausge­statteten Hütte – ohne fliessendes Wasser, ohne Strom. Der Besuch des Plumpsklos nachts ist eine Herausforderung.

Solotour mit acht Hunden
Dann schlägt für Vater Andy Matsch die grosse Stunde: Er unternimmt mit einem Achtergespann eine 35 Kilometer lange Solotour. Der Nachwuchs ist derweil weiterhin vom Schnee begeistert: Wer findet den grössten Eiszapfen, wer erklimmt am schnellsten den Eishügel? Alles ist spannend. Und der nächste Versuch im Eisfischen bringt Ausbeute: drei Barsche, die abends mit Genuss verzehrt werden. Auch das Skigebiet in Kittelfjäll probieren die Schweizer aus und stellen fest: Mit unseren heimischen Skiregionen sind wir wirklich verwöhnt.
Zum Abschluss stehen noch drei Tage im Biwak an, also das Zelten in der Wildnis, ausgerüstet nur mit dem Nötigsten. «Das Packen war jedes Mal eine Schinderei», sagt Janine Matsch schmunzelnd, «fast so kräfteraubend wie das ständige An- und Ausziehen. Unsere drei Schlitten transportierten neben uns gut 30 Kilogramm Gepäck. Und da wir nicht überall Bachläufe antrafen, mussten wir oft Schnee schmelzen. Die Hunde ihrerseits waren wahnsinnig aufgedreht, sie spürten das Abenteuer.»
Der Ausflug wird zum grossen Erlebnis: Alle überstehen den Trip gut, trotz kalter Nächte. Exzellente Ausrüstung ist alles. «Tja, und dann war unsere Auszeit zu Ende, der schweizerische Alltag rief», erzählt Janine Matsch. «Wir sind uns aber alle einig: Das war eine tolle Zeit. Irgendwann wiederholen wir das.»