Wohnungen zur Kostenmiete

Der Stadtrat möchte einen Grossteil der gemeindeeigenen Wohnungen zu Preisen anbieten, die auch für weniger Betuchte erschwinglich sind.
In Baden boomt die Wirtschaft und sorgt für rekordhohe Steuereinnahmen. Doch der Wohnraum ist knapp und wird teurer. Der Stadtrat will mit der Sachstrategie «Aktive Boden- und Immobilienpolitik» Gegensteuer geben. (Bild: bkr)

Baden – In Städten wie Zürich sind die Wohnkosten sogar für Gutverdienende zunehmend unbezahlbar – vom Mittelstand ganz zu schweigen. Das macht den Aargau und insbesondere die Region Baden als Wohnort noch attraktiver und löst hier eine Preisspirale aus. Diese will der Badener Stadtrat bremsen helfen. Mit der Sachstrategie «Aktive Boden- und Immobilienpolitik» – sie kommt am 10. Juni in den Einwohnerrat – soll sich die Stadt aktiv in den Markt einbringen.
Eigentlich ist die Einwohnergemeinde mit ihren Immobilien mit einem Wert von 850 Millionen Franken bereits eine wichtige Marktteilnehmerin. Allerdings konzentriert sich deren Besitz vor allem auf Schulhäuser, Verwaltungsliegenschaften, Räume für Kulturinstitutionen und Sportanlagen. «Nur 290 Wohnungen sind im Eigentum der Stadt», sagt Stadtrat Philippe Ramseier, der dem Ressort Infrastruktur vorsteht. 256 dieser Wohnungen sollen künftig «preisgünstig» angeboten werden. Zudem will sich der Stadtrat finanziell in die Lage versetzen, auf dem Markt geeignete Grundstücke für öffentliche Zwecke, wie beispielsweise Wohnzwecke, zu erwerben.

Subventionen sind kein Thema
Was heisst preisgünstig? Dazu Ramseier: «Als preisgünstig definiert die Sachstrategie eine Kostenmiete.» Sie liegt rund 20 Prozent unter der Marktmiete und deckt die Aufwendungen für Land und Gebäude sowie für Unterhalt und Rückstellungen. Subventionen – Verluste für die Stadt – sind kein Thema. Wichtig sei dem Stadtrat, dass die «richtigen» Personen in den Genuss der preisgünstigen Wohnungen kämen. So müssen Mietende mit ihrer Steuerveranlagung jährlich nachweisen, dass das steuerbare Einkommen aller Personen im Haushalt höchstens viermal so hoch ist wie die jährliche Kostenmiete. Das steuerbare Vermögen darf zudem nicht mehr als 200 000 Franken betragen. Und eine Wohnung soll höchstens ein Zimmer mehr haben als Leute, die in ihr wohnen.
Was geschieht also, wenn sich die Einkommenssituation verbessert? «Dann wird der Mieterschaft nicht gekündigt, aber der Mietzins wird auf die Marktmiete angehoben», erläutert Ramseier. Eine andere Bestimmung betrifft die Abgabe von städtischem Land im Baurecht. Baden soll kein Land mehr verkaufen, sondern dieses primär für preisgünstigen Wohnraum entwickeln und gemeinnützigen Wohnbauträgern abgeben.

Teilnahme am Immobilienmarkt
Ein wichtiger Punkt der Strategie ist die aktive Teilnahme der Stadt am Immobilienmarkt. «Beim Kauf und Verkauf von Liegenschaften muss es oft schnell gehen – und möglichst diskret. Deshalb soll der Stadtrat diesbezüglich mehr Kompetenzen erhalten», sagt Ramseier. Zu diesem Zweck ist ein spezielles, mit 30 Millionen Franken geäufnetes Land- und Immobilienkreditkonto geplant. In dessen Rahmen darf der Stadtrat kaufen und verkaufen, wobei die Summe kumulativ zu verstehen ist. Heute kann er Liegenschaften bis zu einer Maximalsumme von 9 Millionen Franken kaufen und bis zu einem Wert von 6 Millionen Franken verkaufen – sofern die Finanzkommission damit einverstanden ist. Für den Kompetenzrahmen von 30 Millionen Franken muss – nach einem Ja des Einwohnerrats – die Gemeindeordnung geändert werden, und dafür ist eine Volksabstimmung zwingend.

Geldregen im Jahr 2024
Ein anderes Thema: der Rechnungsabschluss 2024. 155 Millionen Franken hat die Stadt Baden letztes Jahr an Steuern eingenommen. Das sind 47,7 Millionen Franken mehr als budgetiert. Dazu haben zusätzliche 38,8 Millionen Franken die juristischen Personen – die Badener Unternehmungen – beigetragen. Stadtammann Markus Schneider: «Das Marktumfeld im Energiebereich führte zu unerwartet hohen einmaligen Gewinnen. Ausserdem konnten Nachträge aus den Vorjahren verbucht werden.» Mit anderen Worten: Schneider sieht bezüglich Unternehmenssteuern zwar sehr zuversichtlich in die Zukunft, rechnet aber nicht mehr mit einer so hohen Summe. Erfreulich, dass beim betrieblichen Aufwand der Stadt im Vergleich mit dem Budget eine Ziellandung geglückt ist. Dennoch: Als Gesamtergebnis schreibt Baden eine Null. Markus Schneider: «Der Überschuss von 47,7 Millionen Franken wird – wie vom Einwohnerrat beschlossen – für die Vorfinanzierung der Schulbauten Kapellerhof und Meierhof verwendet.»

Bezirk Baden als Boomregion

Der Zufall will es, dass der Regierungsrat zeitgleich zur Badener Medienorientierung die aktuelle Steuerstatistik der juristischen Personen veröffentlicht hat. Diese bildet zwar erst die Steuereingänge 2023 ab, zeigt aber überdeutlich auf, wie stark die Region boomt. Ein Viertel der juristischen Personen des Kantons waren im Bezirk Baden steuerpflichtig. Hier wurden 29,5 Prozent des Rein­gewinns und 34,5 Prozent des Eigenkapitals aller Aargauer Firmen versteuert. Eine weitere Zahl: 30,3 Prozent der Kantonssteuer berappten die Firmen des Bezirks. Zum Vergleich die Anteile anderer Bezirke: Aarau 13,9 Prozent, Zofingen 9,5 Prozent und Laufenburg 3,1 Prozent.