Quartierstrasse mit «Kühleffekt»

Die Klosterzelgstrasse wurde als eine der ersten Aargauer Strassen im Schwammstadtverfahren saniert. Windisch feierte die Fertigstellung.
Die Klosterzelgstrasse in Windisch wurde als eines der ersten Strassensanierungsprojekte im Aargau nach dem Schwammstadtverfahren ausgebaut. (Bild: hpw)

Wettingen – Zur offiziellen Wiedereröffnung der Klosterzelgstrasse, die ein Quartier mit zahlreichen Wohnhäusern sowie wichtigen öffentlichen und industriellen Bauten erschliesst, durchschnitt die zuständige Windischer Gemeinderätin Anita Bruderer am letzten Samstagnachmittag das obligate Band. Zuvor dankte sie den Baufachleuten für ihre nicht ganz einfache Arbeit und den Anwohnerinnen und Anwohnern für die Geduld während des Baus, der etwas länger dauerte als vorgesehen. Projektleiter Stefan Schrämmli und Matthias Knecht von der Tiefbaufirma Meier Söhne Knecht AG sowie der Chef der kantonalen Abteilung Landschaft und Gewässer, Norbert Kräuchi, würdigten die Besonderheiten des Projekts, das aargauischen ­Pilotcharakter hat. Es entspreche der neuen kantonalen Strategie, die einen schonenderen Umgang mit der wichtigen Ressource Wasser verfolge, erklärte Kräuchi.

Keine gewöhnliche Sanierung
Das Projekt Klosterzelgstrasse unterscheidet sich von üblichen Strassen­sanierungen dadurch, dass neben der klassischen Erneuerung der Werkleitungsinfrastruktur für Wasser, Abwasser, Elektrizität, Gas und Telekommunikation gezielte Massnahmen im Fahrbahnbereich zur Klimaverträglichkeit und Verbesserung der Biodiversität umgesetzt wurden. Diese Ansprüche sollen mehrere am linken und rechten Strassenrand platzierte Bauminseln erfüllen. Sie sind als leichte Gruben ausgestaltet, in die das Fahrbahnwasser geleitet wird, wo es verdunsten oder ver­sickern kann. Dieses Wassermanagement nennt sich Schwammstadtkonzept.

Die Bauminseln ersetzen bisherige Parkfelder entlang der Klosterzelgstrasse, die bis auf zwei Abstellplätze reduziert wurden. Damit wird auch eine automatische Temporeduktion erwirkt. Nach dem Motto «Doppelt genäht hält besser» gilt auf der Klosterzelgstrasse zudem Tempo 30. Obwohl sie die Funktion einer Quartiersammelstrasse hat, soll sie für den motorisierten Verkehr möglichst wenig attraktiv sein und vor allem nicht zu Schleichverkehr verleiten. Immerhin ist sie eine Zufahrt zur Fachhochschule Technik, zum Kabelwerk-­Fabrikkomplex und zum SBB Historic Park. Die Ansichten über die Verkehrsbedürfnisse gingen bei den Ausbauentscheiden auseinander.

Politischer Hürdenlauf
Für die Projektgenehmigung und die Finanzierung des Sanierungsvorhabens brauchte es mehrere politische Anläufe, obschon Gemeinderat und Einwohnerrat das Geschäft in eigener Kompetenz entscheiden konnten und keine Urnenabstimmung nötig war. Der Gemeinderat erteilte der IBB AG Brugg im Oktober 2021 den Projektierungsauftrag. Im März 2022 genehmigte der Einwohnerrat einen Gesamtkredit in Höhe von 1,82 Millionen Franken, verlangte aber gleichzeitig Zusatzabklärungen für eine Verkehrsberuhigung und hitzeangepasste Strassengestaltung.

Ein Jahr später, im März 2023, unterbreitete der Gemeinderat dem Einwohnerrat drei Varianten für die Strassenneugestaltung. Die Vorlage wurde aber zurückgewiesen und mit dem Auftrag verknüpft, eine Schwammstadtsanierungsversion anzustreben. Diese Pläne hiess das Gemeindeparlament schon im Juni 2023 gut und bewilligte dafür einen Zusatzkredit von 389 000 Franken. Die Ausführung war von Juli 2023 bis Mai 2024 geplant. Sie dauerte schliesslich einige Monate länger, wobei der bewilligte Gesamtkredit von 2,21 Millionen Franken um 269 869 Franken (12 Prozent) überzogen wurde. Über die Bauabrechnung befindet der Einwohnerrat am 11. Juni.

Gemeinderätin Anita Bruderer gibt die sanierte Klosterzelgstrasse mit der Durchschneidung des obligaten Bandes frei. (Bild: hpw)


«Schwammige» Kenntnisse
Weil es sich beim Schwammstadtkonzept um ein Pilotprojekt handle – im Aargau sei erst ein anderes fertiggestelltes Projekt in Zofingen bekannt –, sei eine präzise Kostenprognose schwierig gewesen, erklärt die für den Tiefbau verantwortliche Gemeinderätin Anita Bruderer. Die wesentlich komplexere neue Variante habe eine Projektüberarbeitung bedingt und einen baulichen Mehraufwand im Vergleich zur ursprünglich vorgesehenen Sanierung der Strasse und der Werkleitungen ausgelöst.
Zusätzliche Kosten entstanden vor allem bei der Erneuerung der Kanalisation, weil der unerwartet instabile Baugrund mit rollendem Material in den bis zu 6,5 Meter tiefen Gräben ­anspruchsvolle Spriessungen und Sicherheitsvorkehrungen erforderte. Auch die ersetzte 90-jährige Wasserleitung kostete mehr, da sie statt in gerader Linie um die Baumgruben herumgeführt werden musste. Mehrkosten resultierten zudem aus der bis zur Einmündung in die Zürcherstrasse verlängerten Belagserneuerung der Klosterzelgstrasse.

Grosses Sanierungsprogramm
Die Ausführung des Gesamtvorhabens dauerte gefühlt recht lang. Was man allerdings auf den ersten Blick nicht sah, war die Tatsache, dass neben der Sanierung der Dohlenzelgstrasse mehrere Hundert Meter Werkleitungen in angrenzenden Nebenstrassen erneuert wurden: im Arenafussweg, Blumenweg, Rosenweg, Kapellenweg, im Gartensteig und Florasteig. Dabei fielen weitere Kosten von insgesamt 1,36 Millionen Franken an. Sie wurden über die Spezialkassen der Abwasserbeseitigung, der Wasserversorgung und des Elektrizitätswerks und nicht aus Steuergeldern finanziert.
Die von neuen Hausanschlüssen und längeren Verkehrsbehinderungen betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner des Quartiers sowie der Quartierverein Klosterzelg waren eng in die Sanierungsmassnahmen einbezogen. Zur Feier des Tages wurden sie an der Einweihung zur Tavolata an einer langen Tischreihe unter freiem Himmel auf der neuen Strasse eingeladen.