Fehler machen ist erlaubt

Das Ideenlabor ist eine Spielwiese, auf der Jugendliche im Rahmen der Begabungs- und Begabtenförderung Ideen ­realisieren können.
Emma hat im Ideenlabor einen Roboter zum Bedrucken von Shirts kreiert. (Bild: zVg)

Brugg – Vor 15 Jahren initiierte Carmen Stahel, Leiterin der Pädagogischen Fachstelle und Verantwortliche für die Begabungs- und Begabtenförderung, das Ideenlabor im Auftrag der Schulen Brugg. Schülerinnen und Schüler von der vierten Klasse bis zur zweiten Oberstufe erhalten ein Schuljahr lang die Gelegenheit, in wöchentlichen Workshops eigene Ideen für ein Projekt ganz nach ihrem persönlichen Interesse zu entwickeln, es zu planen und anschliessend in die Tat umzusetzen. Wie sie das machen, bleibt ihrer Kreativität und ihrem Talent überlassen. Sie geben den Takt vor. Auf dem Weg von der Ideenfindung bis zum fertigen Ergebnis werden sie gecoacht.

Dieses Jahr begleiteten der Desi­gner Urs Dätwiler und die Kulturschaffende Simona Hofmann die etwa 20 Jugendlichen, die von den verschiedenen Brugger Schulen für die Teilnahme ausgewählt wurden. «Wir fingen dabei komplett bei null an. Es ging zuerst darum, grundsätzlich ein eigenes Interesse herauszukristallisieren und eine Idee herauszupicken, aus der etwas Konkretes entstehen sollte», erzählt Urs Dätwiler, der zusammen mit Simona Hofmann den Verein Zukunftslabor in Wettingen leitet.
Bei der Planung, der Umsetzung und der Gestaltung von Inhalten oder dem Bau von Prototypen standen sie den Teilnehmenden mit Rat und Tat zur Seite. Im Gegensatz zum gängigen Schulunterricht spielen Fehler im Ideenlabor überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil: «Fehler sind notwendig, um aus ihnen zu lernen und sich weiterzuentwickeln», bekundet Urs Dätwiler. Wenn ein Projekt zu gross oder zu teuer für das Budget wurde, griffen die beiden Kursleiter hingegen ein. Dann mussten die Jugendlichen umdenken, redimensionieren und neue Lösungswege suchen. Wie im echten Leben.

Eine Gruppe junger Frauen wollte beispielsweise einen dreistöckigen Meerschweinchenstall bauen. Die Materialkosten erwiesen sich jedoch als zu hoch. Weil schon ein etwas kleinerer Stall vorhanden war, mussten sie sich umentscheiden und bauten für die ­Nagetiere in der Folge ein Freigehege mit Abenteuerspielplatz aus Verpackungsmaterial.

Sara, Emma und Anna
Anna machte eine Kurzfilmserie zu einem Thema, das sie seit Langem beschäftigt: Mobbing. Dazu schrieb sie das Drehbuch und spielte gleich alle Rollen selbst. Sara gestaltete ein Brettspiel mit einer farbenfrohen Unterwasserlandschaft, das die Welt der Meerestiere auf spielerische Weise zugänglich macht, Spassfaktor hat und gleichzeitig das Wissen über Biologie und Umwelt schult. Emma war den anderen Teilnehmenden gegenüber etwas im Vorteil. Ihr Vater stellte ihr Material und Know-how zur Verfügung, damit sie einen Roboter herstellen konnte, der individuelle Designs direkt auf T-Shirts druckt. Zudem entstanden nach dem Vorbild des legendären Designerstuhls «Sedia Uno» von Enzo Mari vier grossformatige einzigartige Stuhlobjekte, die wie alle Projekte am Schluss im Salzhaus präsentiert wurden und eine grosse, neugierige Besucherschar begeisterten.

Sich selbst kreativ auszuprobieren und einmal etwas anderes als im «normalen» Klassenzimmer zu machen, war für alle eine bereichernde Erfahrung. Auch die Möglichkeit, einfach nochmal neu anzufangen, wenn etwas nicht funktioniert, ist im gängigen Unterricht eher selten. Dann nicht gleich die Flinte ins Korn zu werfen, dranzubleiben und es trotzdem zu Ende zu bringen, war für die Schülerinnen und Schüler eine gute Übung, um ihre Resilienz und Frustrationstoleranz zu stärken. Das Ideenlabor lieferte eine ganze Fülle an wertvollen Strategien für das alltägliche Leben der angehenden Erwachsenen und wäre in jedem Unterricht eine wertvolle Bereicherung. Nicht nur im Rahmen von Programmen der Begabungs- und Begabtenförderung.