Verankerung des Heimatgefühls

Ein Steinbruch und ein Atommüll-Endlager beschäftigten Pro Bözberg. Jetzt rückt die Waldbewirtschaftung in den Fokus.
Gemeinsames Anliegen des Unternehmers Otto H. Suhner (links) und des ­Biologen Johannes Jenny: Dem Wald Sorge tragen. (Bild: hpw)

Pro Bözberg wurde vor 23 Jahren gegründet. Der erste Einsatz galt der Verhinderung eines grossen Steinbruchprojekts der Jura-Cement-Fabriken AG. Dann verfolgte der Verein mit zeitweise über 2000 Mitgliedern kritisch, aber nicht von vornherein ­ablehnend die Option des Atommüll-Tiefenlagers Bözberg. Neues Schwerpunktthema ist nun die schonende Waldbewirtschaftung. Präsident Otto H. Suhner zeigte an der Generalversammlung Bilder von kahlschlagähnlichen Abholzungen und den Folgen rüder Forstmaschineneinsätze.
Der vor Kurzem 80 Jahre alt gewordene Unternehmer Otto H. Suhner, der in einem Weiler mitten in der Bözbergsphäre wohnt, präsidiert Pro Bözberg seit der Gründung im Jahr 2002 mit Herz und Verstand – und nach altbewährter Manier. Für die Leitung der Jahresversammlung bediente er sich wie gewohnt seiner ­legendären beiden Hellraumprojektoren. Mit 59 Folien erläuterte er die zur Diskussion stehenden Sachverhalte. Diese Präsentation verlangte von ihm viel Bewegung, funktionierte aber problemlos – im Gegensatz zum computergestützten Vortrag von Gastreferent Johannes Jenny, der den «abgestürzten»
Laptop mehrmals neu starten musste.
Apropos Herz: Der Journalist und Buchautor Peter Belart würdigte in einem Grusswort die Bedeutung von Pro Bözberg. Die Vereinigung trage dazu bei, die engste Heimat besser kennenzulernen und zu schätzen. Das stärke die Verwurzelung der Bevölkerung mit der Gegend und sei die beste Basis, um dem Lebensraum Bözberg, der Landschaft und der Natur, auch dem Wald, Sorge zu tragen.

Eine nukleare Pendenz
In seinem Jahresbericht bestätigte der Präsident, dass die Vereinsmitglieder in einer Umfrage der Waldbewirtschaftung und dem Naturschutz am meisten Gewicht beigemessen hätten. Das Thema Atommüll-Tiefenlager Bözberg ist nach dem Entscheid für den Standort Nördlich Lägern zwar vom Tisch. Für die Region bleibe jedoch eine nuklearrechtliche Restin­stanz, erklärte das Vorstandsmitglied André Lambert. Denn das Zwischenlager Würenlingen benötige für die Verpackungsanlage, in der die Nuklearabfälle für den Transport in das künftige Endlager vorbereitet würden, noch eine Rahmenbewilligung.
Die Generalversammlung hiess die von Kassier Max Stähli vorgelegte Jahresrechnung 2024 mit einem Gewinn von 426 Franken und einer leichten Vermögenszunahme auf 16 273 Franken sowie das Budget 2025 mit einem unveränderten Mitgliederbeitrag von 5 Franken pro Person gut. Wiedergewählt wurden neun Vorstandsmitglieder genauso wie Präsident Otto Suhner. Jürg Wüest trat zurück.

Wald hüben und drüben
Nach den statutarischen Geschäften stellte der Biologe Johannes Jenny, FDP-Grossrat und ehemaliger Geschäftsführer von Pro Natura Aargau, die von ihm und seinen acht Geschwistern gegründete Stiftung Federico Wildermuth vor, die von grossmütterlicher Seite 1630 Hektaren Feuchtgebiete und Dauerweiden erbte und mit dem Schweizer Projekt Sagittaria weitere 800 Hektaren Atlantikurwald in Nordargentinien retten und an die indigene einheimische Bevölkerung Mbya Guarani zurückgeben konnte. Die Mbya seien hoch entwickelt, aber in eine andere Richtung als wir, berichtete Jenny. Ihr Credo lautet: «Wir sind nicht arm, wenn wir nicht haben, was wir nicht brauchen. Arm sind wir ohne Wald.»
Der Referent versäumte nicht, auf die gemeinsame Bedeutung des ­Waldes im Klimawandel, sei es in Südamerika oder auf dem Bözberg, aber auch auf bedeutende ökologische Unterschiede hinzuweisen: In Mitteleuropa gibt es insgesamt etwa 50 ursprüngliche einheimische Baumarten, im Atlantikurwald sind es 50 bis über 100 pro Hektare.