Nein zum Kriterienkatalog

Der Gemeinderat lehnt den im Gesamtverkehrskonzept im Raum Baden und Umgebung enthaltenen kantonalen Kriterienkatalog ab.
Hauptverkehrsader: Die Landstrasse in Nussbaumen. (Bild: pg)

Obersiggenthal – Im Juni 2025 hat die Behördendelegation des Gesamtverkehrskonzepts (GVK) im Raum Baden und Umgebung die rund dreijährige Planungsphase abgeschlossen und das GVK-Dossier für das nun folgende Richtplanverfahren freigegeben. Dem hatten vorgängig alle neun in der GVK-Behörden­delegation vertretenen Stadt- und Gemeinderäte zugestimmt, genauso wie zum GVK-Massnahmenfächer mit Umsetzungshorizont bis 2040 und wie zu den dazugehörenden angestrebten Richtplaneinträgen. Nun laufen die Vorbereitungen für die öffentliche ­Anhörung zum GVK, die voraussichtlich im vierten Quartal 2025 startet. Bereits im Februar dieses Jahres hatten alle neun Räte der Städte und ­Gemeinden, die in der Behördendelegation des GVK Raum Baden und Umgebung vertreten sind, dem GVK-Massnahmenfächer mit Zeithorizont bis 2040 sowie den dazugehörenden angestrebten Richtplaneinträgen zugestimmt.

Mobilitätsangebote voran­treiben
Im Mai dieses Jahres hat die Behördendelegation den Räten weitere Anträge zum Beschluss vorgelegt. Mit den Rückmeldungen hat sie sich in der Sitzung vom 26. Juni befasst. Alle neun Räte haben vom GVK-Gesamt­bericht und vom dazugehörigen Anhang-Band Kenntnis genommen, die Struktur des GVK-Gesamtberichts für das Richtplanverfahren freigegeben, der Zusammenfassung zum Gesamtbericht zugestimmt sowie ihre jewei­ligen Vertretenden in der Behördendelegation ermächtigt, die Präambel (Einleitung) des Gesamtberichts zu unterzeichnen, was im Rahmen der Sitzung vom 26. Juni geschehen ist.
Mit der Unterzeichnung der Präambel verpflichten sich die zwölf Projektpartner, bestehend aus neun Gemeinden, zwei Regionalplanungsverbänden und dem Kanton Aargau, die ausgearbeiteten, aufeinander abgestimmten, zukunftsweisenden und nachhaltigen Mobilitätsangebote gemeinsam weiter voranzutreiben und gemäss Plan umzusetzen und somit ganz im Sinne und Geist der definierten Ziele zu handeln.

Enorme Verkehrsbelastung
Die mitten durch dichtes Siedlungsgebiet führende Landstrasse in Nussbaumen wird werktags von etwa 23 000 Motorfahrzeugen befahren (Stand 2019). Damit ist sie nach der Bruggerstrasse in Baden die am zweitstärksten belastete Kantonsstrasse in der Region. Die kantonalen Prognosen gehen davon aus, dass die Verkehrsbelastung ohne Massnahmen im Jahr 2040 auf ungefähr 25 000 Motorfahrzeuge steigt. Werden die Massnahmen aus dem GVK umgesetzt, soll diese Belastung unter den aktuellen Wert fallen. Der Gemeinderat Obersiggenthal unterstützt deshalb die beschlossenen Massnahmen des GVK vollumfänglich und möchte die auf dem Gebiet der Gemeinde Obersiggenthal vorgesehenen Massnahmen umsetzen. Ebenfalls war er damit einverstanden, dass die Projektierung einer Zentrumsentlastung lang (ZEL lang), eines Tunnels unter dem Siggenthaler Feld und hinter Kappelerhof bis an den Autobahnanschluss Neuenhof, erst nach der Erfüllung konkreter Kriterien gestartet werden soll. Dabei war und ist es ihm wichtig, dass es sich um griffige und messbare Kriterien handelt, die eine solch umfangreiche Projektierung auslösen.
Der Gemeinderat Obersiggenthal lehnt deshalb die ZEL-Entscheidungskriterien in der vorliegenden Form ab und hat verschiedene Anträge zur Konkretisierung der Regeln gestellt. Die an die GVK-Behördendelegation gestellten Gegenanträge wurden abgelehnt.

Zielpfad bis 2040 festlegen
«Bei der Erarbeitung der Massnahmen wurden Zielerwartungen formuliert», so Frau Gemeindeammann Bettina Lutz Güttler anlässlich der Medieninformation. Dazu zählen zum Beispiel die Zunahme der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr und des Veloverkehrs. Anhand eines Verkehrsmodells prognostizierte der Kanton die Verkehrszahlen für das Jahr 2040 nach der Umsetzung der Massnahmen. «Gestützt auf diese Zielerwartungen, sollte nach Meinung des Gemeinderats ein verbindlicher Zielpfad bis 2040 festgelegt werden, um laufend den Fortgang und den Erfolg zu überprüfen», so Bettina Lutz Güttler. Bei Abweichungen von diesem Zielpfad sollten nach Auffassung des Gemeinderats die Ursachen ermittelt und überprüft werden, ob sich eine Rückführung auf den definierten Zielpfad mit der Umsetzung weiterer de­finierter Massnahmen überhaupt ­erreichen liesse. Wenn sich dabei abzeichnet, dass die Abweichung dauerhaft ist und auch die Realisierung dieser zusätzlichen Massnahmen keine Korrektur verspricht, sollte bereits vor der vollständigen Umsetzung aller als zwingend angegebenen Massnahmen eine Projektierung für eine ZEL lang angestossen werden

Busverbindung forcieren
Der Gemeinderat bemerkt, dass Obersiggenthal in der Vergangenheit mit den kantonalen Verkehrsplanungen schlechte Erfahrungen gemacht habe. So wurde vor dem Bau der Siggen­thaler Brücke, dem Tunnel und der Sperrung der Schiefen Brücke in Ennetbaden in den frühen 2000er-Jahren von den Planern angenommen, dass sich der Verkehr auf beide Seiten der Limmat auf Obersiggenthal und den Kappelerhof verteilen würde, was ­leider nicht eingetroffen ist. Die tatsächlichen Verkehrszahlen sprechen eine deutlich andere Sprache. Obersiggental bezeichnet sich als gebranntes Kind, welches das Feuer scheut. Der Gemeinderat bezeichnet es deswegen als wichtig, sicherzustellen, dass rechtzeitig mit der Projektierung einer ZEL lang begonnen wird. Ausserdem unterstreicht der Gemeinderat, dass er die neu geplante Bus­linie zwischen den Bahnhöfen Turgi und Niederweningen unterstützt.
«Um den stark belasteten Verkehrsknoten Baden zu entlasten, sollte diese Direktverbindung rasch in Betrieb genommen werden. Sie würde den Bewohnerinnen und Bewohnern von Obersiggenthal, Freienwil und Ehrendingen eine direkte Anbindung an die beiden Bahnhöfe ermöglichen. Gleichzeitig könnten bislang ungenügend erschlossene Gebiete innerhalb von Obersiggenthal besser an den öffentlichen Verkehr angebunden werden», so Bettina Lutz Güttler.