Von der Habichts- zur Habsburg

Auf Schloss Habsburg findet regelmässig die kostenlose Führung «Stammschloss einer Weltmacht» statt – auch in den Sommerferien.
Historikerin Barbara Brücker bringt einem die Geschichte an ihren Führungen verständlich nah. (Bild: mg)

Ein Sonntag Mitte Juli, brütende Hitze. Geht man dann freiwillig vom Schatten in die pralle Sonne? Es sieht so aus. Der Parkplatz beim Schloss Habsburg ist bis auf den letzten Platz besetzt. Ein paar Minuten keucht man den steilen Hang zum Schloss hinauf und beneidet die vielen Menschen, die im Schlosshof im Restaurant sitzen und etwas Kühles trinken. Doch dafür ist jetzt keine Zeit, die Führung «Stammschloss einer Weltmacht» wartet.

«In meinem Reich geht die Sonne nie unter»
Barbara Brücker, 51 Jahre alt und Historikerin, steht vor dem Gästezen­trum und ruft: «Hier ist die Führung um 13.30 Uhr.» Ein gutes Dutzend Personen jeden Alters versammelt sich um sie. Sie führt die Gruppe zum grossen Kreis am Boden mitten im Schlosshof. In der Mitte ist Schloss Habsburg, rundherum sind die Namen aller Städte und Länder verzeichnet, die zum Weltreich der Habsburger Dynastie gehörten.
Karl V. sagte nicht ohne Grund: «In meinem Reich geht die Sonne nie unter.» Bei so vielen Ländern und Städten, die er besass, schien garantiert immer irgendwo die Sonne, ob in Goa, Horgen, Ceylon oder Triest.
«Reich war, wer viel Land besass und die Leute regierte»
«Gehen wir wieder unter die Bäume in den Schatten», sagt Barbara Brücker. Dort, mit Aussicht auf die Autobahn, zum Bözberg, ins Fricktal und zum Wasserschloss, erzählt sie weiter. «Vor über 1000 Jahren war Guntram der Reiche aus dem Elsass in der Gegend. Er entstammte einer französischen Adelsfamilie. Reich war, wer viel Land besass und die Leute regierte. Die Leute durften nicht wegziehen, waren grösstenteils Leibeigene und mussten als Steuern ihren Zehnten abgeben. Zudem mussten sie Frondienst leisten: Das heisst, sie mussten zum Beispiel ohne Lohn bei der Ernte oder beim Bau von Gebäuden helfen.»
Die wenigsten Leute konnten lesen oder schreiben, weshalb sie nicht überprüfen konnten, was die Regierenden anordneten. So übten diese natürlich Macht aus.

Der entkommene Habicht
Radbot, ein Nachfolger von Guntram, war auf dem Wülpelsberg, wo später Schloss Habsburg gebaut wurde, auf der Habichtsjagd, auch Beizjagd genannt. Einer der Habichte flog jedoch nicht mehr zu seinem Herrn zurück – ausgerechnet sein Lieblingshabicht! Man suchte den wertvollen Greifvogel überall und wurde schliesslich zuoberst auf dem Wülpelsberg fündig. Überglücklich, seinen Vogel wiedergefunden zu haben, sah Radbot sich genauer um, entdeckte die strategisch perfekte Rundumsicht und beschloss, hier seine Burg zu bauen – die Habichtsburg, die später Habsburg genannt wurde.
Das und noch viel mehr erfährt man an den spannenden und unterhaltsamen Führungen. Weshalb ist Historikerin Barbara Brücker von der Habsburg so fasziniert? «Natürlich wegen der Geschichte dahinter. Seit über 1000 Jahren sind Menschen auf Schloss Habsburg, das früher eher ein grosses Gehöft war und dessen Bau sich über 250 Jahre und viele Generationen erstreckte.»