Höhere Steuern oder strenger Sparkurs?

Das Gemeindeparlament diskutierte über die Wettinger Finanzen und bewilligte einen zusätzlichen Kinder­garten.
Die Überbauung Klosterbrühl umfasst 222 neue Wohnungen. Für den Nachwuchs der künftigen Bewohnerinnen und ­Bewohner ist ein zusätzlicher Kindergarten nötig. (Bild: bkr)

Wettingen – 3,5 Millionen Franken Defizit statt einer schwarzen Null. Das ist der Wet­tinger Rechnungsabschluss für 2024. Adrian Knaup (SP) rekapitulierte als Präsident der Finanzkommission nochmals die Gründe für das happige Minus: die Gewinnsteuern der Wettinger Unternehmen. Sie sind regelrecht eingebrochen. Von rund 5 Millionen Franken im Jahr 2023 auf 3,3 Millionen Franken. Im Voranschlag 2024 wurde mit 4,8  Millionen Franken gerechnet. Ausgabenseitig sind die Pflegekosten um 1,1 Millionen Franken höher ausgefallen als budgetiert. «Die Jahresrechnung zeigt ausserdem, dass 2024 deutlich weniger Investitionen getätigt worden sind als geplant», stellte Knaup zudem fest. «Dadurch profitieren wir von verzögerten Abschreibungen, aber es muss kritisch hinterfragt werden, welchen Standard unsere Infrastruktur haben soll.»

Den Reigen der Fraktionssprecherinnen und -sprecher eröffnete Beat Brändli (Mitte). «Angesichts dieser ernüchternden Zahlen stehen wir weiterhin vor der Aufgabe, die Gemeindefinanzen ins Lot zu bringen und Schulden abzubauen.» Judith Gähler (FDP) kritisierte, dass der Gemeinderat die Steuereinnahmen in der Vergangenheit pessimistisch, für 2024 aber zu optimistisch eingeschätzt habe. «Das ausgerechnet im Vorfeld einer angedachten und an der Urne gescheiterten Steuererhöhung zur Vorfinanzierung des Oberstufenschulzentrums.» Als Lösung der Finanzierungspro­bleme auf einen Grossinvestor zu hoffen (das Industrieansiedlungsprojekt im Tägerhard, die «Rundschau» berichtete), sei naiv. «Für die Zukunft braucht es mehr finanzpolitische Disziplin und eine zurückhaltende Ausgabenpolitik.»

«Dieses Defizit ist eine sehr bittere Pille – insbesondere wenn man sich die positiven Rechnungsabschlüsse der umliegenden Gemeinden anschaut», sagte Sarah Schmocker (GLP). «Für die kommenden Budgetverhandlungen müssen wir das Haushaltsgleichgewicht vor Augen haben und auf der Ausgabenseite den Gürtel enger schnallen.» Ema Savic (SP/Wettigrün): «Es wird nicht unnötig Geld ausgegeben. Mit tief gehaltenen Steuern funktioniert der Budgetausgleich jedoch nicht.» Dem begegnete Martin Fricker (SVP) mit der Feststellung: «Höhere Steuereinnahmen führen nicht zu einem haushälterischen Umgang mit dem Steuerfranken. Steuererhöhungen fordern ist einfacher, als die Kosten in mühsamer Kleinarbeit zu analysieren und zu senken.» Trotz aller Kritik: Die Rechnung 2024 wurde oppositionslos genehmigt.

Abschied von Martin Frey
Wie geht es mit Blick auf die Rechnung 2025 und auf das Budget 2026 weiter? Dazu Vizeammann und Finanzvorstand Markus Maibach: «Derzeit liegen wir für 2025 um 2 Prozent der Budgetsumme unter einer ausgeglichenen Rechnung.» Für nächstes Jahr strebe man eine schwarze Null ohne Steuerfusserhöhung an. Während Maibach, der den Gemeinderat Ende des Jahres verlässt, noch einmal ein Budget mitverantworten muss, tritt Martin Frey, Leiter der Finanzabteilung, nach 41 Jahren im Dienst der Gemeinde Wettingen in den nächsten Tagen in den Ruhestand. Alle Fraktionen würdigten seine gewissenhafte Arbeit und verabschiedeten ihn mit Applaus und Blumenstrauss.

Gemeinde mietet Rohbau
Schulraum ist in Wettingen ein rares Gut. Zahlreiche neue Wohnüberbauungen zwingen zum Handeln. So sind derzeit im Klosterbrühl 222 Wohnungen im Bau, für deren künftige junge Bewohnerinnen und Bewohner Kindergartenplätze geschaffen werden müssen. Diese sollen im Schulterschluss mit der Bauherrschaft, der Genossenschaft Lägern Wohnen, realisiert werden. Sie erstellt den Kindergarten im Rohbau und vermietet ihn an die Gemeinde, die wiederum den Innenausbau an die Hand nimmt. Mit Miete und Betriebskosten entsteht der Gemeinde ein jährlicher Aufwand von 83 000 Franken. Für Mobiliar und Innenausbau beantragte der Gemeinderat dem Einwohnerrat einen Kredit von 434 600 Franken, der mit grossem Mehr bewilligt wurde.