Königsfelden ist ein Kulturjuwel

Die Klosterkirche Königsfelden und die angrenzenden ­Gebäude des einstigen Spitals und der Landschreiberei ­erstrahlen in neuem Glanz.
Die Restaurierung der 700-jährigen Klosterkirche Königsfelden wurde mit einem Tag der offenen Klostertür offiziell abgeschlossen. (Bild: hpw

Die 700-jährige Klosterkirche Königsfelden ist das bedeutendste Baudenkmal des Aargaus. Sie ist eine Stätte des Gedenkens und nach der komplexen Restaurierung erst recht wieder ein Ort des Staunens. Das helle Mauerwerk verleiht ihr Eleganz und ästhetische Klarheit. In zweijähriger Sanierungsarbeit wurde der Verputz ausgebessert, wurden die Fassaden und Strebepfeiler in Al-fresco-Kalkfarbe gestrichen, das Steildach umgedeckt und gegen Erdbeben gesichert sowie der schlanke Turm mit dem offenen Glockenstuhl, der goldenen Krone in der Mitte und dem Andreaskreuz zuoberst, 53 Meter ab Boden, neu gerichtet.
Auch die Chorfenster, die zu den herausragenden Werken der mittelalterlichen Glasmalerei in Europa gehören, wurden kontrolliert, gereinigt und ausgebessert, und 7004 spröde Stellen wurden in den Bleifassungen geflickt. Aber zuvor dauerte es zweieinhalb Monate, bis die 330 einzelnen Scheibenfelder mit grösster Sorgfalt ausgebaut und in den Kulturgüterschutzraum gezügelt waren.

Rechtzeitig zur blühenden Frühlingszeit erstrahlt die Klosteranlage Königsfelden in neuem Glanz. (Bilder: hpw | H. R. Urech

Vom Kloster zum Baudenkmal
Königsfelden gilt als erster Memorialort der Habsburger. Für den von seinem Neffen Johann von Schwaben ermordeten König Albrecht I. stiftete Königinwitwe Elisabeth 1310 am Ort des Geschehens das Doppelkloster. Es bestand aus dem gotischen Sakralbau mit dreischiffigem Langhaus und dreijochigem Chor, dem Konvent der Franziskaner auf der Nordseite der Kirche und dem Nonnenkloster der Klarissinnen auf der Südseite. Der berühmte Glasgemäldezyklus im Chor entstand zwischen 1330 und 1340.
In der Gruft unter dem Mittelschiff wurden vorübergehend die verstorbene Königinwitwe und ihre Tochter Königin Agnes von Ungarn sowie die in der Schlacht bei Sempach gefallenen habsburgischen Ritter beigesetzt. Mit der Eroberung des westlichen Aargaus durch Bern, 1415, brachen die Beziehungen zum Stifterhaus ab. Bern hob im Gefolge der Reformation das Kloster auf. Königsfelden wurde zum bernischen Landvogteisitz und die Kirche in ein viergeschossiges Kornlager umfunktioniert.
1804 übernahm der neu gegründete Kanton Aargau den Klosterkomplex. Er konnte mit dem Bauwerk ­zunächst wenig anfangen, weil er ­andere Sorgen hatte. Aber mit der Zeit kam er nicht um die Instandstellung von Schäden durch Witterung und Vandalen an Kirche, Chor und den berühmten Fenstern herum. Auf dem Gelände entstand 1868 die Heil- und Pflegeanstalt. Dabei wurde sogar der Abbruch der Kirche erwogen. Der Rückbau beschränkte sich schliesslich auf das verlotterte Männer­kloster.
Umfassend restauriert wurde zwischen 1886 und 1900. Einige Massnahmen erschienen aus denkmalpflegerischer Sicht später als fragwürdig. Man versuchte, sie bei der nächsten Kirchensanierung von 1983 bis 1986 und der Mängelbehebung der Glasmalereien zwischen 1987 und 2002 zu verbessern. Der dabei wiederhergestellte Lettner verlieh der Kloster­kirche einen gänzlich neuen Raumcharakter

Klosterkirche Windisch

Das Dach der Klosterkirche wurde mit dickerer Dachlattung gegen ­Erdbeben verstärkt.

Klosterkirche Windisch

Dank der neuen Schutzverglasung kommen die berühmten Kirchenfester besser zur Geltung.

Klosterkirche Windisch

Abplatzender Verputz gefährdete die unmittelbare Umgebung der Klosterkirche.

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Verbessert, wenig verändert
Den jetzigen Sanierungsarbeiten ging eine zweieinhalbjährige Planungsphase mit vielen Abklärungen voraus. Dabei nahmen der Architekt, die Handwerker und Denkmalpfleger neue Techniken und wissenschaftliche Erkenntnisse zu Hilfe, die es vor 50 Jahren noch nicht gab. Beispielsweise wurde in Laboruntersuchungen die Zusammensetzung der noch ­existierenden originären Verputzreste aus dem 14. Jahrhundert genau ­analysiert und daraus die Ausbesserung der Schadstellen sowie die Tünchung des neuen Deckputzes nach­gebildet.
Laut dem bauleitenden Architekten Hansruedi Urech verfolgte die Restaurierung das Ziel, möglichst wenig am Objekt zu verändern und sich nach den ursprünglichen Zuständen zu richten. So wurde die frühere graufarbige Quaderzeichnung in den Fensterbögen und an den Strebepfeilern weggelassen, weil es dafür keine ­historischen Belege gab. Das Bauwerk wirkt dadurch anmutsvoller.
Auch auf zwei andere Entscheide sind die Restaurierungsfachleute stolz. Erstens fanden sie für die Forderung nach Erdbebenertüchtigung der Klosterkirche nach eingehenden Studien eine verblüffend einfache Lösung, indem sie die Dachlattung verstärkten, ohne die historische Dachstuhlkonstruktion zu verändern. Zweitens entfernten sie die feinen Drahtgitter vor den Chorfenstern und schützten sie durch ein unsichtbares Sicherheitsglas, wodurch die faszinierenden Glasmalereien in neuem Licht erscheinen.
Mit der auf rund 5 Millionen Franken veranschlagten Restaurierung waren 50 Fachleute beschäftigt. ­Ihnen wanden der kantonale Denkmalpfleger Reto Nussbaumer und Heiko Dobler, Leiter Bauberatung bei der Denkmalpflege, am Tag der offenen Klostertür am letzten Samstag vor unerwartet grossem Publikum ein Kränzchen. Die anspruchsvollen und nicht ungefährlichen Arbeiten in luftiger Höhe verliefen unfallfrei. Auch der Gerüstbauer war der Aufgabe gewachsen, weil seine Podeste bis zur Turmspitze hinauf mehreren Stürmen standhielten.