Archäologie und Bäderglanz

Mit Geschichten, Bildern und jahrzehntelanger Recherche lässt Ruedi Fischli die spannende Bädergeschichte weiterleben.
Ruedi Fischli (75) und sein neuestes Werk. (Bild: isp)

Baden – Am Donnerstag, 14. August fand die feierliche Buchvernissage des zweiten Bandes der «Wechselbäder» von Ruedi Fischli (75) statt. Die Galerie Kunstwerk­stube, wo der rund dreistündige Anlass durchgeführt wurde, schien fast aus allen Nähten zu platzen. So wurde der stimmige Event kurzerhand nach draussen auf den hübschen Vorplatz im Bäderquartier verlegt. Ruedi Fischlis Bruder Peter, von Beruf Schauspieler, las einige kurze Häppchen aus dem Buch vor, und Rolf ­Züllig sorgte für die musikalische Umrahmung. «So viele Freunde, langjährige Weggefährten, Kunstschaffende, Historiker, Nachbarn, Behörden- und Familienmitglieder sowie ­etliche sonstige Sympathisanten ­waren anwesend», sagte der sichtlich gerührte Ruedi Fischli.

Regionale Kultur fördern
Aber das erstaunt nicht, denn es war keine gewöhnliche Buchvernissage. Ruedi Fischlis Werke wurden von Unternehmenskultur Baden (Ukurba) mit einem Förderbeitrag bedacht, und der Autor wurde so für seine langjährige Forschungs- und Dokumentationsarbeit zu den Bädern gewürdigt. Ukurba ist ein Zusammenschluss von Unternehmen aus der Region Baden, dessen Ziel es ist, die nicht etablierte regionale Kulturszene zu fördern und so zur kulturellen Vielfalt beizutragen. Unterstützt werden Projekte und Anlässe, die aus Sicht von Ukurba Teil des regionalen Kulturlebens sein sollten. «Dass die Vereinigung meine beiden Werke und meine Arbeit mit diesem Förderbeitrag unterstützt, bedeutet mir unglaublich viel», erklärte Ruedi Fischli.

Peter Fischli (links) liest einige kurze Passagen aus dem Buch und Rolf Züllig (rechts) sorgt für die musikalische Untermalung in mitten der gefesselten geladenen Gästen. (Bild: Oliver Fischli)


Wechselvolle Geschichten
Ruedi Fischlis erstes Buch «Wechselbäder», das 2023 im Eigenverlag erschien, sorgte schon damals für grösste Aufmerksamkeit. Der in Untersiggenthal lebende Fotograf verfasste eine Chronik zu den Badener grossen und kleinen Bädern, beginnend in der Urzeit, über die Römer am Limmatknie und endend bei Mario Botta und dem «Fortyseven». Dabei schien ihm der Begriff «Wechselbäder» am besten geeignet, um die wechselvolle Geschichte der mehr als 2000 Jahre alten Badekultur in Baden aufzuzeigen. Das Nachfolgewerk, Band 2 mit insgesamt fünf Kapiteln, enthält erneut viel Wissenswertes über die Familien, die in den Bädern gewirkt haben oder immer noch präsent sind, sowie über Kurärzte und ihre Kurgäste, über Häuser und Strassen sowie die archäologischen Ausgrabungen links und rechts der Limmat in den vergangenen Jahrzehnten.

Sicherung von Spuren in der ­Gegenwart
Besonders das Kapitel 6 «Familien in den Bädern – ihr Wirken und ihr Einfluss» sowie Kapitel 9 «Strassen, Plätze und Häuser» haben es Ruedi Fischli angetan. Das Zusammentragen der Informationen sei aufwendig gewesen und die Recherchen äusserst zehrend. Er sei emotional gefordert gewesen, denn das Bäderquartier habe auch düstere Zeiten durchlebt, mit Durststrecken, wo es um Familienexistenzen gegangen sei. «Ich bin nicht so der Schreiberling, und ursprünglich wollte ich eigentlich lediglich einen Fotoband über die Bäder machen. Ich verstecke mich lieber hinter der Kamera», gab Ruedi Fischli entwaffnend ehrlich zu. «Aber spätestens als ich mit Bernhard Gölden, dem ehemaligen Hotelier des Limmathofs, ins Gespräch kam und dieser zu erzählen begann, wusste ich instinktiv, dass es wohl mehr wird und ich seine Geschichten und Anekdoten irgendwie festhalten und unbedingt niederschreiben muss.» So habe er sich also als «Amateur» ausserhalb der Historikergilde an diesen umfangreichen und anspruchsvollen Stoff gewagt.

Momentaufnahme der Vernissage der Gäste vor der Galerie «Kunstwerk Stube». (Bild: Oliver Fischli)

Ein privates Projekt
Der Fotograf und Gestalter lebte 40 Jahre lang mit seiner Familie im Bäderquartier und hat selbst miterlebt, wie sich vieles veränderte. Das widerspiegelt sich im Buch. Seine Recherchen dauerten viele Jahre. Gemeinsam mit Dieter Minder grub er in Archiven, sammelte Fotos, sprach mit Bewohnerinnen und Bewohnern, wertete Protokolle und Grundbücher aus. Das aktuelle Werk ist kein einfaches Sachbuch, sondern eine liebevoll gestaltete Chronik, die aber auch kritische Töne kennt. Die Texte lassen sich bestens getrennt voneinander lesen, denn jede Geschichte erzählt einen eigenen Teil der Badener Geschichte. «Wechselbäder» ist ein privates und persönliches Projekt, das in dieser Form in Baden noch nie geschaffen wurde.

Die Feder niederlegen will der gebürtige Glarner noch lang nicht. Wie er verrät, will er noch weitere Bände verfassen. Band drei sowie vier seien in Bearbeitung. «Seit ich mit ‹Wechselbäder› begonnen habe, kann ich nicht mehr davon lassen. Es gibt noch viel Spannendes zu erzählen, das unbedingt in die Welt hinausgetragen werden muss. Schliesslich nahm alles, was heute Baden ausmacht, in den Bädern seinen Anfang», sagt Ruedi Fischli. Die Chronik «Wechselbäder» ist in den Buchhandlungen Doppler und Librium erhältlich. Das sorgfältig gestaltete 400-seitige Buch ist reich bebildert und kostet 130 Franken.