Baden – «Boden ist kein Cervelat, der sich beliebig vermehren lässt», umschrieb Team-Einwohnerrat Till Schmid die Problemstellung. Dieser beziehungsweise der damit verbundenen laufenden Erhöhung von Mietpreisen will der Stadtrat mit der Sachstrategie «Aktive Boden- und Immobilienpolitik» entgegentreten. Den Fokus auf das Thema Wohnen gerichtet – die Strategie umfasst auch die Beschaffung von Grundstücken und Gebäuden, die den Schulen, der Kultur und dem Sport oder der Verwaltung dienen –, geht es in einem ersten Schritt darum, einen Grossteil der insgesamt 290 Wohnungen im Eigentum der Stadt zur Kostenmiete anzubieten. 34 Wohnungen sollen weiterhin zur Markmiete angeboten werden. Der Grund? Es handelt sich hier um höherpreisige Objekte, die auch bei einer Kostenmiete – sie liegt etwa 20 Prozent unter dem Marktpreis – noch sehr teuer sind.
34 Wohnungen entsprechen 12 Prozent des städtischen Portfolios – für die eine grosse Mehrheit in der vorberatenden Strategiekommission (Strako) des Einwohnerrats ein zu höher Wert. Maximal 5 Prozent mit Gewinn vermietete Wohnungen seien genug, fand diese. Die SP, vertreten durch Vivian Berger, sah im Wohnen ein Recht, das für die Kostenmiete, fallweise sogar für subventionierte Wohnungen spreche. Das empfand ebenfalls eine Mehrheit in der Strako so und wollte, dass die Stadt 15 Prozent ihrer Wohnungen subventioniert anbietet. Die Grünen forderten gar 20 bis 25 Prozent. «Sozialhilfe über die Abteilung Liegenschaften zu leisten, ist der falsche Weg», sagte Michael Brandmeier (FDP). «Wohnungen gehören via direkte Sozialhilfe verbilligt.» Was sagt der Stadtrat zum Thema subventioniertes Wohnen? Sein für städtische Infrastrukturen zuständiges Mitglied Philippe Ramseier: «Subventionierte Wohnungen können kaum auf faire Art und Weise zugeteilt werden.»
SVP-Einwohnerrat Serge Demuth fand es grundsätzlich falsch, dass die Stadt Wohnungen vermietet. «Um mehr Wohnraum zu schaffen, wäre es wichtiger, verdichtetes Bauen zu fördern und die Fristen für Baueingaben kurz zu halten.» Zudem kritisierte Demuth die geplante Einkommensregel für Mieter städtischer Wohnungen («Rundschau» vom 5. Juni). «Die Vorschriften begünstigen Leute, die freiwillig Teilzeit arbeiten, und diskriminieren die Arbeiterschaft», sagte Demuth. Interessant in diesem Zusammenhang: Das Parlament der Stadt Zürich hat letzte Woche ein ähnliches Fördermodell für preisgünstige Wohnungen verabschiedet. Auch hier gibt es für die Nutzniesserinnen und Nutzniesser einen Vermögens- und Lohndeckel. Dieser wird allerdings nur bei der Übernahme der Wohnung geprüft. Jährliche Kontrollen – wie in Baden – wurden als zu aufwendig verworfen.
Immobilienkreditkonto
Zu den Abstimmungen: Die SP verlangte, die Wohnungen ausschliesslich zur Kostenmiete anzubieten. Dieser Antrag der Forderung der Strako (maximal 5 Prozent der Wohnungen zur Marktmiete) gegenübergestellt, ergab ein Patt von 22 zu 22 Stimmen. Ratspräsidentin Sarah Wiederkehr (Mitte) sprach sich in ihrem Stichentscheid für 5 Prozent aus. In der Schlussabstimmung obsiegte die offener formulierte Variante des Stadtrats mit 31 gegen 19 Stimmen. Die Idee subventionierter Wohnungen scheiterte klar.
Ein wichtiger Punkt der Strategie ist die aktive Teilnahme der Stadt am Immobilienmarkt. Hier gab der Rat grünes Licht für ein spezielles, mit 30 Millionen Franken geäufnetes Land- und Immobilienkreditkonto – Geld, mit dem der Stadtrat ohne weitere Hürden Liegenschaftsgeschäfte tätigen darf. Für den neuen Kompetenzrahmen von 30 Millionen Franken muss die Gemeindeordnung geändert werden, und dafür ist eine entsprechende Volksabstimmung zwingend nowtendig.
Dass es der Badener Exekutive mit der Umsetzung der Wohnraumstrategie ernst ist, zeigen Informationen von Stadtrat Philippe Ramseier zu den aktuellen Planungen auf den städtischen Parzellen Mellingerstrasse 72/74. «Das bereits bestehende Projekt wird für die Schaffung von gemeinnützigem Wohnraum überarbeitet», sagte Ramseier. «Angepasst werden müssen die Wohnungsgrössen, und eventuell entsteht im Untergeschoss keine Tiefgarage.» Grundstück und Projekt will man im Baurecht einem gemeinnützigen Wohnbauträger abtreten. Wer das sein wird? Dazu gibt es laut Ramseier bereits klare Vorstellungen: «In erster Linie die Wohnbaustiftung Baden.» Aufgrund der neu beschlossenen Strategie darf die Stiftung bei der Vergabe von Baurechten bevorzugt berücksichtigt werden.